Seitenwechsel zu den Bayern
Von Christine Klafl
Klagenfurt und München. Das sind die Hauptschauplätze für einen Wirtschaftskrimi, der alle Stückeln spielt. Es geht um die Kärntner Hypo, die ehemalige Mutter BayernLB, um viele Milliarden, um vermutete Täuschung und Heerscharen von Prozessen. Das neueste Kapitel in diesem Krimi: Tilo Berlin, ein früherer Hypo-Chef, will die Seiten wechseln. Das berichten die Süddeutsche Zeitung und News online.
Konkret geht es um den Rechtsstreit zwischen der BayernLB und der Mitarbeiterprivatstiftung der Kärntner Hypo. Die Bayern haben gegen die Stiftung eine zehn Millionen Euro schwere Klage eingebracht. Die Begründung: Die BayernLB sei bei der Übernahme der Hypo über den wahren Zustand der Kärntner Bank getäuscht worden. Bisher hatte Tilo Berlin auf der Seite der Mitarbeiterstiftung mitgestritten (im Fachjargon als Nebenintervenientin bezeichnet). Jetzt soll sich der 54-Jährige auf die Seite der Bayern schlagen wollen. Eine von Berlins Firmen, die B & Co BeteiligungsGmbH, habe per Anwaltsschreiben in München angefragt, ob die BayernLB dem zustimmen würde, berichten die beiden Medien.
Schadenersatz
Ganz uneigennützig kommt dieses Angebot freilich nicht. Tilo Berlin, der vermögende Kundschaft betreut, will sich mit dem Seitenwechsel aus der Schusslinie bringen. Für eventuellen Schadenersatz sollten sich die Bayern am jetzigen Eigentümer der Hypo, dem österreichischen Staat und damit dem Steuerzahler, schadlos halten. Nicht aber bei Tilo Berlin selbst, der beim Hypo-Verkauf kräftig mitverdient hat, oder bei seiner Kundschaft. Die Bayern sollen auf den Vorschlag relativ kühl reagiert haben. Sie wollen Berlin und seine Investoren jedenfalls nicht vom Haken lassen, wenn es um allfällige Schadenersatzansprüche geht.
Testballon
Der mögliche Seitenwechsel Berlins birgt einiges an Sprengkraft. Vorläufig geht es zwar „nur“ um den Streit zwischen BayernLB und der Mitarbeiterstiftung und um vergleichsweise wenig Geld. Dieser Prozess wird von Rechtsexperten allerdings als Testballon angesehen. Setzen sich die Bayern tatsächlich mit ihrem Standpunkt durch, dass sie über den Zustand der Kärntner Hypo getäuscht worden sind, könnte es in späteren Prozessen um etliche Milliarden an Schadenersatz gehen. Und da würde wiederum der österreichische Steuerzahler zum Handkuss kommen.
Es geht um Unmengen Geld. Das Kärntner Hypo-Abenteuer hat die BayernLB 3,7 Milliarden Euro gekostet. Dazu kommen weitere 2,3 Milliarden Euro, die die Bayern an die Hypo als Kredit vergeben hatten. Mitte Dezember hat die Hypo die Rückzahlung des Kredits allerdings eingestellt – weil der Kredit als Ersatz für Eigenkapital betrachtet wird. Einer notverstaatlichten Bank in Sanierung dürfe kein Eigenkapital entzogen werden, so die Hypo-Meinung. Die Bayern klagten naturgemäß umgehend.