Wirtschaft

Seen in privater Hand: "Der Neid ist größer, als alles wert ist"

Ludwig Wittgenstein, der Onkel des gleichnamigen Philosophen, blickte einst als Besitzer über das türkisblaue Wasser des Faaker Sees in Kärnten. Der Mann hatte keine Kinder und adoptierte daher ein Mädchen, dem er nach seinem Tod 1920 den See vermachte.

Dank dieser Frau befindet sich der – nun auch meteorologisch nachgewiesen – sonnenreichste Badesee Österreichs (292 von 365 Tage Sonne Jahr) im Besitz der Familien Catasta und Bucher. Sprecher Georg Bucher: "Zu Zeiten unserer Urgroßmutter wurde einem See keine so große Bedeutung zugemessen."

Türkisblau

Und was schätzen die Besitzer heute an dem Badegewässer? "Der See hat eine sehr hohe Wasserqualität und wird früh warm", beschreibt Bucher. Die türkisblaue Farbe stammt aus dem Kalkanteil, denn der See wird aus zwei Zuflüssen aus den Karawanken gespeist. Mitten im See erhebt sich eine acht Hektar große Insel mit einem von Wald umgebenen Hotel.

Mit der südlich von Villach am Fuße des Mittagskogels liegenden Wasserfläche von rund 2,2 Quadratkilometern ist auch Verantwortung verbunden: "Gemeinsam mit dem Kärntner Seenforschungsinstitut erhalten wir die Wasserqualität, indem der Schilfgürtel am Ufer gepflegt wird", erklärt der Sprecher der Besitzer-Familien. "Ausgenommen von Polizei, Rettung und Hotel-Shuttle gibt es auch keine Motorboote."

Eingeschränkt

Der Bau von Stegen muss ebenso wohlüberlegt sein wie der Erhalt des Fischbestandes gesichert werden. Wegen der Fischerei ist das Tauchen im Faaker See auch eingeschränkt und nur mit spezieller Bewilligung durch die Eigentümer möglich.

Die Benutzung des "Eigentums" durch Fremde (Badegäste) empfinden die Besitzer nicht als störend. Bucher: "Es ist ein schönes Bild, wenn andere sich dort in ihrem Urlaub bewegen. Wir möchten, dass sich diese Region weiterentwickelt." An Verkauf hätten die Familien noch nie gedacht: "Wir sind das Jahr über in Wien, Niederösterreich und Graz verstreut, aber im Sommer sehr oft am Faaker See."

Naturschutz

Es täte nicht weh, einen See zu besitzen, sagt Gundula Meßner, die Eigentümerin des Keutschacher Sees: "Aber der Neid ist größer, als alles wert ist. Da wird man sehr genau beobachtet und beim Naturschutz angezeigt." An Verkauf habe sie jedoch noch nie gedacht.

Schwimmen gehe sie in "ihren" See eher selten: "So richtig genieße ich ihn im Winter beim Eislaufen – ich darf ja." Denn grundsätzlich ist die 144 Hektar große Wasserfläche für dieses Wintervergnügen gesperrt: "Sonst müsste ich die Eisfläche betreuen und für Unfälle haften."

Seit 1924 ist der See im Besitz der Familie. Der kinderlose Bruder der Großmutter, ein Großgrundbesitzer, vermachte seiner Schwester den Keutschacher See: "Wälder und Grundstücke gingen an männliche Nachkommen. Damals, 1954, war ein See wertlos", erzählt Meßner, die in Pörtschach am Wörthersee ein Appartementhaus betreibt. In den 1970er-Jahren wandelte sich dies offenbar: "Da wollte man mich im öffentlichen Interesse enteignen." Zehn Jahre dauerte es, bis eine Entscheidung zugunsten des Privateigentums gefällt wurde.

Die Nutzung durch "Fremde" belaste sie nicht: "Das ist eher ein schönes Gefühl." Die einzige Motorboot-Bewilligung hat die Wasserrettung, Elektroboote sind erlaubt. Tauchen ist wegen der 2011 zum Weltkulturerbe ernannten Pfahlbausiedlung mitten im See verboten.

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