Schweiz: Bank forscht Datendieb aus
Nach dem Verkauf von Steuerdaten deutscher Bankkunden in der Schweiz gehen die Eidgenossen in die Gegenoffensive: Die betroffenen Banken forschen intensiv nach "Verrätern" aus den eigenen Reihen. In einem Fall wurden sie bereits fündig. So bestätigte der Chef der Zürcher Privatbank Julius Bär, Boris Collardi, der Schweizer Sonntags-Zeitung, dass im Rahmen von verschärften Kontrollen der mutmaßliche Täter identifiziert werden konnte. Der Verdächtige, ein Angestellter der Bank in der Zürcher Zentrale, wurde verhaftet. Er soll alleine gehandelt haben und wurde mittlerweile entlassen.
Julius Bär ist bereits zum dritten Mal innerhalb von zehn Jahren Opfer eines Datendiebs. Wie viel der Dieb für die Weitergabe der Informationen an die Steuerfahnder im deutschen Nordrhein-Westfalen erhalten hat, ist noch unklar. Im letzten Fall vor zwei Jahren zahlte das Bundesland im Namen des bis heute unbekannten Diebes 1,4 Millionen Euro an eine karitative Organisation. Julius Bär wiederum war es 50 Millionen Euro wert, dass die Behörden ihre Ermittlungen gegen die Bank einstellten. 150 Steuerhinterzieher wurden damals aufgedeckt und zahlreiche Sünder zeigten sich selbst an. Gegen einen anderen Dieb aus den Reihen von Julius Bär aus dem Jahr 2002 gibt es bis heute noch kein rechtskräftiges Urteil. Ein Datendieb der liechtensteinischen LGT wiederum musste sein bisheriges Leben aufgeben und ist heute unter neuer Identität in einem Zeugenschutzprogramm.
Nun geht es laut Süddeutscher Zeitung um insgesamt rund 2000 Steuersünder. Vorsorglich warnte Julius Bär mögliche betroffene Kunden. Neben Julius Bär sind auch Kunden von UBS, der Schweizer Tochter von Merrill Lynch und der Coutts-Privatbank betroffen. Im Fall von Merrill Lynch wäre indirekt wieder Julius Bär verwickelt. Denn die Bank kündigte vor zwei Wochen an, die internationale Vermögensverwaltung der Amerikaner zu kaufen. "Wir werden die Rechtsprobleme von Merrill Lynch nicht mitübernehmen", stellt Julius-Bär-Chef Collardi klar.
Kurze Schonfrist
Während die Schweizer Banken alles unternehmen, um weitere Datendiebstähle zu unterbinden bzw. aufzudecken, arbeitet die deutsche Seite mit hohem Tempo an der Auswertung der Daten. Anzeigen sind aber erst im Herbst zu erwarten. Für Selbstanzeiger wird es freilich dennoch sehr eng. Denn die Anzeige kommt dann zu spät, wenn die Ermittlungen bereits aufgenommen wurden. Seit 2010, so die Zeitung, konnten Deutschlands Steuerbehörden durch Selbstanzeigen 2,5 Milliarden Euro lukrieren. Österreichische Steuersünder sollen sich nach bisheriger Kenntnislage nicht auf den Datenträgern befinden. Falls doch, wird der heimische Fiskus im Zuge der Amtshilfe informiert.
Die erworbenen Daten sind auch Mittel im innerdeutschen Streit um das Steuerabkommen mit der Schweiz. Für dieses benötigt die Regierung von Angela Merkel die Zustimmung der Opposition. Diese lehnt das Abkommen jedoch als Freibrief für Steuersünder ab. Der Ankauf von Steuerdaten aus der Schweiz spielt ihr somit in die Hände.
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