Wirtschaft

Bermuda-Dreieck für Investoren

Sie heißen MS Hammonia Majesty, MS Greta, MS „Hellespont Triumph, MS Rio Alster oder MS Merkur Sky und haben eines gemeinsam: Es handelt sich dabei um Handelsschiffe, die ihren Investoren lukrative Erträge und Steuervorteile einbringen sollten, aber letztendlich wie ein Stein untergegangen sind. Die Liste dieser „Havarien“ deutscher Beteiligungsgesellschaften ließe sich lange fortsetzen, denn seit dem Jahr 2009 sind viele dieser „geschlossenen Schiffsfonds“ tief unter Wasser.

Rund 130 Schiffe sollen bisher versenkt worden sein, allein im Vorjahr kam für 40 Schiffe jede Rettung zu spät. Ende 2013, so schätzen deutschen Anlegeranwälte, wird der Schiffsfriedhof rund 400 bis 500 Containerschiffe, Tanker und Schüttgut-Kähne umfassen.

Statt bis zu 20 Prozent Rendite pro Jahr zu erwirtschaften, erzielten Kähne wie die „Merkur Sky“ von MPC schlussendlich nur noch den Verschrottungspreis. Schiffsfonds, wie der Renditefonds IV des größten deutschen Anbieters HCI, wurden hierzulande als „kapitalertragssteuerfrei“ und „als attraktive Geldanlage mit einer Rendite von 7,5 bis 11 Prozent nach Steuern“ beworben.

404 Millionen Euro

Auch die Beteiligung an der „Reefer-Flotte“ von MPC wurde hierzulande als attraktive Veranlagung angepriesen.

„Mit einem Gesamt-Investmentvolumen von 404 Millionen Euro ist das die größte Schiffsbeteiligung, die jemals in Österreich aufgelegt wurde“, bewarb MPC Österreich 2006 das Investment in 14 Kühlschiffe. Geplante Durchschnittsrendite: zehn Prozent.

Mittlerweile soll die MPC Reefer-Flotte laut deutschen Anlegeranwälten ein Sanierungsfall sein. Beim MPC Reefer Flottenfonds 1 und 2 sind die Zahlungen an die Anleger seit 2008 bzw. 2009 ausgeblieben.

So soll es dem Gros der Anleger in Schiffsfonds gehen, die in der Regel zumindest zehn Jahre Laufzeit haben: Die Ausschüttungen wurden drastisch reduziert oder werden seit Jahren ausgesetzt. In Österreich laufen bereits die ersten Anlegerklagen an.

Marode Flotten

„Nachdem der deutsche Markt einigermaßen abgegrast war, ist auch der österreichische Markt mit diesen Schiffsbeteiligungen überschwemmt worden. Alle haben daran verdient, und der Dumme ist am Ende der Anleger“, behauptet Wilhelm Rasinger vom Interessenverband für Anleger (IVA) im Gespräch mit dem KURIER. „Aus Sicht der Anleger muss man sich die Frage stellen, inwieweit Beratungsfehler der Vertriebsfirmen vorliegen.“ Nachsatz: „Meiner Ansicht nach hat man die Anleger nur sehr einseitig informiert und es sind gigantische Provisionen gezahlt worden, die nur zum Teil offengelegt worden sind.“ Vorwürfe, die von der Finanzbranche heftigst bestritten werden. Nicht unrealistisch kalkulierte Renditen, wie Anlegeranwälte behaupten, sollen die Schiffsfonds weltweit in Schieflage gebracht haben, sondern die internationale Wirtschaftskrise, sagen die Fonds-Konstrukteure.

„Seit 2009 gibt es die größte Krise in der Schifffahrt – nach dem Zweiten Weltkrieg“, sagt Kurt Cowling, Repräsentant des Schiffsfonds-Anbieters MPC in Österreich. „Nach unserer Einschätzung werden die Märkte bei den Charterraten sowie bei Angebot und Nachfrage erst im Laufe des Jahres 2014 auf ein normales Niveau zurückkehren – nach Greifen der Marktbereinigung.“ Nachsatz: „Bis dahin wird es die Kunst sein, diese Beteiligungen über diese Zeit zu bringen.“

Dazu muss man wissen, dass Schiffsfonds wie die von MPC rund 60 bis 65 Prozent Fremdkapitalquote aufweisen. Das heißt: Der Ankauf der Schiffe wird von Banken finanziert, die Darlehen müssen getilgt werden. Der Rest ist Eigenkapital, sprich das Geld der Anleger. Damit ein Schiff Geld verdient, müssen die Charterraten, also die Einnahmen pro Fracht-Tag, deutlich höher liegen als die Kosten für Betrieb und Finanzierung.

Magere Charterraten

„Bis zu Beginn der Schifffahrtskrise war das einfach zu bedienen, das ist sich auch immer ausgegangen“, behauptet Cowling. „Jetzt gibt es eine neue Qualität im negativen Sinn, die Märkte sind dermaßen eingebrochen, dass man bei der Bedienbarkeit der Finanzierung ein Problem bekommt.“ Dass die Charterraten von 29.000 Dollar auf 6000 Dollar einbrechen, hätte laut Cowling kein Fonds-Anbieter und Finanzberater vorhersehen können. Eine Beteiligung an einer Schiffsgesellschaft bzw. an einem Schiffs-Fonds sei eben eine „Beteiligung an einem unternehmerischen Risiko“.

Noch ein Schaden?

Fährt ein Schiff wirtschaftlich auf Grund, bedeutet das nicht nur den Totalverlust des Investments. Denn Investoren können doppelt Pech haben. Bei sogenannten Kommanditbeteiligungen können im Sanierungs- oder Insolvenzfall alle Rendite-Zahlungen von den Anlegern zurückgefordert werden, die nicht vom Bilanzgewinn gedeckt waren.

„Das ist mathematisch ein Nullsummenspiel“, sagt MPC-Mann Cowling. „Es ist schlimm genug, wenn es zu einem Totalverlust kommt.“

Die Großen Player
Vom Kurs abgekommen

Rund 1500 Schiffsbeteiligungs- Modelle sollen in den vergangenen Jahren auf den Markt gekommen sein. Zu den Playern zählen die deutsche HCI Capital AG und die MPC Muenchmeyer Petersen Capital AG (MPC). Die börsennotierte HCI hat seit 1985 rund 522 Fonds mit 15 Milliarden Euro Volumen in den Bereichen Schiffe, Immobilien und Energie aufgelegt, davon die Hälfte mit Schiffen. MPC hat 125 Fonds mit 220 Schiffen konstruiert. MPC hält 25 Prozent an der HCI. Ihre Österreich-Tochterfirma liquidiert MPC derzeit.