Wirtschaft

Sanatorium St. Leonhard GmbH ist Sanierungsfall

Die Sanatorium St. Leonhard GmbH mit Sitz in Graz hat heute, Mittwoch, am Landesgericht für Zivilrechtssachen die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung beantragt. Das bestätigen die Gläubigerschutzverbände AKV, Creditreform und KSV1870 dem KURIER. Das Unternehmen ist in den Bereichen Gynäkologie, Geburtshilfe, Mammachirurgie sowie plastische Chirurgie tätig und ist vor allem unter der Marke "Haus für die Frau" bekannt. Das Unternehmen gehört dem bekannten Wirtschaftsprüfer und Gerichtssachverständigen Dr. Fritz Kleiner und seiner Kleiner & Kleiner GmbH. Kleiner war unter anderem Gutachter in den AvW- und Bawag-Strafverfahren und verfasste Expertisen in der Causa Hypo Alpe Adria Bank.

Die Insolvenzursachen basieren auf internen Problemen mit den Belegsärzten und einer GPLA-Prüfung (durch Finanz und Krankenkasse) mit Beitragsnachzahlungen. Es sind 68 Arbeitnehmer von der Pleite betroffen. Den Aktiva haben einen Verkehrswert in Höhe von 525.000 Euro, die Passiva werden mit 2,3 Millionen Euro beziffert. Das Unternehmen soll fortgeführt werden. Den Gläubigern wird eine Quote von 20 Prozent binnen zwei Jahren angeboten.

Der Hintergrund

Die Sanatorium St. Leonhard GmbH wurde im Jahre 1988 gegründet und von Fritz Kleiner gemeinsam mit zwei weiteren Geschäftsführern geführt. "Hintergrund war die Übernahme des ehemaligen Sanatorium Mayer, welches seit Anfang des 20. Jahrhunderts in der Schanzelgasse 42 bestand", heißt es im Antrag. "Die Realität wurde vorerst von Dr. Fritz Kleiner als Realeigentümer übernommen und im Jahre 2007 in die Kleiner-Familien-Privatstiftung entgeltlich eingebracht."

Die Gesellschaft selbst bestand aus drei Fachärzten für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie einem Arzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Hygiene. Im Jahre 1992 wurde laut Firmenangaben die Nachbarliegenschaft Schanzelgasse 44 erworben und das Haus von ursprünglich zwölf Betten auf insgesamt 44 Betten ausgebaut. Sämtliche Errichtungsbewilligungen und Betriebsgenehmigungen liegen vor.

Gynäkologie und Geburtshilfe

"Die fachliche Organisation des Hauses beruht darauf, dass Fachärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe aus Graz und den Umlandgemeinden mit ihren werdenden Müttern und Patientinnen im Haus Geburtshilfe leisten und operative Gynäkologie samt den weiteren Gebieten durchführen", heißt es im Antrag weiter. "Die Gesellschaft selbst stellt unter anderem den gesamten Pflegebereich, die Anästhesie und die Assistenzleistungen zur Verfügung."

Starker Tobak

Bis zum Ende des Jahres 2011 war der Betriebserfolg der Gesellschaft überwiegend positiv, sämtliche Verbindlichkeiten wurden aus dem laufenden Ergebnis abgedeckt, heißt es weiter. Die Investitionen konnten mit dem verbleibenden Cash Flow bezahlt werden. Ein Jahr später "haben die Gesellschafterärzte den Wunsch geäußert, die Gesellschaft zu verkaufen", heißt es im Antrag weiter. Zuerst ohne Wissen des Geschäftsführers, dann gegen den Willen des Geschäftsführers Fritz Kleiner sollen die Ärzte "die Jahresabschlüsse an potenzielle Kaufkandidaten am Markt weitergegeben" haben. "Abgesehen davon, dass sich für den erwünschten Kaufpreis keine Käufer fanden, hat diese Aktion dem Marktstatus der Gesellschaft extrem geschadet", wird im Antrag behauptet.

Kleiner übernimmt alle Anteile

"Um die Schadensentwicklung zu begrenzen, hat Geschäftsführer Fritz Kleiner mit der Kleiner & Kleiner GmbH im Sommer 2012 die Gesellschaftsanteile der Gesellschaftsärzte um einen Betrag von 1,5 Millionen Euro übernommen und die Gesellschafter ausgezahlt", wird festgehalten. "Ohne weitere Vorwarnung hat sich der ärztliche Leiter, zugleich zentralverantwortlicher Anästhesist, veranlasst gesehen, den Werkvertrag, der ihn rund 18 Jahre mit der Gesellschaft verbunden hat, zu kündigen. Das führte ab Jänner 2013 zu einem entscheidenden Einbruch in der Frequenz der Belegärzte zu diesem Haus."

850.000 Euro zugeschossen

"Ab Jänner/Februar 2013 soll die Belegefrequenz in der operativen Gynäkologie und der Geburtshilfe durch Ärzte aus Graz und Graz-Umgebung derart gesunken sein, dass zwischen 2012 und 2014 aus der Kleiner & Kleiner GmbH rund 850.000 Euro über eine Genussscheinbegebung in die Sanatorium St. Leonhard GmbH eingebracht wurden, um den Betrieb aufrecht zu erhalten", heißt es Sanierungsantrag.

Schuldenschnitt statt Kaiserschnitt

Das Sanatorium führte eine lange Auseinandersetzung mit der Gebietskrankenkasse. "Die Ärzte, die ursprünglich im Sanatorium gearbeitet haben, waren selbstständige Ärzte. Im einem 14 Jahre dauernden Rechtsstreit wurden sie auf Dienstnehmer umgepolt", sagt Fritz Kleiner zum KURIER. "Die Nachzahlungen der Dienstgeber und Dienstnehmeranteile kann sich das Unternehmen aber nicht leisten". Nachdem aber die Beitragsnachzahlungen (für die Jahre 2000 bis 2004 sowie 2005 bis 2009) aus der gemeinsamen Prüfung der Finanz und der Krankenkasse durch den Verwaltungsgerichtshof rechtskräftig wurden, wurde es eng. Es wurden insgesamt 523.700 Euro von Finanz und GKK Stiermark nachgefordert.

"Die Geschäftsführung hat inzwischen mit der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse einen Forderungsnachlass bei den Zinsen und eine Ratenzahlung bei den rückständigen Beitragsnachforderungen erzielt", heißt es weiter. "Die Kleiner & Kleiner GmbH hat zur Sicherheit für die Gebietskrankenkasse für einen Betrag von 100.000 Euro eine Bürgschaft übernommen." Von November 2013 bis zum April 2015 hat die Gesellschaft bereits die vereinbarten Raten von insgesamt 90.000 Euro an die Steiermärkische Gebietskrankenkasse bezahlt.

Prüfungen ausgedehnt

"Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse hat dem Unternehmen aber mitgeteilt, dass eine weitere Beitragsprüfung für die Jahre 2010 bis 2013 mit demselben Prüfungsziel im Jahre 2016 beginnen wird", so das Sanatorium. "Im April 2015 teilte dann die Landeshypothekenbank für Steiermark mit, die 27 Jahre die Hausbank des Sanatoriums war, dass aufgrund des Jahresabschlusses 2014 eine Weiterfinanzierung des Kontokorrentkredites auf Blankobasis in der Höhe von 300.000 Euro nicht mehr möglich sei", so das Unternehmen.

In intensiven Verhandlungen sei es zwar gelungen, die Landeshypothekenbank für Steiermark davon zu überzeugen, dass dieser Kredit per Ende Mai 2015 umgeschuldet werden könnte bzw. die Gesellschaft alles daran setzen würde, diesen Kredit abzudecken oder einen neuen Kredit aufzunehmen. Mit zwei steirischen Banken sollten diesbezügliche Gespräche geführt werden. Von beiden Banken habe das Sanatorium "leider negative Antworten bekommen".

Die Zukunft

Das Sanatorium soll im bisherigen Umfang fortgeführt werden. Positive Betriebsergebnisse können ab Insolvenzeröffnung erzielt werden, heißt es im antrag. Dazu wird angeführt, dass seit Jänner 2014 bis April 2015 genau 769 Geburten betreut und 646 Operationen durchgeführt wurden. Zugleich hat sich eine Gruppe von Fachärzten mit einer eigenen GmbH im Hause angesiedelt. Dazu heißt es: "Diese Kooperation stellt sicher, dass an 365 Tagen rund um die Uhr Geburtshilfe von Fachärzten angeboten werden kann."