Wirtschaft

Rund 184 Privatkonkurse pro Woche

Die Pleitestatistik für das erste Halbjahr 2015 erscheint auf den ersten Blick sehr postiv, auf den zweiten Blick kann man einen Pleitenrückstau erkennen, der in den nächsten sechs Monaten zu einem Anstieg der Fälle führen wird. Fakt ist: In den ersten sechs Monaten 2015 sind 7207 Firmen in die Pleite geschlittert, das ist ein Rückgang von 16,74 Prozent.

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„Wir konnten uns diese Entwicklung eigentlich nicht erklären, weil sich die schlechte Wirtschaftsentwicklung in den Insolvenzen nicht wiederspiegelt“, sagt Franz Blantz, der Insolvenzexperte des Alpenländischen Kreditorenverband (AKV). „Wir haben aber festgestellt, dass die Unternehmen mit eigenen Insolvenzanträgen sehr zurückhaltend sind. Bei der Hälfte der eröffneten Firmeninsolvenzen stellten Gläubiger die Insolvenzanträge.“ Nachsatz: „Für das zweite Halbjahr 2015 rechnen wir damit, dass die eröffneten Insolvenzverfahren wieder steigen werden, weil es einen Rückstau gibt.“ Detail am Rande: "Die außergerichtlichen Sanierungen mit einem Eigentümerwechsel gewinnen immer mehr an Attraktivität", sagt Blantz. "Viele wollen sich ein gerichtliches Insolvenzverfahren ersparen. Die Banken gewähren dabei auch immer wieder Forderungsnachlässe."

7207 Firmen zahlungsunfähig

Von den 7207 Unternehmenspleiten im ersten Halbjahr konnten lediglich 1657 Fälle auch eröffnet werden, das ist ein Rückgang um 12,91 Prozent. Rund 1258 Fälle wurden abgewiesen, weil nicht einmal das Geld (2500 bis 4000 Euro) für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorhanden war. Die abgewiesenen Insolvenzanträge sind um 21,78 Prozent zurückgegangen.

Auffällig ist laut Blantz auch, dass in allen Bundesländern die Unternehmensinsolvenzen zurückgegangen sind. Zugleich ist auch die Zahl der Arbeitsplätze, die durch Insolvenzen gefährdet sind, von 11.605 im ersten Halbjahr 2014 auf 7566 Fälle gesunken.

Mit 470 Mitarbeitern ist die Insolvenz der oberösterreichischen Unternehmensgruppe Pan&Co/Ring-Die Bäckerei der größte Fall nach der Zahl der Arbeitnehmer und nach der Höhe der Forderungen (rund 40,77 Millionen Euro). Gefolgt von der Fertighaus-Gruppe Hanlo (96 Mitarbeiter) mit rund 36 Millionen Euro Forderungen. Hanlo wurde aber, wie der KURIER berichtete, aber mittlerweile an den Investor Matthias Calice verkauft, der das Unternehmen neu aufstellt.

Die Branchen

Mit 470 Pleiten führt die Baubranche die negative "Hit-Liste" im ersten Halbjahr 2015 an, auf Platz zwei ist der Handel mit 458 Insolvenzen und auf Platz drei die Gastronomiebranche mit 355 Fällen. In der Gastronomie wurden laut Blantz in den vergangenen Tagen drei größe Pleiten verzeichnet: das Bad Gasteiner Hotels „Sanotel“ (EUR 3,5 Millionen Euro Passiva ), die Hotel-Gruppe „Grüner Baum“ (sieben Millionen Euro) sowie das Tiroler 5-Sterne Hotel „For Friends“ in Mösern (15,1 Millionen Euro).

184 Privatkonkurse pro Woche

Indes sind die Privatkonkurse mit 1,34 Prozent nur leicht gesunken. Es konnten im ersten Halbjahr 4260 Verfahren eröffnet werden, das sind 0,7 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2014. Die Schulden aller Privatpleitiers betragen insgesamt 438,7 Millionen Euro, dass macht im Schnitt einen Schuldenstand von rund 102.800 Euro. Im Vorjahr lagen die durchschnittlichen Schulden bei 115.500 Euro.Insgesamt 585 Fälle mussten aber mangels Vermögens abgewiesen werden. Das ist ein Rückgang von 11,62 Prozent.

"Im Unterschied zu den Firmeninsolvenzen werden im privaten Bereich die Verfahren vorwiegend über Antrag der Schuldner eröffnet und es spielen Gläubigeranträge nur eine untergeordnete Rolle", sagt Blantz."Die eröffneten Verfahren bewegen sich bundesweit auf Vorjahresniveau. Es gab aber Steigerungen in Wien mit 7,21 Prozent und in Niederösterreich mit 14,35 Prozent, in allen anderen Bundesländern waren die eröffneten Privatinsolvenzen rückläufig. Wien und Niederösterreich seien bloß Ausreißer, so Blantz. Fakt ist aber: Jährlich werden zwischen 8400 bis 9000 Privatpleiten eröffnet. "Bei den Privatinsolvenzen spielen die Schuldnerberater eine ganz wichtige Rolle", weiß Blantz. "Sie bereiten die Verfahren vor, stellen die Unterlagen zusammen und bringen meist auch die Anträge auf Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahren ein."