Wirtschaft

Renault und Nissan sortieren ihre Kräfte neu

Nach jahrelangem Gezerre und Zwist untereinander haben Renault und Nissan ihre Allianz auf eine neue Grundlage gestellt. Neben einer Neuordnung der Beteiligungsverhältnisse kündigten die Partner, zu denen als Dritter der japanische Autobauer Mitsubishi gehört, am Montag eine enge Zusammenarbeit in der Elektromobilität an. Renault und Nissan haben sich auf eine Überkreuzbeteiligung von je 15 Prozent geeinigt, Renault reduziert seinen Nissan-Anteil von rund 43 auf 15 Prozent.

"Dieses weitreichende Programm ebnet den Weg für die Erneuerung und Stärkung dieser 24 Jahre alten Partnerschaft, schafft einen neuen Geist und nutzt die Technologien aller drei Allianz-Mitglieder", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Die neue Partnerschaft werde zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten schaffen und die Effizienz jedes Unternehmens verbessern. Die Kostenvorteile werden auf eine Summe zwischen einigen hundert Millionen Euro binnen weniger Jahre und einigen Milliarden bis 2030 geschätzt.

Zusammenarbeit bei Festkörperbatterien und Fahrerassistenzsystemen

Als Teil der Vereinbarung verpflichtete sich Nissan, sich mit bis zu 15 Prozent an der neuen Renault-Sparte Ampere für E-Autos und Software zu beteiligen. Auch Mitsubishi erwägt einen Einstieg bei Ampera, deren Börsengang Renault für die zweite Jahreshälfte anpeilt. "Wir betrachten Ampere als Wegbereiter für Nissan, an neuen Geschäftsmöglichkeiten in Europa teilzunehmen", sagte Konzernchef Makoto Uchida.

Ergänzt würden diese Initiativen durch die technologische Zusammenarbeit bei Festkörperbatterien und Fahrerassistenzsystemen bis hin zum autonomen Fahren. Zugleich werden Nissan und Mitsubishi Kunden des Projekts mit dem Namen "Horse", in dem Renault Verbrennungsmotoren und Hybridantriebe künftig mit dem chinesischen Autobauer Geely entwickelt. Darüber hinaus wollen die Partner bei mehreren Fahrzeugprojekten in Europa, Indien und Südamerika zusammenarbeiten.

"Ich denke, dass das, was wir vereinbart haben, eine viel bessere Aufstellung ist als in den vergangenen Jahren", sagte Renault-Chef Luca de Meo im Beisein der Chefs von Nissan, Makoto Uchida, und Mitsubishi, Takao Kato, sowie dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Allianz, Jean-Dominique Senard, in London. "Wir haben jetzt ein neues Governance-System, das viel unkomplizierter ist, wir können jetzt wie ein normales Unternehmen operieren." Aus Sicht von Renault gehe es darum, strategische Agilität zurückzugewinnen, ohne die Vorteile der Allianz zu verlieren.

Monatelange Verhandlungen

Nissan und Renault hatten sich zuvor in monatelangen Verhandlungen auf eine Überkreuzbeteiligung in jeweils gleicher Höhe von 15 Prozent geeinigt. Im Zuge dessen senkt Renault seinen Anteil an Nissan von rund 43 Prozent und überträgt rund 28 Prozent auf einen Treuhänder. Renault werde die volle Flexibilität haben, die von dem Trust gehaltenen Nissan-Aktien in einem geregelten Verfahren zu verkaufen. Die Franzosen seien aber nicht dazu verpflichtet, dies innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu tun, hieß es in der Erklärung. Sollte Renault verkaufen wollen, habe Nissan ein Vorkaufsrecht.

Als Vorteile der Allianz hoben Analysten hervor, dass Nissan und Renault bei Forschung und Entwicklung zusammenarbeiten und sich die Kosten teilen könnten. Die neue Konstruktion erlaube es, dies "mit etwas weniger Groll und Bitterkeit zwischen ihnen" zu tun, sagte CLSA-Analyst Christopher Richter. Er wies daraufhin, dass Honda und General Motors eine Partnerschaft aufgebaut hätten, die die gemeinsame Entwicklung günstiger E-Autos beinhalte und ohne Kapitalbeteiligung auskomme.

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht auch Nachteile im Vergleich zu anderen Konkurrenten. Während bei Stellantis Konzernchef Carlos Tavares die Richtung vorgebe, müssten sich Renault, Nissan und Mitsubishi erst abstimmen. "So wie das in der letzten Zeit gelaufen ist, würde ich vermuten, dass diese gemeinsamen Projekte eher schwach sind", meint Dudenhöffer. Nissan drohe gegenüber den koreanischen Herstellern Hyundai und Kia ins Hintertreffen zu geraten.

Nissan hatte sich seit Jahren von den Franzosen dominiert gefühlt, da deren Anteil an Nissan mit 43 Prozent sehr viel höher war als die eigene Beteiligung von 15 Prozent an Renault. Außerdem konnte Nissan bisher keine Stimmrechte bei seinem französischen Partner ausüben. Das war mehrfach Anlass für Streit zwischen den beiden seit mehr als zwei Jahrzehnten verbunden Unternehmen. Die Allianz geht auf den langjährigen Konzernchef Carlos Ghosn zurück, der in allen drei Unternehmen die Fäden in der Hand hielt, bevor er nach Untreuevorwürfen vor einigen Jahren entlassen wurde.

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