Wirtschaft

RBI-Boss Stepic nimmt den Hut

Die kurzfristig einberufene Pressekonferenz dauerte am Freitag nur wenige Minuten: Herbert Stepic, Chef der Raiffeisen Bank International (RBI) erklärte, dass er dem Konzern seinen Rücktritt angeboten hat und begründete den Schritt. Bevor noch Fragen dazu gestellt werden konnten, verabschiedete sich Stepic wieder. Am Montag werden die Aufsichtsräte sein Rücktritts-Gesuch beraten. Anzunehmen ist, dass es angenommen wird. Ein Nachfolger steht noch nicht fest, bis zur Übergabe führt Stepic die Geschäfte weiter.

Nachfolger

Zunächst dürfte Stepic-Vize Karl Sevelda (64) die Leitung der Bank übernehmen. Wer dann längerfristig in die Chefetage der Bank einzieht, ist ungewiss. Als sicher gilt, dass der Nachfolger von Stepic in der Raiffeisen-Gruppe gut verankert sein muss. Da käme etwa Karl Stoss, derzeit Chef der Casinos Austria und von 2001 bis 2004 im Vorstand der Raiffeisen Zentralbank in Frage. Offiziell winkt Stoss ab: „Ich bin mehr als zufrieden mit meiner jetzigen Position“, sagt er zum KURIER. Als Kandidat für den RBI-Chefsessel wird auch Andreas Brandstetter, Boss der UNIQA-Versicherung, genannt. Er dürfte aber unabkömmlich sein, ist doch der von ihm gestartete Reformprozess in der Versicherung gerade im Laufen.

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Gut möglich daher, dass einer der Vorstandskollegen von Stepic an die Bank-Spitze aufrückt. Immerhin verfügen sie alle über profunde Kenntnisse im Ost-Geschäft.

Der Spitzenmanager und Ost-Pionier Stepic war im Zuge der sogenannten „Offshore-Leaks“ (internationale Datensammlung über Steuerflüchtlinge in Finanz-Oasen) in Bedrängnis geraten. In den Unterlagen, die an internationale Medien (u. a. auch News) weitergegeben wurden, waren private Veranlagungen aufgetaucht: drei über Offshore-Firmen gekaufte Wohnungen in Singapur. Er habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, beteuerte Stepic am Freitag. Es handle sich um versteuerte Einkünfte, die er investiert habe, und „es sind echte Immobilien “, keine Offshore-Gesellschaften.

"Stolz und Dankbarkeit"

Da die Berichterstattung darüber aber der gesamten Raiffeisengruppe „massiv Schaden zufügt“ habe, habe er sich zum Rückzug entschlossen. Er blicke „mit Stolz und Dankbarkeit“ auf das von ihm Erreichte zurück. 40.000 Jobs seien im Osten geschaffen worden, „mehrere hundert“ in Österreich. Seinen Abgang habe er sich allerdings anders vorgestellt.

Doch einige Fragen bleiben nun offen: Hat Stepic zum Beispiel die Einkünfte aus den Wohnungen versteuert? Die Finanzmarktaufsicht will von der RBI jedenfalls alle Informationen über den Immobilienkauf von Stepic haben. Ins Visier der Aufsicht ist der Noch-RBI-Boss schon einmal gekommen: 2012 wurden er und weitere Vorstände zu je 30.000 Euro Bußgeld-Zahlung verpflichtet, weil die Fusion von Raiffeisen International mit Teilen der RZB zu spät öffentlich bekannt gegeben wurde.

Er war bisher einer der markantesten Manager des Landes: Herbert Stepic, seit 2001 Chef der Raiffeisen Bank International (RBI) und seit 1973 im Raiffeisen-Konzern, steht vor dem Abgang. Stepic stellt seine Funktion "aus persönlichen Gründen" zur Verfügung, wie es heißt. Und es darf erwartet werden, dass sein Rücktrittsangebot angenommen wird. Denn eine anhaltende Diskussion über Banker, die nicht wissen wohin mit ihren Millionengagen, will sich der Konzern wohl nicht antun.

Denn seit Mittwoch ist bekannt, dass der Banker über zwei Offshore-Konstruktionen drei Wohnungen in Singapur gekauft hat. Geschätzter Wert: mehr als neun Millionen Euro. Auch wenn Stepic, wie er betont, kein unversteuerten Gelder dafür verwendet hat, ist die Optik schief. Investments in Steueroasen wie Singapur über undurchschaubare Finanzkonstruktionen gelten als Makel.

Hinzu kommt, dass der RBI-Boss von der Finanzmarktaufsicht wegen eines dubiosen Immobiliengeschäfts unter die Lupe genommen wurde.Die FMA hat die Ermittlungen allerdings vor kurzem eingestellt. Diskussionen gab es auch über die Gage des Raiffeisen-Bankers. Zunächst hat er für 2012 fünf Millionen Euro kassiert. Ihm sei dieser hohe Betrag erst im Geschäftsbericht aufgefallen. Dann habe er zwei Millionen Euro "aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit" wieder zurückgezahlt. Wie zu hören ist, soll aber auch Druck aus dem Aufsichtsrat zu diesem Schritt geführt haben.

Das alles dürfte zu viel sein für eine Großbank mit internationaler Bedeutung und Schlagkraft. Auch wenn Stepics Leistungen unbestritten sind. Der 66-jährige hat Raiffeisen in Zentral- und Osteuropa groß gemacht. Die RBI ist in 15 Ländern vertreten, wo sie 14 Millionen Kunden betreut. Mit viel Fleiß und Geschick baute der Workaholic das Netzwerk sukzessive aus. Mit dem Börsegang 2005 öffnete der studierte Handelswissenschaftler die Bank auch für Investoren, die an die Erfolgsgeschichte glaubten und daran teilhaben wollten. Mit den frischen Milliarden setzte er weitere Expansionsschritte. Erst die Finanzkrise 2008 stoppte den Höhenflug. Einen geeigneten Nachfolger für Stepic zu finden, wird alles andere als leicht werden.

Die RBI-Aktien war bis zu 3,3 Prozent im Minus." Der für die Raiffeisen Bank International (RBI) zuständige Analyst der Erste Group, Günther Hohberger, hat an der Wiener Börse eine stärkere Marktreaktion auf den angekündigten Rücktritt von Herbert Stepic erwartet. Aktuell notieren die RBI-Scheine gar nur noch 1,1 Prozent tiefer.

Die Nachricht sei überraschend gekommen, so der Aktienanalyst. Vor allem weil Stepic bisher argumentiert habe, korrekt versteuert zu haben. Hohberger sieht einen klaren Zusammenhang mit den bekannt gewordenen Offshore-Firmen und dem heute angebotenen Rücktritt. Noch sei der Abschied aber nicht fix. "Es kann sein, dass sich der Aufsichtsrat für Stepic ausspricht und er seinen Vertrag bis 2015 erfüllt", analysiert Hohberger.

Hohberger geht davon aus, dass der Aufsichtsrat noch am Freitag, oder falls die Gremien am Wochenende weiter beraten, spätesten am Montag entscheidet, wie es in der Führungsriege der Bank weiter geht. Am Dienstag stehen zudem die Ergebnisse zum ersten Quartal 2013 an. Diese werde vermutlich Stepics Stellvertreter, Karl Sevelda, präsentieren. Sevelda könnte auch den Vorstandsvorsitz, zumindest vorrübergehend, übernehmen, vermutet Hohberger.

Für Hohberger war Stepic jedenfalls eine "Integrationsfigur" und ein "guter Netzwerker auf politischer Ebene", auch in Osteuropa. Fundamental werde der Rücktritt aber kaum Auswirkungen auf die Perfomance des Bankkonzerns haben. "Die Strategie wird sich nicht ändern", kommentierte Hohberger.