Produktivitätsrat: Ein Weckruf an die Bundesregierung
Hat die Bundesregierung ihre Hausaufgaben gemacht und Österreich auf die ökonomischen Anforderungen der Zukunft vorbereitet? Die Antwort lautet Nein, wenn man sich den aktuellen Bericht des Produktivitätsrates durchliest. Die dort veröffentlichte Mängelliste ist lang. Die 47 Verbesserungsvorschläge des Produktivitätsrates nannte dessen Vorsitzender, Christoph Badelt, ein „Pflichtenheft für die Regierung“.
Dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen kann, zeigt ein Beispiel. Wichtig für das Wachstum der Wertschöpfung ist das Ausmaß der Erwerbstätigkeit und die Qualität der Arbeit. Im vergangenen Jahrzehnt war es möglich, durch Arbeitskräfte aus dem EU-Binnenmarkt oder durch Zuwanderung für eine steigende Zahl an Erwerbstätigen zu sorgen. Doch diese Methode bringt es nicht mehr.
Ein Grund sind die Abgänge der Babyboomer aus der Arbeitswelt. Die geburtenstarken Jahrgänge der frühen 60er Jahre kommen ins Pensionsalter. Der geburtenstärkste Jahrgang seit dem 2. Weltkrieg war der Jahrgang 1963.
Da konnte vielleicht das Schulsystem einspringen und für mehr qualifizierte Schulabgänger sorgen. Doch daraus wird nichts.
Hohe Ausgaben
Zwar leistet sich Österreich laut Produktivitätsbericht „sehr hohe Bildungsausgaben pro Schüler in allen Bildungsstufen“, aber es gibt nur „durchschnittliche Bildungsergebnisse“. Außerdem wird Bildung in Österreich vererbt. Wer in bildungsfernen Schichten geboren wurde, bleibt auch dort. 9,4 Prozent der 15 bis 29-Jährigen haben weder einen Job noch sind sie in Ausbildung.
Wenn es in Österreich mehr ganztätige Betreuungsplätze für Kinder geben würde, könnten mehr Mütter arbeiten. Auch dieses Problem ist seit Jahren bekannt. „Alle Gebietskörperschaften sollten proaktiv die Deckung des Kinderbetreuungsbedarfs sicherstellen, um die Ausbildungschancen der Kinder zu verbessern, das Arbeitskraftkäftepotenzial zugänglich zu machen und die Geschlechtergleichstellung zu fördern“, heißt es im Bericht. Sinnvoll wäre ein „Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung.“
Andreas Anzenberger