Präsident der Notenbank will härtere Reformen
Von Franz Jandrasits
Das schaut wie ein Nichtangriffspakt und nicht wie eine Reformpartnerschaft aus.“ Claus Raidl, Präsident der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), ortet bei den Koalitionsverhandlern SPÖ und ÖVP nur eine geringe Bereitschaft zu größeren Reformen. Diese seien aber längst überfällig und müssten möglichst genau im Regierungsüberkommen festgeschrieben werden, „sonst kommt ja wieder nichts heraus.“
Mehr Risiko
Neben mehr Tempo fordert Raidl von der künftigen Regierung mehr Mut bei Entscheidungen. Etwa im Dauerstreit Lehrerdienstrecht: „Man darf nicht zu konfliktscheu sein, sonst kommt man gar nicht weiter. Das Dienstrecht würde ich ohne Gewerkschaft ändern.“
Die dringendsten Reformen ortet der Notenbanker im Bildungsbereich, bei den Pensionen, im Gesundheitssektor und in der öffentlichen Verwaltung. Seine konkreten Vorschläge: „Das Pensionseintrittsalter muss weiter steigen, die Anpassung des Frauen-Pensionsalters muss früher als geplant kommen.“ Den Firmen sollte mit steuerlichen Anreizen die Weiterbeschäftigung Älterer schmackhaft gemacht werden.
"Man darf nicht zu konfliktscheu sein, sonst kommt man gar nicht weiter"
Privatisierung
Um trotz Budgetsparkurs „strategische Ausgaben“ für Bildung oder Forschung zu erhöhen, drängt Raidl auf Schuldenabbau. Auch über Privatisierungen: Auf Bundesebene könnte die Energiewirtschaft (Verbund), Post, aber auch Teile des ÖBB-Güter- und Personenverkehrs sowie die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) privatisiert werden. Das seien zwar nur einmalige Einnahmen, aber „die Schulden müssen runter, die Steuerbelastung darf nicht weiter steigen“. Auch auf Länderebene gebe es viel zu privatisieren, dort sei das Thema aber tabu.
Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten – „Wir sind ein Hochlohnland, aber wir sind auch ein Hoch-Produktivitätsland und können uns die Löhne leisten“– mahnt Raidl etwa mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt ein.