Wirtschaft

Pleite des Kunden: das unterschätzte Risiko

Lange Zeit lief die Beziehung zum Kunden gut. Der deutsche Bauingenieur plante mit seinem Team die bestellten Projekte, der Kunde zahlte. 2008 wurde dann die eine oder andere Rechnung erst nach Mahnung beglichen. Im Jahr darauf schlitterte die Kundschaft in die Pleite.

Für das Ingenieursbüro kam das böse Erwachen allerdings erst vier Jahre später. Der Insolvenzverwalter des Pleite-Kunden forderte die Rückzahlung von 100.000 Euro. Durch die Zahlungserinnerungen, die der Bauingenieur Jahre davor geschickt hatte, hätte er sehen müssen, dass der Kunde schlecht dasteht. Dadurch, dass er sein Geld doch noch bekommen hatte, seien andere Gläubiger benachteiligt worden. Zuerst glaubte der betroffene Unternehmer noch an einen Scherz – bis ein Gericht ihn zur Zahlung von 70.000 Euro verdonnerte. Er musste selbst Insolvenz anmelden.

In einem anderen Fall wurde ein mittelständischer Unternehmer aufgefordert, dem Insolvenzverwalter jene 300.000 Euro zu überweisen, die er Jahre davor von der mittlerweile pleite gegangenen Kundschaft für Warenlieferungen bekommen hatte.

Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht heißt das im Fachjargon der Gesetzgeber. Üblicherweise werden nur Zahlungen zurückgefordert, die sechs Wochen, längstens aber sechs Monate vor der Insolvenz geflossen sind. "In Deutschland hat sich die Rechtsprechung in der jüngsten Vergangenheit aber massiv verändert", sagt Ludwig Mertes, Vorstand des Kreditversicherers Prisma. Da würden mittlerweile Zahlungen bis zu zehn Jahre rückwirkend geltend gemacht. Und davon wären auch immer mehr österreichische Unternehmen betroffen, die nach Deutschland liefern, so Mertes.

Anfechtung

Die Zehn-Jahres-Frist ist zwar rechtlich gedeckt, aber nur bei vorsätzlicher Benachteiligung, wenn also der Schuldner einen Gläubiger bevorzugte und dieser Gläubiger auch davon wusste. Eine Zahlungserinnerung zu verschicken könne man aber doch wohl nicht als schuldhaftes Verhalten werten, so Mertes. Der Kreditversicherer hat jedenfalls reagiert und jetzt ein eigenes Produkt herausgebracht. Die neue Versicherung soll vor derartigen Anfechtungen schützen.