Wirtschaft

Plastiksackerl schlägt hohe Wellen

Es ist ein ausgesprochener Nebenschauplatz auf den Mülldeponien, doch vom Bundeskanzler abwärts scheint es derzeit jeden zu beschäftigen: Das Plastiksackerl. Es macht laut Greenpeace gerade einmal zwei Prozent des Kunststoffmülls aus, soll aber ab Anfang 2020 in Österreich verboten werden, haben Kanzler Kurz, Vizekanzler Strache und Umweltministerin Köstinger im Dezember beschlossen.

 

Damit sollen bis zu 7000 Tonnen Kunststoffmüll vermieden wären, tönte es kürzlich aus dem Ministerbüro von Elisabeth Köstinger. Am 5. Dezember wurde das Aus fürs Sackerl auch schon im Ministerrat beschlossen.

Seitdem gehen die Wogen hoch – in der Politik, Wirtschaft, bei Umweltschützern und Konsumenten. Aus ganz unterschiedlichen Gründen.

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Öko-Schmäh?

Aber was genau ist eigentlich geplant? Kunststofftragetaschen sollen künftig durch ökologisch nachhaltigere Alternativen ersetzt werden – vor allem durch Mehrwegtaschen. Oder durch Sackerl, die auf pflanzlicher Basis hergestellt wurden. Ein neues, aufstrebendes Geschäftsfeld für die Industrie. Bei manchen Händlern sind bereits Alternativen aus Maisstärke im Einsatz – doch auch an diesen gibt es Kritik. So stellen manche Experten zur Debatte, ob es prinzipiell nachhaltig ist, Ackerfläche für die Sackerl- statt Lebensmittelproduktion zu nutzen. Vom Sackerlverbot ausgenommen sind Papiertragetaschen, die allerdings auch nicht als der Weisheit letzter Schluss gelten: „Auch hier ist der ökologische Abdruck fraglich“, sagt Peter Buchmüller, Handelsobmann in der Wirtschaftskammer Österreich. „Zudem sind diese viel sperriger, verursachen viel mehr Müll. Das weiß jeder aus seinem eigenen Haushalt.“

Apropos Müll: Schätzungen zufolge wird ein Plastiksackerl vier bis fünf Mal verwendet, dann landet es im Müll – meist in Form eines gefüllten Müllsackerl. Gibt es keine Gratissackerl mehr, werden eben mehr Müllsackerl gekauft, lautet ein weiteres Argument gegen das Verbot.

Umweltschützer begrüßen die aktuellen Pläne zwar, halten sie aber für zu kurz gegriffen. Es brauche also dringend einen Aktionsplan für Mehrwegverpackungen, um wirklich etwas zu bewirken, heißt es bei Greenpeace.

 

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In Sachen Sackerl-Reduzierung sieht Stephan Schwarzer von der umweltpolitischen Abteilung in der Wirtschaftskammer Österreich übrigens schon gut aufgestellt. Schließlich haben sich 13 mächtige Handelsketten – darunter Tchibo, Deichmann oder MediaMarkt – schon 2016 der freiwilligen „Pfiat di Sackerl“-Kampagne angeschlossen. Sprich, das Gratis-Plastiksackerl zum Einkauf abgeschafft. Wer trotzdem ein Sackerl brauchte, musste ein paar Cent Umweltgebühr zahlen. Das war vielen Konsumenten zu viel. Binnen zwei Jahren schrumpfte der jährliche Verbrauch um 20 Prozent oder 112 Millionen Stück.

Streber Österreich

Die Österreicher sind beim Einkaufen schon vorbildlich unterwegs. Statistisch gesehen verschleißen sie gerade einmal 30 Plastiksackerl im Jahr, bis 2016 waren es noch bis zu 50 Stück. Im Internationalen Vergleich sind die Österreicher damit Vorzeigeschüler. Der EU-Durchschnittsverbrauch liegt bei rund 100 Sackerln im Jahr und soll bis 2025 auf 40 Stück gesenkt werden.

Währenddessen pocht der Handelsverband (HV) darauf, dass das Plastikverbot branchenübergreifend in Kraft treten soll, also auch Würstelbuden, Apotheken, Bäckereien, Gastro-Lieferservices treffen soll und nicht nur klassische Händler – so wie im aktuellen Entwurf vorgesehen. Um eine „Wettbewerbsfairness“ herzustellen, fordert HV-Geschäftsführer Rainer Will zudem ein Plastiksackerlverbot für Versandhändler aus dem In- und Ausland, die immer mehr Ware und auch damit auch Verpackungsmaterial durchs Land schicken.

Das Plastiksackerlverbot ist übrigens keine Erfindung Österreichs: In Frankreich und Italien ist es bereits in Kraft getreten.

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