Wirtschaft

Panama Papers: Geheime Deals über Offshore-Firmen

Es ist viel einfacher als man denkt. Man nehme ein paar Hundert Euro in die Hand, gehe zu einem Schweizer Rechtsanwalt mit internationalen Kontakten oder einer Schweizer Bank mit einem weitläufigen Netzwerk – und nach wenigen Tagen ist man schon Eigentümer einer Briefkastenfirma in der Karibik oder in Mittelamerika. Und kann damit Riesen-Vermögen zum Beispiel vor den nationalen Steuerbehörden verstecken oder Geschäfte hinter dem Rücken der Finanzbehörden durchziehen. Fakt ist: Wer eine Briefkastenfirma gründet oder sogar ein ganzes Netzwerk von Offshore-Gesellschaften unterhält, will etwas verschleiern - sonst macht der ganze Aufwand ja gar keinen Sinn.

Lieferung binnen weniger Tage

Aber der Reihe nach. "Der Schweizer Anwalt, der in der Regel als Treuhänder fungiert, oder die Schweizer Bank stellen die Verbindung nach Panama her und bestellen für ihren Kunden zum Beispiel bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca eine Offshore-Gesellschaft", sagt ein erfahrener britischer Privatermittler zum KURIER, der seit 40 Jahren auf das Aufspüren von großen, zum Teil illegal verschobenen Vermögenswerten spezialisiert ist. "Neben den Gründungskosten von rund 1000 Dollar zahlen Sie jährlich etwa 600 Dollar Verwaltungsgebühren." Panama und die British Virgin Islands sind deshalb besonders beliebt, weil dort - im Vergleich zu anderen Offshore-Destinationen - die Gründungen von Briefkastenfirmen finanziell sehr günstig sind. Detail am Rande: Sieben Kanzleien bieten in Panama ihre diskreten Dienstleistungen in diesem Zusammenhang an, eine der größten weltweit ist Mossack Fonseca, kurz Mossfon, mit Sitz in Panama-City.

Zwei Inhaberaktien

Mossfon unterhält mehr als 40 Vertriebsbüros rund um den Globus, darunter je eines in Genf, in Zürich und in Liechtenstein. Trotzdem laufen alle Fäden in der Zentrale in Panama-City zusammen. Von dort aus werden neben den Firmen-Gründungsunterlagen und den Inhaberaktien der neuen Briefkastenfirma auch die Honorarnoten verschickt. In der Regel besteht das Stammkapital eines solchen Briefkastens lediglich aus zwei Inhaberaktien im Wert von wenigen Dollar.

Falle eMail

Der Auftraggeber, sprich der Schweizer Rechtsanwalt und Treuhänder, erhält die Unterlagen dann binnen weniger Tage von Mossack Fonseca per Kurierdienst zugestellt. Meist werden die Inhaberaktien dann im Tresor des Schweizer Anwalts deponiert. Oder anders gesagt: Die meisten Spuren von Panama-Firmen enden an den Zustelladressen von Anwaltskanzleien. Sie wickeln über Treuhandverträge für ihre betuchte Klientel Geschäfte und Zahlungen ab. Für viele Ermittler enden hier leider die Recherchen.

Klienten machen Fehler

"Wenn man es geschickt macht, kommt nicht heraus, wer tatsächlich hinter der panamaischen Gesellschaft steckt", sagt der Insider. "Das geht aber nur, wenn die gesamte Korrespondenz mit Mossack Fonseca ausschließlich der Schweizer Treuhänder führt." Nachsatz: "Es fliegen vor allem jene Inhaber von Briefkastenfirmen auf, die nicht aufpassen, selbst in das Geschehen eingreifen und sich per eMail direkt an Mossack Fonseca wenden" – etwa, um komplexe Geschäfte schneller abwickeln zu können. Das sei dann die Achillesferse der "Briefkastenfirma". Offiziell sind meist Mitarbeiter der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca als Direktoren der Briefkastenfirmen eingetragen. Sie entfalten aber keinerlei Tätigkeiten, sondern ihre Funktion besteht nur auf dem Papier.

In seltenen Fällen scheinen die Namen der tatsächlich "wirtschaftlich Begünstigten" in den Offshore-Firmenunterlagen auf. "Es ist auch gängig, dass bereits bestehende und benutzte Firmenhüllen auf Vorrat gehalten werden. Diese können dann binnen kürzester Zeit den Kunden und Anwälten zur Verfügung gestellt werden", sagt der Insider. "Manche Briefkastenfirma wird nur für einen einzigen Deal benutzt, sie wird aber später immer wieder an andere Geschäftsleute weiter verkauft und für Geschäfte verwendet." Das erschwert etwaige Nachforschungen massiv.

Banken im Visier

Da in den vergangenen Jahren auch in der Schweiz die gesetzlichen Vorschriften in Sachen Geldverkehr verschärft wurden, muss ein Rechtsanwalt, der als Treuhänder tätig ist, den "Inhaber" einer Briefkastenfirma gegenüber Schweizer Banken offenlegen. Dazu muss er zumindest eine Kopie des Reisepasses übermitteln.

Aber nicht nur Schweizer Banken sind involviert. In Österreich sind die Hypo Vorarlberg und die Raiffeisen Bank International (RBI) in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt, nachdem sie in den Panama-Papers erwähnt wurden.

Die Finanzmarktaufsicht hat umgehend eine Sonderprüfung der beiden Finanzinstitute angekündigt. Und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner hat als oberster Eigentümervertreter der Hypo seines Bundeslandes ein Machtwort gesprochen: Die Hypo müsse die Offshore-Geschäfte gänzlich aufgeben. Auch wenn die Geschäfte legal seien, wie Hypo-Chef Michael Grahammer betont, könne "jede Konstruktion einer Briefkastenfirma nicht gutgeheißen werden", erklärte Wallner. Nur sechs Promille der Kunden der Hypo machten Offshore-Geschäfte, sagte Grahammer. Das Volumen dieser Geschäfte bezifferte er aber nicht.

Durchleuchtung

Die RBI unterstreicht, von allen Offshore-Kunden die Identität zu kennen. Auch die wirtschaftlich Berechtigten von Briefkastenfirmen seien bekannt. Die Bank sei aber kein Organ der Exekutive, daher "ist eine gänzliche Durchleuchtung von Kunden und Transaktionen nicht möglich", teilt die Bank mit.

Heißt so viel wie: Wenn ein Freund eines Staatsmanns Millionen bringt, wird es schwierig, durch Anfragen bei Finanzbehörden dieses Landes einen Hinweis auf eine möglicherweise illegale Herkunft dieser Gelder zu bekommen.

Einziger Ausweg nach Ansicht von Experten: Politiker müssten sich international darauf einigen, dass alle Geschäfte mit Briefkasten-Gesellschaften und Steueroasen verboten werden. In der EU wird versucht, durch einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden die Steuerflucht zu verhindern.