Wirtschaft

Österreichs Chefs verdienten im Vorjahr 194.200 Euro brutto

Ein zuverlässiger Aufreger: Sind Österreichs Chefs fair entlohnt - oder maßlos überbezahlt? Das Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF) sieht die Gagen - wenig überraschend - als fair an und belegt das nach einer Umfrage unter 513 Mitgliedern mit Zahlen: Demnach hätten die Top-Manager im Vorjahr durchschnittlich 194.200 Euro brutto verdient - das entspricht laut WdF dem 4,3-fachen Einkommen eines durchschnittlichen Angestellten, der Vollzeit arbeitet.

"Ganz gleich, wem ich das erzähle, er reagiert überrascht", kommentiert dazu der WdF-Vorsitzende Karl Javurek. "Es steht nämlich im Widerspruch zur weitverbreiteten Meinung, dass Führungskräfte in Österreich unglaublich viel verdienen." Laut WdF-Umfrage sind die Gehälter 2014 erstmals seit drei Jahren wieder gestiegen, und zwar inflationsbereinigt um 2,2 Prozent. Verantwortlich dafür waren in erster Linie die variablen Gehaltsbestandteile (Boni). Die Chefgagen würden stark mit der Gewinnentwicklung der Unternehmen zusammenhängen: Den Unternehmen ging es besser, also seien wieder häufiger Boni bezahlt worden.

Das 4,3-fache oder 47-fache?

Damit widersprechen die Führungskräfte vehement der traditionellen Arbeiterkammer-Erhebung, wonach die ATX-Vorstände, also die Chefs der an der Wiener Börse notierten Unternehmen, das 47-fache des durchschnittlichen Arbeitnehmers verdienen würden. "Das ist ein kleiner Teil der österreichischen Wirtschaft. Es gibt auch bei uns Führungskräfte, die im siebenstelligen Bereich verdienen, aber das sind ein paar von vielen", sagt Javurek. Wirklich hoch seien die Einkommen erst bei Umsatzgrößen von 100 bis 500 Millionen Euro.

Der WdF-Vorsitzende und Gewista-Chef kritisiert zudem, dass die AK Äpfel mit Birnen vergleiche: Das Durchschnitteinkommen des österreichischen Werktätigen werde in der AK-Rechnung nicht um Teilzeitkräfte bereinigt. "Und Manager arbeiten typischerweise Vollzeit, also sollte man mit Vollzeitkräften vergleichen."

Frauen verdienen ein Viertel weniger

Statistisch betrachtet verdienen am besten männliche Vorstandschefs bei großen Unternehmen im ausländischen Besitz. Dass Frauen in der ersten Führungsebene mit 146.000 Euro dramatisch schlechter entlohnt sind als Männer (198.200 Euro), hat laut Triconsult-Projektleiter Felix Josef mehrere Gründe abseits des "Gender-Gaps": Die im Sample vertretenen Frauen seien im Schnitt jünger als die Männer - und mehrheitlich in den "falschen Branchen" tätig, nämlich in den Bereichen Dienstleistungen und Handel, in denen deutlich schlechter gezahlt werde als in den Bereichen Grundstoffe, Produktion oder Chemie.

Dienstwagen um 62.500 Euro

Laut der Manager-Umfrage haben 83 Prozent der Firmenchefs einen Dienstwagen zur Verfügung, der durchschnittlich 62.500 Euro in der Anschaffung kosten darf. Im Topmanagement hat dieser zu 32 Prozent die vier Audi-Ringe auf dem Kühler. 25 Prozent verfügen über die BMW-Niere und 10 Prozent über den Mercedes-Stern. Auf der zweiten Führungebene liegt die Marke Volkswagen mit 34 Prozent vorne, gefolgt vom Konzern-Kollegen Audi (29 Prozent).

59 Tage auf Dienstreise

Deutlich gestiegen im Vergleich zu 2013 ist die Mobilität der Chefs: Diese waren im abgelaufenen Jahr 59 von durchschnittlich 220 Arbeitstagen auf Dienstreise (2013: 54 Tage).

Link zur Studie

Die Chefs der ATX-Unternehmen, die an der Wiener Börse notieren, haben im Vorjahr um 4,7 Prozent mehr verdient, ergibt eine Auswertung der deutschen Unternehmensberatung hkp Group. Das Fixum, das unabhängig vom Unternehmenserfolg gezahlt wird, legte sogar um 14 Prozent zu.

„Da kann man den Aufsichtsräten nur ein schlechtes Zeugnis ausstellen“, kritisierte hkp-Partner Michael Kramarsch. Denn obwohl die Gewinne im Vorjahr im Durchschnitt gefallen seien, habe es höhere Vergütungen gegeben.

Von 17 ganzjährig tätigen ATX-Vorstandschefs haben sechs über 2 Mio. Euro Direktvergütung erhalten. Das Durchschnittseinkommen stieg von 1,53 auf 1,61 Mio. Euro, wobei die Entlohnung zwischen 700.000 und 2,7 Mio. Euro schwankt, rechnete Studienautor Björn Hinderlich vor.

Zum Vergleich: im STOXX, der die Europäischen Top-Unternehmen umfasst, liegt die Durchschnittsgage bei 6 Mio. Euro. Vergleicht man aber die Unternehmensgrößen, dann ist die Entlohnung im ATX international angemessen, meint Kramarsch. Im DAX verdienen die Vorstandschefs übrigens zwischen 1,99 Mio. und 15,8 Mio. Euro.

Kramarsch kritisiert die Veröffentlichungspraxis. Mit Ausnahme des „Musterschülers“ OMV, der auch international bestehen würde, sei Österreich da noch in der „Transparenzsteinzeit“. Man sehe bei den meisten Firmen die Nebenleistungen, die Abgeltung der Altersvorsorge nicht, oft könne man nicht einmal so einfach unterscheiden, ob variable Lohnanteile einjährig oder mehrjährig ausgezahlt werden.

Die Gagenkaiser

Nimmt man nur die Direktvergütungen, dann war OMV-Chef Gerhard Roiss 2014 mit 2,7 Mio. Euro Spitzenverdiener unter den ATX-Chefs, knapp gefolgt von Andritz-Chef Wolfgang Leitner mit 2,65 Mio. Über 2. Mio. Euro lagen auch Voest-Chef Wolfgang Eder (2,46 Mio.), Immofinanz-Chef Eduard Zehetner (2,17 Mio.), Wienerberger-Chef Heimo Scheuch (2,12 Mio.) und Post-Chef Georg Pölzl (2,05 Mio.).

Schlusslicht unter den ganzjährig beschäftigten ATX-Vorstandsvorsitzenden war Bruno Ettenauer von der CA Immo mit 700.000 Euro. Ein Spezialfall ist das Vorstandsduo des Flughafens Wien, die beide nicht als Vorsitzende geführt werden und daher in dieser Aufstellung nicht vorkommen. Sie erhielten jeweils knapp 450.000 Euro.

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