Österreicher sparen zu simpel
Von Christine Klafl
Was haben Waschmaschinen mit Sparbüchern zu tun? Einfache Sparprodukte sind dafür da, im Notfall liquide zu sein, etwa wenn die Waschmaschine eingeht. Der Notgroschen der Österreicher ist allerdings überaus üppig. Die Rechnung von Thomas Schaufler, Privatkunden-Vorstand der Erste Bank, dazu: Von den 230 Milliarden Euro, die die Österreicher mit simplen Sparprodukten auf der hohen Kante haben, könnte man 460 Millionen Waschmaschinen anschaffen. "Das sind 57 Waschmaschinen für jeden", so Schaufler.
Zehn Geräte als Geldreserve sollten eigentlich reichen, was in Summe einem Volumen von etwa 40 Milliarden Euro entspreche. Die restlichen 190 Milliarden des Angesparten sollten veranlagt werden, meint Schaufler. Nur ein richtiger Mix aus Sparbuch, Versicherungen und Wertpapieren könne dabei helfen, dass die Kaufkraft nicht schwindet. Schaufler: "Nichts zu tun ist der einzige Weg, wo der Verlust garantiert ist."
Der Banker hat handfeste Argumente zur Hand, warum die Konzentration nur auf einfache Sparprodukte der falsche Weg ist: Die Niedrig- und jetzt Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat dazu geführt, dass die Sparzinsen nach Abzug der Zinsensteuer bei Weitem die Inflation nicht mehr abdecken können. Das Angesparte verliert an Kaufkraft, man kann sich später immer weniger drum kaufen. Dieser Schwund summiert sich für die heimischen Sparer dramatisch – seit 2010 auf mittlerweile 17 Milliarden Euro. Und es wird noch die eine oder andere Milliarde dazukommen. Die Erste Bank geht davon aus, dass die EZB die Zinsen noch drei bis fünf Jahre im Keller halten wird. Mit Sparbüchern wird man also auch weiterhin die Teuerungsrate nicht schlagen können, mit Wertpapieren wie etwa Investmentfonds hat man immerhin die Chance dazu.
Finanzbildung
Das Vertrauen der Österreicher in Wertpapiere ist allerdings nicht allzu groß. Laut IMAS-Umfrage (im Auftrag der Erste Bank) nutzen 77 Prozent Sparbücher, aber nur 27 Prozent Wertpapiere. Mit ein Grund ist, dass es an Wissen und Erfahrung fehlt. Einmal mehr fordert die Erste Bank, dass schon in der Schule fundierte Finanzbildung Einzug halten muss. "Wir müssen uns aber auch selber bei der Nase nehmen", meint Schaufler Richtung Bankenwelt.
Die Politik vermiest den Österreichern ebenfalls den Weg Richtung Wertpapiere. "Eine Steuer von 27,5 Prozent auf Kursgewinne und die Diskussionen über eine Finanztransaktionssteuer helfen da gar nicht", ärgert sich Schaufler. Vielmehr sollte die Politik das Ansparen fürs Alter begünstigen. Bisherige Vorstöße waren erfolglos, "aber wir bleiben dran".
Hier einige Fakten und um das Thema Geld:
Sparefroh Das Maskottchen ist heuer bereits 60 Jahre alt. Geboren wurde der 1956 in Salzburg – bei der dortigen Sparkasse.
216 Euro So viel legen die Österreicher laut Umfrage heuer durchschnittlich pro Kopf und Monat auf die Seite. Vor fünf Jahren waren es 168, vor zehn Jahren 132 Euro.
36 Prozent Nur etwas mehr als ein Drittel der Österreicher fühlt sich mit Finanzthemen wie Geldanlage wohl. Bei Gesundheits- und Ernährungsthemen sind es 79 Prozent, bei Sport und Politik 54 bzw. 45 Prozent.
Volatilität Bei einer Umfrage konnten 80 Prozent den Begriff Volatilität (Anfälligkeit für Schwankungen) nicht erklären. Der ATX (Leitindex der Wiener Börse) war 43 Prozent, der Begriff Anleihen 32 Prozent ein "spanisches Dorf".
Dass in einer Umfrage 80 Prozent der Österreicher nicht erklären konnten, was Volatilität bedeutet, darf nicht allzu schlecht benotet werden. Nicht jedes Fremdwort muss sitzen. Dass allerdings fast jeder Zweite mit den Begriffen Ausgabekurs und ATX nichts anfangen konnte, sollte für einen fetten Fünfer im Zeugnis führen. Und zwar nicht bei den Befragten, sondern bei den verantwortlichen Politikern. Generationen von ihnen haben es nicht geschafft, dass Finanzthemen in der Schulbildung ausreichend behandelt und erklärt werden. Da darf es nicht wundern, wenn viele die Börse als Blackbox betrachten, in die man lieber nicht hineintappt.
Wer einen Wirtschaftsstandort mit mündigen Finanzbürgern will, hat noch viel dafür zu tun. Neben der Finanzbildung gehört auch die Abrüstung der Sprache dazu. Wertpapiere sind weder Teufelszeug noch Allheilmittel, sondern eine Möglichkeit zur Vorsorge. Ganz wichtig wäre aber auch eine Abrüstung der Steuern. Die Kapitalertragsteuer von 27,5 Prozent auf Kursgewinne gehört dringend gesenkt. So werden jene bestraft, die fürs Alter vorsorgen und das Geld nicht sofort ausgeben. Die Mehrwertsteuer macht 20 Prozent aus.