Wirtschaft

Österreicher ärmer, aber zufrieden

Wachstum ist nicht alles: Darauf besinnt man sich immer dann gern, wenn die Zeiten schlechter werden. Viele Österreicher scheinen sich mit der Krise arrangiert zu haben. Obwohl ihnen statistisch weniger Geld zum Leben bleibt und der Konsum zurückgegangen ist, sind 21 Prozent mit ihrem Leben "vollkommen zufrieden".

Das zeigt der Bericht "Wie geht’s Österreich?", der ein breiteres Abbild der Lebensrealität liefern soll, als es die üblichen Quartalszahlen des Bruttoinlandsproduktes (BIP) tun. Hier finden Sie die Ergebnisse der Studie im Überblick.

"Es geht uns grundsätzlich gut", resümierte Konrad Pesendorfer, Generaldirektor der Statistik Austria, am Dienstag. "Es könnte uns aber noch etwas besser gehen, wenn die Wirtschaft wachsen würde und Umweltaspekte stärker berücksichtigt würden." Die Ergebnisse:

Materieller Wohlstand Die verfügbaren Einkommen der Haushalte sind in Österreich seit 2008 nicht gestiegen, wenn man die gestiegenen Preise herausrechnet. 2013 hat es sogar einen Rückgang um 2,2 Prozent gegeben. Daran ist aber nicht nur die miese Wirtschaftslage schuld. Auch die sehr hohe Steuerbelastung und Probleme am Arbeitsmarkt tragen dazu bei, sagt Pesendorfer. Ein wachsames Auge sollte die Regierung darauf haben, wie rasant der Anteil der Personen zunimmt, die Teilzeit arbeiten oder saisonal beschäftigt sind. Nicht immer ist nämlich klar, ob diese Mini-Jobs freiwillig gewählt sind. Und es führt dazu, dass der Staat immer stärker mit Transferleistungen umverteilen muss, damit die hohen und niedrigen Einkommen nicht auseinanderdriften. Seit 2008 ist deren Verhältnis konstant: Die 20 Prozent reichsten Haushalte haben vier Mal so viel Einkommen zur Verfügung wie die untersten 20 Prozent. Im EU-Durchschnitt klafft diese Schere weiter auseinander: Hier beträgt der Wert mehr als fünf.

Bleibt weniger im Börsel, wird weniger ausgegeben: 2013 gab es beim privaten Konsum 0,6 Prozent Minus – nachdem dieser in den letzten 18 Jahren um 1,8 Prozent pro Jahr zugelegt hatte.

Lebensqualität Erstaunlich, wie zufrieden die Österreicher dennoch mit ihrem Leben sind. Auf der Skala von 0 bis 10 vergeben sie dafür die Note 7,8. Vergleichswerte gibt es dafür (noch) nicht. Frühere Studien zeigen aber, dass nur in einigen nordeuropäischen Ländern noch mehr Zufriedenheit herrscht.

Demokratiepolitisch bedenklich ist hingegen das vernichtende Zeugnis für die Politik: 12 Prozent haben "gar kein Vertrauen" in das politische System. Auf der Skala von 0 bis 10 ("vertraue voll und ganz") vergeben die Österreicher im Mittel nur die Note 4,4. Medien schneiden mit 4,8 kaum besser ab, fast ungebrochen ist indes das Vertrauen in die Polizei (7,2).

Umwelt Weniger Feinstaub, viel weniger Phosphor (Dünger) im Abwasser, mehr erneuerbare Energie – und dennoch gibt es im grünen Bereich rote Signale. So wird in Österreich pro Tag die unvorstellbare Fläche von 31 Fußballfeldern verbaut – für Häuser im Grünen und größere Wohnungen, Verkehrs- oder Freizeitflächen. So positiv die Gründe sein mögen: Diese Flächen sind für die Landwirtschaft und als Naturräume oft irreversibel verloren. "Hier werden Fakten geschaffen, die innerhalb weniger Generationen nicht rückgängig gemacht werden können", sagte Pesendorfer und fordert eine bessere Raumplanung. Fazit: Die Wirtschaft stagniert, die Menschen sind trotzdem gut drauf. Brauchen wir gar kein Wachstum? Vorsicht, warnte Pesendorfer: Es sei ein Trugschluss zu glauben, es werde uns immer gut gehen. Österreich müsse seine "Potenziale zum Leben erwecken" – etwa mit besserer Bildung. Sonst falle man von einer Führungs- zu einer Verfolgerrolle zurück.

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Die Österreicher sparen immer mehr bei Online-Banken und auch das nur mit keiner oder kurzer Bindung. 9,3 Milliarden Euro wurden im ersten Halbjahr 2014 neu veranlagt, ermittelte die Oesterreichische Nationalbank. 8,6 Milliarden Euro davon flossen in täglich fällige Einlagen. Und bereits 17 Prozent der Neuveranlagung ging auf Konten bei Online-Banken. Insgesamt wuchs das Geldvermögen um 18 Milliarden Euro – neun Milliarden davon durch Wertzuwächse des veranlagten Geldes – auf 566,4 Milliarden Euro.

Keine Negativ-Zinsen

Dass auch österreichische Banken „Abwehrzinsen“ von Sparern verlangen könnten, glaubt OeNB-Vize Andreas Ittner nicht. Die heimischen Banken seien – anders als die deutschen – flexibler, weil viele Einlagen und Kredite variabel verzinst seien. In Deutschland hingegen überwiegen Fixzinsen.