Wirtschaft

ÖIAG: Die Freunderlpartie im Aufsichtsrat

Die Öffentlichkeitsarbeit der Industriellenvereinigung im Match um den neuen Chef der Staatsholding war perfekt. Unabhängigkeit versus Polit­einfluss, diese Botschaft kam gut an. Gewinner Rudolf Kemler, als Kandidat des Aufsichtsrates, sticht den Partei-punzierten und von der ÖVP favorisierten steirischen Ex-Landesrat Herbert Paierl aus. Nur, ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn beim Großteil des Aufsichtsrates ist es mit der Unabhängigkeit nicht weit her.

Rückblende ins Jahr 2000. Ein sich selbst erneuernder Aufsichtsrat, besetzt mit namhaften Industriellen. Diese Idee klang bestechend. Erfolgreiche Wirtschaftskapazunder als Aufsichtsräte, die ihre Nachfolger selbst bestimmen, ohne dass sich die Parteipolitik einmischen kann. Wolfgang Schüssel, Chef der schwarz-blauen Koalition und sein Finanzminister Karl-Heinz Grasser feierten groß die Entpolitisierung der Staatsholding und schrieben sie im ÖIAG-Gesetz fest.

Die SPÖ war somit elegant entmachtet, Regie im Hintergrund führte die blaue Fraktion der Industriellenvereinigung, allen voran Thomas Prinzhorn und Alfred Heinzel. Letzterer zog gleich als neuer Vorsitzender in das ÖIAG-Gremium ein.

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"Gescheitert und nicht mehr zeitgemäß" – die SPÖ, die gegen diese Konstellation von Beginn an Sturm lief, würde den Aufsichtsrat lieber heute als morgen neu regeln. "Die Art und Weise der Besetzung des ÖIAG-Aufsichtsrats war ein Versuch der Selbstverwaltung, der offenkundig zur Selbstversorgung für manche Gruppen wurde", kritisiert SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder . Eine Diskussion über die Zukunft der ÖIAG "sollte sinnvollerweise auch das ÖIAG-Gesetz und die Bestellungsmethode des Aufsichtsrates umfassen". Nun sei die ÖVP am Zug, "hier auf uns zuzukommen".

Jetzt wird’s spannend – der schwarze Regierungspartner hat für diese Diskussion tatsächlich ein Ohr. Denn die anfängliche Euphorie ist schon längst in tiefen Frust umgeschlagen. "Der sich selbst erneuernde Aufsichtsrat hat sich nicht bewährt. Da hat sich eine Clique die ÖIAG unter den Nagel gerissen, nach dem Motto: Bring your friends and family", ärgert sich ein VP-naher Spitzenmanager. "Hier geht es immerhin um Eigentum der Steuerzahler. Die Republik hat nichts mitzureden, ist aber verantwortlich. Die ÖIAG ist wie eine Stiftung, auf die der Stifter keinen Einfluss mehr hat", moniert man in der ÖVP.

Freundesvereine

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Wie aber den Spagat schaffen, die Unabhängigkeit irgendwie zu wahren und gleichzeitig der Republik, sprich der Politik, strategisches Eingreifen zu ermöglichen? Eine Variante, die in der ÖVP diskutiert wird: Der Aufsichtsrat legt bei Neubesetzungen einen Dreier-Vorschlag vor und die Hauptversammlung in Person des Finanzministers wählt aus.

Schieder kritisiert "neue Abhängigkeitsverhältnisse". Er liegt damit nicht falsch. Die Hälfte der zehn Kapitalvertreter hat oder hatte enge Beziehungen zum Magna -Konzern des Polit-Newcomers Frank Stronach, daneben gibt es den Dunstkreis von Heinzel und Prinzhorn. Die Feigenblätter dürfen der neue Volksbanken-Chef Stephan Koren, VP, sowie Siemens-Vorstandsfrau Brigitte Ederer, SP, spielen. Nur die beiden gehören zu keinem der Freundesvereine.

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Vorsitzender seit 2006: Peter Mitterbauer. Seine Autozuliefer-Gruppe Miba steht auf der Lieferanten-Liste von Magna. Mitterbauer, bis 2004 Präsident der Industriellenvereinigung, ist auch Prinzhorn als Aufsichtsrat von dessen Holding freundschaftlich verbunden.

Sein Stellvertreter Sigi Wolf, Ex-Magna-Chef und heute Top-Manager im Imperium des russischen Oligarchen Oleg Deripaska, zählt nach wie vor zum engsten Freundeskreis von Stronach. Als bei der Privatisierung der Voest der Geheimplan "Minerva" bekannt wurde, kam Wolf öffentlich unter Beschuss. Der Stahlkonzern sollte an Magna verkauft werden, Stronach und sein Adlatus Wolf spitzten auf die Gustostückerln für die Automobil-Zulieferung. Wolf hatte als ÖIAG-Aufsichtsrat ein grobes Unvereinbarkeitsproblem, "Minerva" war nicht mehr durchzudrücken. Finanzminister Grasser hatte zu diesem Zeitpunkt übrigens ein Rückkehrrecht zu seinem Ex-Arbeitgeber Magna.

Auch ÖIAG-Aufsichtsrat Wolfgang Bernhard kennt Magna gut. Der wieder in den Vorstand von Daimler zurückgekehrte Automanager heuerte 2009 als Berater bei Magna an und kümmerte sich vor allem um den russischen Markt. Dort hatte das Magna-Engagement einen schweren Dämpfer erlitten, Deripaskas Konzern Basic Elements war als Großaktionär ausgestiegen. Im Geschäft miteinander blieb man trotzdem weiterhin.

Traditionell im Magna-Business ist der Schaeffler-Conti-Konzern, dessen Miteigentümerin und Gründer-Witwe Maria Elisabeth Schaeffler 2008 in die ÖIAG geholt wurde. Schaeffler beliefert Magna und als sich die Gruppe mit der Übernahme von Continental fast übernommen hätte, war Magna als Retter im Gespräch.

Eine Vergangenheit bei Magna hat Aufsichtsrat Thomas Winkler, heute Finanzvorstand des Faser-Erzeugers Lenzing. Winkler war zwei Jahre im Management der Magna-Europa-Holding und zuständig für Sonderprojekte von Stronach höchstpersönlich.

Winkler wurde erst heuer in den Aufsichtsrat gehievt, gemeinsam mit der Anwältin Theresa Jordis. Die zuständige Finanzministerin Maria Fekter erhielt lediglich eine lapidare Mitteilung. Jordis wiederum, Tochter des ehemaligen Industrie-Chefs Hans Igler, präsidiert den Aufsichtsrat von Miba, ist im Vorstand der Mitterbauer Privatstiftung und Aufsichtsratschefin der Prinzhorn Holding. Keine gute Optik, monieren Kritiker.

Alexander Riklin, Geschäftsführer der Stahl- und Leichtmetallräder-Gruppe Alcar, steht Heinzel als Vize-Aufsichtsratschef der Heinzel Holding und der Europapier nahe. Im Hause Heinzel trifft er regelmäßig den ehemaligen Papier-Industriellen Wolfgang Pfarl , immerhin auch zweiter Aufsichtsrats-Vizepräsident der Staatsholding. Pfarl ist außerdem noch im Vorstand der Emacs Privatstiftung seines Freundes Heinzel.

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