Wirtschaft

Westbahn fährt Pendler aufs Abstellgleis

Der ÖBB-Konkurrent Westbahn AG erntet heftige Kritik für seine Ankündigung, weitere Aufschläge für Monats- und Jahreskarten bzw. das Top-Jugendticket zu verlangen. Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske fordert, die Westbahn müsse „ihre unsoziale und kundenfeindliche Preispolitik sofort stoppen“. Wer täglich mit der Bahn zur Arbeit oder in die Schule fahre, müsse sich darauf verlassen können, dass die Monats- oder Jahreskarte ohne Preisaufschlag gelte.

Der Aufschlag schlägt sich für die Pendler mit erheblichen Mehrkosten zu Buche. Kostet etwa eine Monatskarte Wien–St.Pölten (einschließlich Kernzone 100 für Wien) 158,50 Euro, kommen bei Fahrten zu Spitzenzeiten in der Früh und am Abend pro Arbeitstag für Hin- und Rückfahrt 4 Euro dazu. In Zahlen: Bei durchschnittlich 22 Arbeitstagen pro Monat macht die Zuzahlung satte 88 Euro aus. Zwischen St. Pölten und Amstetten verteuert sich das Monatsticket durch den Aufschlag von 128 auf 216 Euro. Der Preis für die Einzeltickets bleibt vorerst gleich, von Wien nach Salzburg zahlt man weiterhin 25 Euro, die Fahrt von Wien nach Amstetten zum Normalpreis kostet unverändert 11,80 Euro.

Subventionen

Westbahn-Chef Erich Forster verteidigt die Zuschläge: „Wir sind ein privates Unternehmen und müssen so handeln.“ Denn das Abgeltungssystem im VOR benachteilige Unternehmen wie die Westbahn. Die Abrechnung erfolgt nicht nach der Zahl der Fahrgäste, sondern nach der zur Verfügung gestellten Zug-Kapazität. Forster: „Wenn ich wie die ÖBB Subventionen bekomme, ist es lukrativer, mit mehr und leereren Zügen zu fahren als mit weniger Garnituren, die nicht ausgelastet sind.“ Die Verkehrsverbünde verteidigen das Modell damit, dass bei Abrechnung auf Passagierbasis Hauptstrecken bevorzugt und Nebenstrecken vernachlässigt würden. Den Vorwurf, dass man den Pendlern die Westbahn zu Gunsten voll zahlender Passagiere mit Einzeltickets vermiesen wolle, lässt Forster nicht gelten: „Wir machen 95 Prozent unseres Umsatzes außerhalb der Verkehrsverbünde.“ Dass die Zuschläge die Westbahn als Preistreiber erscheinen lassen, gibt er aber zu.

Für die ÖBB sind Preiserhöhungen wegen des umfangreichen Angebots leichter zu verkaufen. Die ab 1. Jänner geltende Tariferhöhung macht in Summe rund zwei Prozent aus. Auf stark frequentierten Strecken wie WienLinz muss man mit 37,70 Euro um gut acht Prozent mehr berappen als bisher.

Der Ausstieg der Westbahn aus zwei Verkehrsverbünden ist nicht freiwillig passiert. Die etablierten Marktteilnehmer teilen sich über ein hoch kompliziertes, undurchschaubares Tarifsystem das Geschäft untereinander auf, sodass der neue Konkurrent nicht mithalten konnte. Ha, selbst schuld, der geschätzte Mitbewerber hätte sich eben nicht an die Regeln gehalten, frohlocken die Monopolisten. Genau das ist der springende Punkt. Man kann Regeln so aufstellen, dass ein Neuer, der in das System drängt, keine Chance hat. Ähnlich funktioniert es mit der Subventionierung des Bahnverkehrs, die eine Wissenschaft für sich ist. Kurz bevor die Westbahn startete, zementierte das Verkehrsministerium das System mit einem Zehn-Jahres-Vertrag bis 2019 ein. Was die Kunden wollen und ob sie vielleicht lieber eine Alternative hätten, interessierte die Monopolverteidiger in Österreich noch nie.