Obst-Trend: Essfertig für Faule
Von Simone Hoepke
Zur Einstimmung auf die Fruit Logistica verteilt Südtirol im Shuttlebus vom Berliner Flughafen zum Messegelände Apfelspalten. Essfertig, im Sackerl verpackt. "Wie Kaugummi", ätzt ein Konkurrent, erntet von Kollegen aber nur Augenrollen. Einig sind sich dagegen alle, wohin der Trend in der Obst- und Gemüse-Branche geht: Richtung Convenience, also vorverarbeitet.
Salat kommt gewaschen und geschnitten ins Supermarktregal, Spargel geschält in die Gastronomie, Tomaten in Scheibenform zum Bäcker, der damit seine Weckerln belegt. Klingt banal. Ist es aber nicht. Wohl deswegen werden bei der größten Obst- und Gemüsemesse Europas dieser Tage 58.000 Fachbesucher erwartet.
Aus Österreich ist auch die Wiener Firma Wiegert angereist. Sie schneidet für Bäckereien, Imbissketten, Feinkosttheken und die Gastronomie täglich drei Tonnen Tomaten in Scheiben. Dazu kommen unter anderem Schnittlauch oder Paprika. "Die Maschine kann in der Stunde sechs Tonnen Gurken schneiden", erklärt Firmenchef Andreas Wiegert. Nachsatz: "Aber da kommen wir mit dem Befüllen der Anlage nicht nach."
Lasern von Salat
Wiegert will sich auf der Messe eine neue Waschmaschine anschauen. Genau genommen eine Waschstraße für Salat. Salat wird längst nicht mehr händisch gewaschen, sondern von Maschinen, die auf unterschiedliche Waschgänge – etwa Endivien- oder Eissalat – eingestellt werden können. Ist ein Blatt verfärbt, sortiert es die Maschine per Laser aus.
In den Hallen, in denen die Maschinen ausgestellt sind, rattern die Förderbänder und Motoren. Davon völlig unbeeindruckt hält ein Verkäufer von Sortiermaschinen einen Mittagsschlaf – zugedeckt mit einer dicken Daunenjacke. Wie seine Anlage funktioniert, zeigt ohnehin das Video, das in Endlosschleife läuft.
Gegenüber rattert eine Kirschsortieranlage. Die Maschine fotografiert jede Kirsche 30-mal, erklärt der Hersteller, wie Früchte mit Schönheitsfehlern vollautomatisch aussortiert werden. Nur die Schönen landen penibel nach Farbe und Größe sortiert in den Packungen der Handelsketten.
In der Apfelproduktion kommen solche Anlangen schon seit Jahrzehnten zum Einsatz, weiß Fritz Kröpfl vom gleichnamigen steirischen Obsthandel. Auf der Messe hat er heuer viele Anfragen aus dem arabischen Raum. "Eben war ein ägyptischer Großhändler da, der nach Dubai und in die Vereinigten Arabischen Emirate liefert." Aber auch für die Mongolei und Costa Rica hätte es schon Anfragen gegeben.
Die Konkurrenz ist groß. Mit Äpfeln werben gefühlte hundert Länder – von Argentinien bis zu den USA. Größter Produzent Europas ist Polen, gefolgt von Italien und Frankreich, weltweit mischt China ganz vorne mit. 2600 Produzenten aus 84 Ländern tummeln sich hier.
Seelenlos?
Dem Waldviertler Hans Ackerl, Chef der Firma Pur, ist das zu viel. "Die Branche hat sich zu einem Business ohne Seele verselbstständigt", findet der Biohändler. Er trägt ein T-Shirt mit aufgedrucktem Totenkopf und "St. Erdäpfel"-Schriftzug. "Das Leben auf dem Feld fühlt sich doch ganz anders an als diese gehetzten Menschen auf der Messe", sagt Ackerl, der jährlich 20.000 Tonnen Erdäpfel von rund hundert Bauern aus Niederösterreich und dem Burgenland ausliefert – unter anderem an Rewe und Hofer.
Neuerdings brennt er auch Wodka. Weil er etwas machen wollte, "das man nicht schälen muss und das nicht so staubt".
Die Außenminister der EU-Staaten werden sich kommende Woche auch mit einem Thema befassen, das nur selten ihre Agenda berührt: Die Zulassung von Gen-Mais der Sorte "Pioneer 1507" steht bei den "Allgemeinen Angelegenheiten" auf der Tagesordnung.
Wie in Brüsseler Diplomatenkreisen zu hören ist, gibt es unter den Mitgliedsstaaten weiter eine Patt-Stellung: Es gibt weder eine qualifizierte Mehrheit für die Zulassung – noch eine qualifizierte Mehrheit dagegen.
Damit dürfte die Angelegenheit zurück an die EU-Kommission gehen. Sie kann in Fällen wie diesem eine Entscheidung treffen, wenn sich die Länder vorher nicht einigen können.
Die Tendenz der Kommission in der Sache ist klar: Verbraucherkommissar Tonio Borg hat schon verkündet, dass er das genmanipulierte Gemüse genehmigen will.
"Sollte die EU-Kommission den Problem-Mais zulassen, werden wir auf nationaler Ebene handeln und ein Anbauverbot verhängen", sagt Gesundheitsminister Alois Stöger. Neben Österreich überlegt u. a. auch Deutschland ein (regionales) Anbauverbot. An einer EU-weiten Regelung nationaler Anbauverbote bei genmanipulierten Lebensmitteln wird seit Längerem gearbeitet, doch ist das Thema eingeschlafen – auch hier gab es weder eine Mehrheit dafür noch eine dagegen.