Wirtschaft

Oberbank-Chef: "Wir müssen weibliches Potenzial nützen"

Der Banker Franz Gasselsberger über die Förderung von Frauen, Mitarbeiter-Beteiligung und das Kreditrisiko, das so tief ist wie noch nie.

KURIER: Ihr Aufsichtsrat wird von einer Frau angeführt. Sonst haben Sie aber nicht allzu viele Frauen in diesem Kontrollgremium.

Franz Gasselsberger: Knapp ein Drittel sind Frauen. Von einer Quotenregelung halte ich grundsätzlich nichts. Die Tüchtigeren sollen gewinnen. Aber natürlich müssen wir das weibliche Potenzial nützen und uns frühzeitig darum kümmern. Wir haben schon 2010 ein Frauenprojekt etabliert. Man muss die Damen motivieren, sich etwas zuzutrauen. Dafür haben wir eigene Ausbildungsprogramme.

Wie hoch ist der Frauenanteil in der Bank?

60 Prozent. Bei den Führungskräften ist der Frauenanteil jetzt 22 Prozent. Aber es werden mehr. Im Vorjahr waren 40 Prozent bei den Neubestellungen von Führungskräften Frauen. Und wir schauen auch darauf, dass Familie und Beruf vereinbar sind.

Womit zum Beispiel?

Dass es etwa die Möglichkeit zur Teilzeit auch für Führungskräfte gibt. Wir bieten auch Weiterbildung in der Karenz an. Wichtig ist, möglichst viele Damen in Führungspositionen zu bringen. Bei uns kommen sie überwiegend aus dem Haus.

Sie sind schon lange in der Oberbank. Merken Sie in der von Männern dominierten Finanzwelt eine Veränderung?

Ich habe am 20. Juni mein 35. Jahr in der Oberbank begonnen (lacht). Man merkt schon, dass die Gleichberechtigung mehr und mehr zur gelebten Selbstverständlichkeit wird. In Tschechien und der Slowakei ist man da aber viel weiter.

Zur Wirtschaftslage: Spüren Sie als Bank, dass die Konjunktur zunehmend besser läuft?

Die Stimmung in der Wirtschaft ist extrem gut. Aber es gibt überall einen Engpass bei qualifiziertem Personal. Der Personalmangel zieht sich quer durch, auch bei den Klein- und Mittelbetrieben. Das Kreditrisiko ist so tief wie noch nie. Das hat mit der guten Konjunktur zu tun. Aber auch mit den strengeren Regularien. Risikomessung und Risikomanagement sind viel professioneller geworden. Und die Einhaltung der Prozesse wird von der Finanzmarktaufsicht sehr stringent überwacht.

Sie werden sich wohl kaum über Personalmangel beklagen müssen, oder? Sie sperren Filialen auf, während viele andere Banken welche zusperren ...

Uns spielt in die Hand, dass andere Personal abbauen. Trotzdem sind wir jetzt dabei, auch Bachelors aufzunehmen. Nach dem Motto: Mach den Master in der Oberbank. Wir nehmen auch Studienabbrecher, gern aus der IT-Richtung. Die Oberbank hat den Ruf, dass sie sichere Arbeitsplätze bietet.

Wie können Sie Mitarbeiter ans Haus binden?

Zum Beispiel mit einem attraktiven Mitarbeiter-Beteiligungsprogramm. Wir haben da eines der ältesten. Wenn Mitarbeiter fünf Aktien kaufen, bekommen sie die sechste gratis dazu. 2500 Mitarbeiter und 500 Oberbank-Pensionisten halten so Aktien, auf völlig freiwilliger Basis. Das ist eine gute Möglichkeit, dass die Mitarbeiter ein besseres Wirtschaftsverständnis bekommen, am Erfolg teilhaben und ans Unternehmen gebunden werden. Die Oberbank hat bisher 20 Millionen Euro zugeschossen.

Geht die Politik mit dem Kapitalmarkt nicht viel zu stiefmütterlich um?

Eines muss klar sein: Neben dem Kreditmarkt ist der Kapitalmarkt einfach notwendig. Dass er nicht in den Lehrplänen vorkommt, ist unverständlich. Der Ansatz der Politik jetzt, Stiftungen für Mitarbeiterbeteiligungen zu fördern, ist aber ein großer Wurf. Wir warten auf dieses Programm und werden es sicher umsetzen.

Die Oberbank expandiert. Was machen Sie anders?

Der Oberbank geht es deshalb gut, weil die Mitarbeiter motiviert sind. Ein Unternehmer muss auch liefern, er kann nicht nur melken. Wir zahlen in eine Pensionskasse ein, haben ein Gesundheitsförderungsprogramm und passen auf, dass Ältere den Anschluss nicht verlieren. Wir haben eine konsequente Personalentwicklung. Bei meinem Bewerbungsgespräch hat der Personalchef gesagt: "Bei uns können Sie alles werden." Und das stimmt. Alle drei Vorstände sind Eigengewächse.

Sie haben kürzlich wieder eine Filiale in Wien eröffnet. Wie viele sind es jetzt?

In Wien haben wir jetzt 25 Filialen und eine Niederlassung.

Wie schaut die weitere Expansion im laufenden Jahr aus?

In Wien werden heuer zwei weitere Filialen aufgesperrt, in Tschechien zwei und in Ungarn vier.

Die Konjunktur läuft derzeit gut. Wo könnten aus Ihrer Sicht Gefahren lauern, die man beachten sollte?

Wir sollten bei aller Konjunktureuphorie die Entwicklung in den USA genau beobachten. Die Konjunktur ist dort schon reif, die Zinskurve ist viel flacher geworden. Das bedingt, dass der Dollar schwächer werden könnte. Einen Teil der guten Konjunktur in Europa haben wir dem tiefen Euro zu verdanken. Dieser Vorteil wäre dann weg. Ein Thema ist auch China – Stichwort Immobilien- und Finanzierungsblase.

Wenn Sie sich von der nächsten Regierung etwas wünschen könnten, was wäre das?

Eine Schuldenbremse im Verfassungsrang. Dann muss etwas bei der Bildung geschehen. Es gibt zu viele Bildungsverlierer, da liegt viel soziales Konfliktpotenzial. Außerdem eine Pensionsreform mit Abzügen, wenn wer früher – und Zuschlägen, wenn wer später in Pension geht.

Zur Person: Franz Gasselsberger

Der gebürtige Oberösterreicher (Jahrgang 1959) startete 1983 seine Karriere bei der Oberbank. 1998 wurde er in den Vorstand berufen, 2002 zum obersten Chef bestellt. Die Oberbank ist eines der wenigen Institute, die noch mit Filialen im In- und Ausland expandieren. Gasselsberger ist begeisterter Läufer und geht in der schönen Jahreszeit gerne auf Berge. Mit seiner Frau, der Vizechefin des Alpenvereins in OÖ, wird er heuer noch Berge in Indien besteigen. Die beiden haben drei Töchter.