Wirtschaft

Millionenstreit zwischen Stadtwerken und WK

Am 2. Mai ist wieder "Anrudern". Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Wiens Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck eröffnen die Saison an der Alten Donau. Die gemeinsame Bootsfahrt hat Tradition und soll öffentlichkeitswirksam die gute Stimmung zwischen dem Wiener SPÖ-Chef und dem schwarzen Kammer-Präsidenten demonstrieren. Nach dem Motto: Seht her, die Rathaus-Politik und die Wirtschaft sitzen in einem Boot. Häupl ruderte schon mit Rucks Vorgängern Walter Nettig und Brigitte Jank.

Hinter der idyllischen Foto-Kulisse läuft allerdings ein beinhartes Match. Auf der einen Seite steht die Stadt Wien, genau genommen deren Tochter-Konzern, die Wiener Stadtwerke. Eine der größten Unternehmensgruppen Österreichs mit 16.100 Mitarbeitern und knapp drei Milliarden Euro Umsatz. Das Dach der Holding spannt sich über die Wiener Linien, die Wien Energie, die Wiener Netze, die Lokalbahnen, die Wipark-Garagen, die Friedhöfe und die Bestattung Wien.

Gegner sind die Wirtschaftskammer Wien und die Wirtschaftskammer Österreich.

Keine der beiden Seiten will nachgeben. Immerhin geht’s um die Kleinigkeit von 22 Millionen Euro.

Der Grund der Auseinandersetzung reicht ins Jahr 1999 zurück. Häupl ließ damals von seiner Finanzstadträtin Brigitte Ederer die Stadtwerke aus dem Magistrat ausgliedern und in eine Holding AG umwandeln. Die damaligen Mitarbeiter, Beamte und Vertragsbedienstete, wurden zwar den Stadtwerken zugewiesen, blieben aber formal weiterhin Bedienstete der Stadt Wien. Nur neu eintretende Mitarbeiter werden seitdem in einem privatwirtschaftlichen Dienstverhältnis angestellt.

Arbeitgeber müssen für ihre Mitarbeiter die Kammerumlage KU2 bezahlen, eine der wichtigsten Finanzierungssäulen der Wirtschaftskammer-Organisation.

Auch die Stadtwerke bezahlten viele Jahre lang. Stellten sich dann aber auf den Standpunkt, für die der Stadt Wien zuzurechnenden Mitarbeiter – derzeit rund 7000 Beschäftigte – falle keine Kammerumlage an. Mit Berufung auf das "Wiener Stadtwerke Zuweisungsgesetz ". Ein solches Gesetz gibt es tatsächlich.

Die Stadtwerke fordern die bereits bezahlte Kammerumlage zurück, die bei über einer Million im Jahr liegt und sich bis heute auf 22 Millionen summiert hat. 14 Millionen entfallen auf die Wiener Kammer, der Rest auf die Wirtschaftskammer Österreich unter Christoph Leitl. Zum Vergleich: Die Wiener Kammer hat ein Jahresbudget von 100 Millionen Euro. Die Holding hat bereits vor der zweiten Instanz, dem Bundesverwaltungsgericht (jenes Gericht, das gegen den Bau der dritten Piste am Wiener Flughafen entschied) gewonnen. Dabei geht’s noch nicht um viel, die Holding hat nur wenige Mitarbeiter. Die Verfahren in den Mitarbeiter-starken Tochterfirmen laufen derzeit noch.

Damit’s noch etwas komplizierter wird: Auf rechtlicher Ebene wird vor dem Bundesfinanzgericht gefightet. Die KU2 wird nämlich von den Finanzämtern eingehoben und direkt an die Kammern weitergeleitet. Diese hatten in dem Streit bisher nicht einmal Parteienstellung, suchten jetzt aber darum an.

"Völlig unverständlich, dass sich stadteigene Betriebe per Landesgesetz die Regeln selber schreiben und aus der Solidargemeinschaft aller Mitgliedsbetriebe ausscheren wollen", empört sich der Wiener Wirtschaftskammer-Direktor Meinhard Eckl. Stadtwerke-General Martin Krajcsir will mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren dazu lieber überhaupt keinen Kommentar abgeben.

Gewinnen die Stadtwerke, können sie sich über einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber privaten Unternehmen freuen. Die KU2 ist Bestandteil der Lohnnebenkosten und liegt in Wien bei 0,4 Prozent der Beitragsgrundlage. Der Konzern wurde damals mit der Begründung ausgegliedert, sich erfolgreich im freien Markt bewegen zu können. Im heutigen scharfen Wettbewerb zählt jeder noch so kleine Kostenfaktor.

Eine Einigung zwischen den Streithanseln ist nicht abzusehen. Angesichts der bevorstehenden nächsten Reform, die eine selbst verordnete Einnahmensenkung bringt, können die Kammern freiwillig auf keinen Euro verzichten. Die Stadtwerke brauchen ebenfalls jeden Euro, sie müssen die schwere Pensionslast für "ihre" Beamten schultern.

Wäre noch die Kommunalsteuer, eine Gemeinde-Abgabe, die sich von der Bruttolohnsumme der Unternehmen berechnet. Laut dem Zuweisungsgesetz müsste das Rathaus für die beamteten Stadtwerker eigentlich auf diese Einnahme verzichten. Damit die Stadtkasse trotzdem zu ihrem Geld kommt, wurde eine gesonderte gesetzliche Bestimmung geschaffen.