Metaller-Lohnerhöhung: "Schneepflug" für andere Branchen
- Die Metaller erhalten im Schnitt ein Gehaltplus von 3,5 Prozent, für die untersten Gehälter gibtt es 4,3 Prozent und für Lehrlinge bis zu zehn Prozent mehr.
- Zuschläge von 100 Prozent auf die 11. und 12. Arbeitsstunde wurden vereinbart.
- Gewerkschafter und Vertreter politischer Parteien zeigten sich zufrieden.
Nach etlichen, langen Verhandlungstagen war es am Sonntag gegen 21.00 Uhr soweit: Die Verhandlungen um den Metaller-Kollektivvertrag konnten abgeschlossen - und Streiks somit verhindert werden. Die Metalltechnische Industrie (FMTI) hat mit einer starken Lohnerhöhung aber auch die Latte für die anderen Branchen in der herbstlichen Lohnrunde hoch gelegt. Im Schnitt knapp 3,5 Prozent, für die untersten Gehälter 4,3 Prozent und für Lehrlinge bis zu zehn Prozent Gehaltsplus sowie hohe Zuschläge für die 11. und 12. Stunde Arbeit kamen nach 64 Verhandlungsstunden heraus.
Dass der Chefverhandler der Gewerkschaft PRO-GE, Rainer Wimmer, das Ergebnis eine "tolle Geschichte" nennt, ist wenig überraschend. Aber auch auf der Arbeitgeberseite sagte der Fachverbandsobmann der FMTI, Christian Knill, im ORF-Morgenjournal: "Wir haben unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einen verdienten hohen Abschluss zukommen lassen beziehungsweise ausverhandelt." Außerdem spricht Knill davon, dass im Rahmenrecht Verbesserungen nötig gewesen seien, "das haben wir mit den Gewerkschaften jetzt ausverhandelt", auch wenn das von der Gewerkschaft so kritisierte Arbeitszeitgesetz die FMTI-Betriebe wenig betreffe. Knill sagte, das Ergebnis sei "am oberen Limit, aber ich bin froh, dass es jetzt endlich vorbei ist."
"Abschluss am oberen Rand"
Ähnlich sieht dies Helmut Hofer, Arbeitsmarktexperte am IHS. "Wenn man das nächste Jahr sieht, ist der Abschluss sicher am oberen Rand", sagte er auf APA-Anfrage. Nehme man aber auch das abgelaufene Jahr als Maßstab, sei die Einigung sicher verkraftbar. Die Zuschläge von 100 Prozent auf die 11. und 12. Arbeitsstunde entsprächen der "österreichischen Logik" der Arbeitnehmer: "Wir sind durchaus bereit, etwas mehr zu arbeiten, aber dafür wollen wir auch etwas haben."
Während Knill sagt, dass die Warnstreiks nur Geld gekostet hätten und für die Verhandlung unwichtig gewesen seien, glaubt Wimmer, "nur so, mit diesem Druck, mit diesen Warnstreiks, mit diesen vielen Versammlungen, ist es wirklich erst gelungen hier Bewegung hineinzubekommen". Besonders wichtig seien die Erhöhung der untersten Einkommen um 4,3 Prozent und die Verbesserungen im Rahmenrecht mit Zuschlägen von 100 Prozent ab der 11. Stunde, "weil, wenn wir schon gezwungen werden länger zu arbeiten, elfte und zwölfte Stunde, dann wollen wir auch ein ordentliches Geld haben".
Bahn-KV-Verhandlungen in achter Runde
Wimmer sieht sich als " Schneepflug" für andere Branchen und das wird auch die spannende Frage bei anderen KV-Verhandlungen in den nächsten Wochen. Traditionell haben seit der Auftrennung der verschiedenen Bereiche der Metaller in getrennte KV-Verhandlungen alle Fachverbände praktisch mit dem gleichen Ergebnis abgeschlossen. Es bleibt abzuwarten, ob das heuer auch so sein wird. Aber auch andere Branchen dürften sich das FMTI-Ergebnis genau anschauen - auch wenn vermutlich kein ganz so hoher Abschluss herauskommen wird. Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, gratulierte den Metallern gleich einmal, auch er hat in den Bahn-KV-Verhandlungen, die diese Woche in die achte Runde gehen, wie die Metaller ursprünglich 5 Prozent mehr Lohn und Verbesserungen in den Rahmenbedingungen gefordert.
Hofer erwartet jedenfalls nicht, dass Branchen wie der Handel ebenfalls eine Lohnerhöhung von 3,5 Prozent aushandeln können, denn dort schlagen Lohnerhöhungen viel stärker auf die Kosten durch, als in der kapitalintensiven Metallbranche. Sollte es in den anderen Branchen zu Abschlüssen von zwei bis drei Prozent kommen, dann sei auch kein Druck auf die Inflation zu erwarten. Nur wenn es gesamtwirtschaftlich zu 3,5 Prozent Lohnerhöhung käme, könnte das zu Preisdruck führen.
Alle KV-Abschlüsse betreffen immer den Bruttolohn. Netto bringe dieser Abschluss einem Arbeiter mit Durchschnittslohn nur 2,8 Prozent mehr am Lohnzettel, kritisiert die Agenda Austria auf Basis eigener Berechnungen. Die Abgaben und Steuern würden dagegen um 4,2 Prozent steigen. "Hauptgewinner ist also der Staat", so der Schluss der Agenda Austria.
Lob von politischer Seite
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz Christian Strache ( FPÖ) begrüßten die Metaller-Einigung in einer gemeinsamen Stellungnahme am Montag. "Der Lohnabschluss zeigt, dass es mit Verantwortung und Dialogbereitschaft immer gelingen kann, eine Lösung am Verhandlungstisch zu erzielen", so Kurz, damit würden Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber gewahrt. Strache schreibt: "Es ist wichtig und richtig, dass alle vom Aufschwung gleich fair profitieren. Das ist der bewährte österreichische Weg, der die letzten Jahre leider zu oft verlassen wurde."
WKÖ-Präsident Harald Mahrer nannte den Abschluss ein "tragfähiges Gesamtpaket". Die Lohn- und Gehaltserhöhung halte die Belastungen für Unternehmen "noch in Grenzen" und gebe den Betrieben "weiterhin Spielraum für zukünftige Entwicklungen". Das Ergebnis sei für beide Seiten vernünftig und habe "die Kompromissfähigkeit der Sozialpartner unter Beweis gestellt".
Auch die designierte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat am Montag den positiven Lohnabschluss der Metaller "sehr begrüßt". Am Rande eines Pressegesprächs verwies Rendi-Wagner darauf, dass die Metaller doch eine männlich dominierte Branche sind und äußerte den Wunsch, dass auch frauenspezifische Branchen wie etwa der Handel oder die Pflegeberufe nachziehen.