Wirtschaft

Meinl-Krimi: Mutmaßlicher MEL-Anlegerschaden 1,69 Milliarden Euro

Vor zehn Jahren wurde das Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Meinl Bank rund um den Anlageskandal Meinl European Land (MEL) eröffnet, jetzt liegt der Abschlussbericht der „Soko Meinl“ vor. Das Ermittlungsverfahren richtet sich gegen 14 Personen, die Meinl Bank und vier weitere Gesellschaften. Der Verdacht: unter anderem Betrug, schwerer Betrug und schwerer gewerbsmäßiger Betrug. Die Vorwürfe werden bestritten.

Auf 894 Seiten haben die Ermittler des Landeskriminalamts Niederösterreich die komplexe Verdachtslage zur börsennotierten Immobilienholding MEL  zusammengefasst. Dazu werden 1753 Unterlagen angeführt, darunter mehr als ein Dutzend Urteile des Obersten Gerichtshof (OGH). Die Ermittler haben an die 6000 Gigabyte Daten durchforstet, das entspricht etwa 3,3 Millionen Büchern. Um diesen Datenberg bewältigen zu können, mussten die Ermittler eine spezielle Recherche-Software einsetzen. Untersucht wurden die Emissionen der börsennotierten MEL-Zertifikate in den Jahren 2005 bis 2007.

„Vorbehaltlich gutachterlicher Feststellungen beträgt - dem Verdacht nach - der Schaden am effektiven Vermögen der Aktionäre (...) 1,69 Milliarden Euro“, heißt es auf Seite 27 im Abschlussbericht. Die damaligen Verwerfungen am Finanzmarkt sind in dieser Berechnung bereits berücksichtigt. Den Beschuldigten werden "Täuschungshandlungen" vorgeworfen.

Mit Schaden gemeint ist der Kurs- bzw. Wertverlust, den zumindest rund 100.000 MEL-Anleger nach Platzen des Skandals Ende Juli 2007 erlitten haben. Damals kam ans Tageslicht, dass die MEL 88,81 Millionen Wertpapiere, die am Markt nicht platziert werden konnten, mithilfe eines Investmentvehikels selbst gekauft hatte. Die Anleger wussten bis dahin von diesem Rückkauf aber nichts.

 

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Laut Ermittler soll „der gesamte Markt getäuscht“ worden sein. Folglich soll es zu „fehlgeleiteten Handelsaktivitäten“ und zu einem „allfällig künstlich herbeigeführten Kursniveau der MEL-Zertifikate“ gekommen sein. Der Börsenkurs war demnach zu hoch. Laut Abschlussbericht sollen die Anleger „über wesentliche Parameter getäuscht worden sein, die sie zu einer Investition verleiteten, die sie sonst nicht getätigt hätten“. Und weiter heißt es: "Es besteht der begründete Verdacht, dass es externen Personen, sprich Kleinanlegern, geradezu unmöglich gewesen wäre, Täuschungshandlungen, etwa durch Werbebroschüren oder Ad-hoc-Meldungen, als solche zu erkennen".

Spannend erscheint auch, dass die Immobilienholding MEL in den Jahren 2002 und 2008 rund 700 Millionen Euro an verschiedenen Gebühren an die Meinl Bank bzw. deren Tochter MERE abgeführt haben soll. Ab 2004 sollen „diese zu leistenden Gebühren die Einnahmen aus der Vermietung, dem Kerngeschäft der MEL, überstiegen haben“, so die Ermittler.

Die Bank soll somit mehr erhalten Geld erhalten haben, „als die MEL in ihrem Kerngeschäft ins Verdienen bringen“ konnte.

„Warum seitens der MEL-Verantwortlichen eine derartige (wirtschaftlich nicht nachvollziehbare) Kapitalverwendung betrieben wurde, ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht nachvollziehbar“, stellen die Ermittler auf Seite 61 fest. Die Verantwortlichen hätten zugestimmt, diese Gebühren zum Nachteil der MEL, aber zum Vorteil der Meinl Bank zu verrechnen, wird weiter behauptet. Diese hohen Gebühren sollen einem Geschäftsvergleich unter fremden Unternehmen nicht standhalten.

Meinl Bank kontert

Bei der Meinl Bank reagiert man Stunden nach der KURIER-Anfrage um eine Stellungnahme mit einer öffentlichen Aussendung. „Der Abschlussbericht in wiederholt unsubstantiierte Vorwürfe, enthält keinerlei Substanz und strotzt vor Rechenfehlern, Zirkelschlüssen und falschen Fakten“, teilt die Meinl Bank in einer Aussendung mit. „Dieser Bericht stellt einen letzten untauglichen Versuch der Staatsanwaltschaft Wien dar, das vollkommen totgelaufene MEL Verfahren nochmals zu skandalisieren, aufzuwärmen  und zehn Jahre sinnlose Verschwendung von Steuergeldern zu rechtfertigen bzw. zu vertuschen.