Mehr Wind, mehr Photovoltaik: EVN baut Erneuerbare aus
Der börsennotierte niederösterreichische Energieversorger EVN baut die Erneuerbaren-Stromerzeugung aus. Neben Wind spielt künftig auch Photovoltaik eine wichtige Rolle, erzeugen wollen die Niederösterreicher den Sonnenstrom zu einem großen Teil bei ihren bestehenden Kraftwerken. Im ersten Halbjahr hat die EVN Gewinn und Umsatz gesteigert. Der Energiebedarf war wegen der niedrigeren Temperaturen höher. Das Umsatzplus kam vor allem aus dem internationalen Projektgeschäft.
Das Investitionsprogramm der EVN sieht in den nächsten Jahren bis zu 450 Mio. Euro im Jahr vor, davon rund drei Viertel in Niederösterreich. Der Großteil der Investitionen wird mit 270 bis 300 Mio. Euro in die Netze (inklusive Telekom) gehen. Rund 100 Mio. Euro sind für Ökostrom vorgesehen. Der Rest soll in die Trinkwasserversorgung fließen.
Bei der Windkraft sei die EVN ihrem Ziel einer installierten Leistung von 500 Megawatt (MW) bis Ende 2023 wieder ein Stück näher gekommen, so EVN-Vorstand Franz Mittermayer. Ende des ersten Halbjahres (per 31. März) waren es 376 MW. Die EVN ist zuversichtlich, dabei vor dem Sommer auf rund 400 MW under Management zu kommen, so EVN-Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz. Deutlich ausgebaut wird die Erzeugung von Sonnenstrom in den Kernmärkten. Ziel seien dabei 100 MW über die nächsten Jahre. Errichtet werden sollen die Photovoltaik-Anlagen zu einem guten Teil auf eigenen Flächen wie den bestehenden Kraftwerksstandorten. Eine erste Anlage wurde auch schon in Nordmazedonien errichtet. Die EVN setzt auch weiterhin auf Biomasse: So wird in Krems gerade eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage um rund 40 Mio. Euro errichtet, die Wärme für bis 30.000 Haushalte und Strom für 15.000 Haushalte liefert.
Der Einbau der digitalen Stromzähler kommt voran. Die flächendeckende Ausrollung wurde im Herbst vergangenen Jahres gestartet. Vor dem Sommer sollen rund 300.000 Smart Meter installiert sein, insgesamt müssen rund 800.000 Zähler getauscht werden.
Die Covid-19-Pandemie habe sich dank des integrierten Geschäftsmodells und der breiten Kundendiversifikation bisher nur punktuell auf die Geschäfts- und Ergebnisentwicklung ausgewirkt, so die EVN. Investitionen im Segment Netze habe man während des ersten Halbjahres 2020/21 bereits teilweise wieder aufholen können. Nationale Lockdowns, Reisebeschränkungen und Beeinträchtigungen internationaler Lieferketten erschwerten jedoch das internationale Projektgeschäft.
Im ersten Halbjahr 2020/21 hat die EVN weniger Strom erzeugt als im Vorjahreszeitraum. Dabei stand einem deutlich niedrigeren Windaufkommen ein überdurchschnittliches Wasserangebot gegenüber. Die Stromerzeugung ging um 3,1 Prozent auf 2.079 Gigawattstunden (GWh) zurück, davon entfielen 1.112 GWh (Vorjahr: 1.155 GWh) auf die erneuerbare Erzeugung. Der Erneuerbaren-Anteil lag bei 53,5 (53,8) Prozent. Die Stromerzeugung in den Wärmekraftwerken ist wegen einer geringeren Anzahl an Abrufen des Kraftwerks Theiß zur Netzstabilisierung um 2,4 Prozent auf 968 GWh gesunken. Im ersten Halbjahr 2020/21 waren es 28 Abrufe, im Vorjahreszeitraum 46.
Im internationalen Projektgeschäft hat die EVN zwei Aufträge im Wasserbereich in Rumänien und Polen mit einem Volumen von je 12 Mio. Euro bekommen. Per Ende März arbeitete die EVN-Tochter WTE Wassertechnik in den Bereichen Abwasserentsorgung/Trinkwasseraufbereitung und thermische Klärschlammverwertung an der Planung und Errichtung von neun Projekten in Deutschland, Polen, Litauen, Rumänien, Bahrain und Kuwait. Dazu kommen drei weitere Klärschlamm-Verwertungsprojekte im Rahmen eines Joint Ventures in Deutschland. Beim Großprojekt in Kuwait geht es - nach coronabedingten Herausforderungen wie Reisebeschränkungen - voran. Die vorbereitenden Maßnahmen seien von lokalen Firmen durchgeführt worden, der Rohrtransport aus Asien funktioniere, hieß es heute. Das Projekt umfasst die Errichtung einer Kläranlage und eines Kanalnetzes. Der Auftrag im Volumen von rund 1,5 Mrd. Euro ging an ein Konsortium, dem je zur Hälfte die WTE und ein kuwaitischer Finanzinvestor angehören. Die WTE fungiert als Generalunternehmer.
Gewinn und Umsatz sind im ersten Halbjahr gestiegen. Das Konzernergebnis erhöhte sich um 15,3 Prozent auf 176,0 Mio. Euro. Das EBITDA lag mit 535,8 Mio. Euro um 37,8 Prozent über dem Vorjahreswert. Das EBIT stieg um 10,3 Prozent auf 254,5 Mio. Euro. Der Energiebedarf war witterungsbedingt in allen drei Kernmärkten höher als im Vorjahreszeitraum und lag in Österreich auch über dem langjährigen Durchschnitt, wie die EVN heute mitteilte.
Die Umsatzerlöse wuchsen um 7,6 Prozent auf 1,285 Mrd. Euro. Zurückzuführen war dies vor allem auf das internationale Projektgeschäft und dabei auf das im Sommer 2020 gestartete Kuwait-Projekt. Zuwächse gab es zudem im Netzbetrieb - neben der kühleren Witterung wirkten sich hier die per 1. Jänner 2021 von der Regulierungsbehörde E-Control in Österreich festgelegten höheren Netznutzungsentgelte aus. Gegenläufig dazu wirkten geringere Bewertungseffekte aus Absicherungsgeschäften für die Stromerzeugung sowie geringere Umsatzerlöse aus dem Erdgashandel.
Der Ausblick wurde heute bestätigt: Unter der Annahme durchschnittlicher energiewirtschaftlicher Rahmenbedingungen erwartet die EVN für das Geschäftsjahr 2020/21 ein Konzernergebnis in einer Bandbreite von etwa 200 bis 230 Mio. Euro. Der weitere Verlauf der Coronakrise und daraus folgende gesamtwirtschaftliche Auswirkungen könnten einzelne Geschäftsbereiche der EVN und damit die Ergebnisentwicklung des Konzerns jedoch negativ beeinflussen.