Mehr Wettbewerb – rezeptfrei
Von Anita Staudacher
Ab Juni 2015 dürfen auch aus Österreich rezeptfreie Medikamente versendet werden. Laut Branchenschätzungen werden bis zu 100 heimische Apotheker diese Chance nutzen und auch online an den Start gehen. Durch die Neueinsteiger rechnet Pharma-Dienstleister IMS Health mit einer Verdoppelung des Versandhandelsanteils am Gesamtmarkt für rezeptfreie Produkte von derzeit vier auf acht Prozent. Das Gesamtvolumen liegt bei mehr als einer halben Milliarde Euro.
Dennoch würden die Online-Apotheken den Markt in Österreich voraussichtlich nicht im Sturm erobern, glaubt IMS-Health-Österreich-Verantwortliche Erika Sander und verweist auf Deutschland, wo der Versandhandel bereits seit zehn Jahren möglich ist. Dort hätten zu Beginn der Liberalisierung 1200 Apotheken eine Versandhandelslizenz gelöst, 800 seien dann wirklich eingestiegen. Heute teilen sich 30 Anbieter den Markt auf. Diese sind aber keine Apotheken im klassischen Sinn, sondern Spezialgroßhändler. "Legt man diese Zahlen auf Österreich um, werden im Wesentlichen ein bis zwei große Versandapotheken den heimischen Markt bedienen", schätzt Sander. Derzeit wird Österreich von großen Versendern wie Zur Rose, MyCare oder Vamida aus dem benachbarten Ausland beliefert.
Preiskampf
Laut aktueller IMS-Erhebung bieten Versandapotheken einzelne Präparate um bis zu 40 Prozent billiger an als stationäre Apotheken. Diese spüren den Preiskampf vor allem bei Erkältungs- bzw. Schmerz- und Rheumamittel. Beide Produktgruppen zählen online wie stationär zu den meistverkauften. Top-Seller bei Online-Orders sind aber auch Diätprodukte und "Präparate, die einem unangenehm sind" (Sander), etwa Anti-Pilz- oder Haarwuchsmittel.
Der Preis ist laut Sander nur ein Argument für den Versand, den Österreichern sei auch eine gesamtheitliche Betreuung in Arzneimittelfragen wichtig. Sie glaubt daher, dass Österreich hinter dem Online-Marktanteil in Deutschland von zwölf Prozent zurückbleiben wird.
Eine Einschätzung, die auch Apothekerverbands-Präsident Christian Müller-Uri teilt. Mehr Wettbewerb werde es natürlich geben, auf einen Preiskampf bei rezeptfreien Arzneien wolle man sich aber nicht einlassen: "Apotheken sind in Österreich klassische Nahversorger, das verträgt sich nicht mit Preisschlachten via Internet." Ein Apothekersterben wie in Deutschland, wo die Zahl der Standorte kontinuierlich sinkt, fürchtet er nicht. Der Online-Konkurrenz soll die im Vorjahr gestartete Online-Plattform apodirekt.at Paroli bieten, an der die Hälfte der Apotheker angeschlossen sind. Hier können Arzneien aber nur bestellt und in der Apotheke abgeholt werden, ein Versandhandel ist nicht geplant.