Mehr Perspektiven für Langzeitarbeitslose
Von Anita Staudacher
Zwei ganz normale Supermärkte und doch anders: In Wien-Favoriten betreibt Spar in Kooperation mit der Caritas und dem AMS Wien zwei Filialen mit „sozialem Mehrwert“. Die Märkte bieten so genannte Transitarbeitsplätze für langzeitarbeitslose Frauen und Männer. Diese durchlaufen in sechs Monaten möglichst alle Bereiche in der Filiale – über Kassa über Feinkost bis zur Regalbetreuung, um danach im Idealfall in ein reguläres Dienstverhältnis im Handel zu wechseln.
Spar-Vertriebsleiter Wolfgang Helm zieht eine positive Zwischenbilanz: „Von 105 übernommenen Mitarbeitern sind noch 75 in einem Dienstverhältnis bei uns, drei haben inzwischen Führungspositionen.“ Spar ist nur ein Beispiel von einer gelungenen Kooperation zwischen sozialer Einrichtung und regulärem Betrieb im Kampf gegen die steigende Langzeitarbeitslosigkeit bei Älteren. Ein noch besserer Schulterschluss ist das Ziel der Wiener „Jobmesse Perspektive“, die am Dienstag zum zehnten Mal stattfand. Bei der Messe im Wiener Rathaus können sich Arbeitslose über die diversen Unterstützungsmaßnahmen informieren.
Alarmierende Zahlen
Die Zahlen sind alarmierend: Allein in Wien hat sich die Zahl der Arbeitslosen der über 50-Jährigen in zehn Jahren von 14.259 auf 32.654 mehr als verdoppelt. Knapp die Hälfte davon war im Vorjahr länger als ein Jahr auf Jobsuche. Hier kommen sozial integrative Betriebe wie Trendwerk, JobTransfair oder itworks ins Spiel, die Langzeitbeschäftigungslose beraten, qualifizieren und als Transitarbeitskräfte beschäftigen.
Einer der Firmenpartner von itworks ist die Tauber Brötchen Manufaktur, die regelmäßig über 50-Jährige aufnimmt. „Wir haben nur positive Erfahrungen mit älteren Mitarbeiter. Sie sind zuverlässiger, serviceorientierter und loyaler“, berichtet Personalverantwortliche Ingrid Nowotny. Schon die Hälfte der 180 Mitarbeiter seien über 50. Auch das Vorurteil, Ältere seien öfter im Krankenstand, könne sie nicht bestätigen. Im Gegenteil. Sie seien weniger oft krank als die Jungen.
„Die sozialintegrativen Betriebe arbeiten nicht abgekoppelt vom Wirtschaftsleben“, betont Swantje Meyer-Lange, Vorsitzende des Dachverbandes arbeitplus Wien, der 32 Träger-Organisationen vertritt.
Trainingsplätze
Neu sind 500 so genannte Trainingsplätze für Langzeitarbeitslose. „Dort können sich Menschen, die lange aus dem Erwerbsprozess draußen sind, an den Arbeitsalltag gewöhnen“, erläutert AMS-Wien-Chefin Petra Draxl. Dem AMS wurden zuletzt die Budgetmittel für sozialintegrative Betriebe gekürzt.
Joboffensive 50plus
Erst am Montag präsentierte die Stadt Wien die "Joboffensive 50plus", mit der 500 über 50 Jahre alte Arbeitslose eine befristete Arbeitsstelle erhalten sollen. Voraussetzung ist eine mindestens dreimonatige Vormerkung beim AMs. Die Stadt sieht die Aktion als Fortsetzung der von der türkis-blauen Regierung vorzeitig abgesetzten "Aktion 20.000" gegen Langzeitarbeitslosigkeit.
Die Aktion läuft bis Ende 2020. Insgesamt wurden 1.800 offene Stellen von 65 Organisationen eingemeldet - ein großer Teil davon von der Gemeinde oder von stadteigenen Unternehmungen wie den Wiener Linien, dem Fonds Soziales Wien oder dem Krankenanstaltenverbund. Die Kosten in der Höhe von 12,2 Mio. Euro übernimmt zu zwei Dritteln das AMS, das restliche Drittel stellt die Stadt über den Wiener Arbeitnehmerförderungsfonds (waff) bereit.