Wirtschaft

Mehr Druck auf Steueroasen

Heinz Zourek war bis vor Kurzem Generaldirektor für Steuern in der EU-Kommission. Der österreichische Ökonom ist jetzt Berater von Steuer- und Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici und Mastermind der EU-Politik in Sachen Steuern.

KURIER: Herr Zourek, was lernt die EU aus den Panama Papers?

Heinz Zourek: Für unser Bemühen, aggressive Steuerpraktiken zu verhindern, ist das eine starke Mobilisierung der Öffentlichkeit und der Politik. Der Druck auf Steueroasen, schädliche Praktiken einzustellen, wird höher. Panama-Leaks zeigt nicht nur, wie Unternehmen Steuern vermeiden, sondern wie zwielichtige oder illegale Geschäfte bis hin zu Korruption gemacht werden.

Ist Österreich transparent?

Österreich hat jahrelang blockiert, dass die Kommission ein Mandat bekommt, um mit der Schweiz über das Ende des Bankgeheimnisses zu verhandeln. In der Vergangenheit war Österreich massiv gegen Transparenz. Es hat seine Haltung in den vergangenen zwei Jahren geändert. Österreich ist kein Schurkenstaat. Es gibt aber Regeln, die so attraktiv sind, dass sich hier sehr Wohlhabende ansiedeln. Man kann aber nicht sagen, das sei intransparent.

Was bietet Österreich?

Das Stiftungsrecht, das sehr attraktiv für Reiche ist.

Zuerst die Lux-Leaks-Affäre, dann die Panama Papers. Hat die EU zu wenige Regelungen?

Die Problematik ist nicht so sehr, dass Staaten als Vehikel zur Steuervermeidung dienen. Luxemburg hat Firmen individuell niedrigere Steuern angeboten. Dabei geht es weniger um ein besonders attraktives allgemeines Steuersystem an sich, sondern vielmehr darum, dass sich einzelne Unternehmen Sonderbedingungen sichern konnten und damit im Vergleich zu ihren Mitbewerbern einen unlauteren Vorteil erhalten haben, der obendrein noch zulasten der Steuerzahler in anderen Ländern gewährt wurde.

Worauf richten Sie in der Kommission den Fokus?

Das Hauptaugenmerk ist auf jene Staaten gerichtet, die solche schädlichen Steuerkonstruktionen systematisch ermöglichen. Die G20 und die OECD haben sich durchgerungen, weltweit Transparenzregeln einzuführen. Wir haben mit der OECD zusammengearbeitet, oder auch bilateral mit der Schweiz, mit Monaco oder anderen Ländern verhandelt. Wir haben nicht erreicht, dass Drittstaaten, die sich zweifelhaft benehmen, einheitlich behandelt werden. Mehr als die Hälfte der Mitglieder hat keine schwarze Liste, auch Österreich nicht. Manche sagen, dass sei keine Zuständigkeit der EU, andere verfolgen bestimmte Interessen.

Sind Sie für eine Mindestbesteuerung von Gewinnen?

Es gibt eine Diskussion, einen Mindeststeuersatz für Gewinne von zum Beispiel zwölf Prozent einzuführen. Die Kommission möchte keine Mindestbesteuerung festsetzen. Wir haben Regelungen, die in einem Steuerwettbewerb hinnehmbar, aber kein Missbrauch sind. Irland hat niedrige Körperschaftssteuern, weil es peripher gelegen ist.

Durch Steuerhinterziehung gehen der EU jährlich 50 Milliarden Euro verloren. Wie wollen Sie diesen gesellschaftlichen Schaden verhindern?

Veröffentlichungen wie die Panama Papers sind sehr hilfreich, wenn man einen höheren Grad an Fairness und Moral durchsetzen möchte.

Nach den Enthüllungen von Offshore-Geschäften international prominenter Politiker und Unternehmer wird auch in Österreich heftig über mögliche Konsequenzen diskutiert. Die SPÖ fordert ein generelles Verbot solcher Bank-Geschäfte. Andreas Ittner, Vize-Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), hält davon nichts.

"Wir können solche globalen Finanzströme auf diese Weise nicht abdrehen", betonte Ittner. Es müsse genügen, dass Banken so ein Geschäft ablehnten, wenn der Kunde nicht ausreichend erklären könne, aus welcher Quelle das Geld stamme. "Österreich ist und wird nicht der Finanzplatz sein, auf dem sich dubiose Personen wohl fühlen. Unredlich zustande gekommene Einkommen dürfen nicht in den Geldkreislauf gelangen. Aber garantieren können wir nicht, dass wir jeden einzelnen erwischen", führte Ittner aus.

Den heimischen Banken stehen laut Ittner schwierige Zeiten bevor, auch wenn sie 2015 mit 5,2 Milliarden Euro um 4,6 Milliarden mehr verdient hätten als 2014. Die niedrigen Zinsen und Konkurrenz von Fintechs setzen den Geldhäusern zu.