Wirtschaft

Lidl: "Wir sind ja kein Museum"

Auffällig viele Arbeiter im Lager von Lidl scheinen Selbstgespräche zu führen. Sie stehen an den Hochregalen, sagen Nummern auf, stapeln Artikel auf Paletten, steigen auf ihre Wägen und fahren zügig weiter. Wohin, sagt ihnen eine Stimme aus dem Headset, die auch gleich dazusagt, wie viel Stück der Ware sie für eine Filiale einpacken sollen.

Pick-per-Voice heißt das System, bei dem Kommissionierer alles angesagt bekommen und so keine Zeit mehr beim Checken von Listen verlieren. Das reduziert auch die Fehlerquote. Was erledigt ist, sagen die Lagerarbeiter per Headset dem Computer an – und weiter geht’s. Zeit ist schließlich Geld. Speziell im Diskont-Geschäft.

Lidl, größter deutscher Lebensmittelhändler und Nummer 4 weltweit, hat aktuell 202 Standorte in Österreich. Wachstumspotenzial sieht Lidl-Österreich-Chef Alexander Deopito vor allem noch in der Bundeshauptstadt. "Derzeit haben wir in Wien 27 Filialen, ich sehe Potenzial für doppelt so viele", so Deopito im KURIER-Gespräch. Derzeit baut der deutsche Diskonter in der Nähe von Graz ein drittes Logistikzentrum um knapp 60 Millionen Euro.

Lebkuchenzeit

Das Lidl-Lager im burgenländischen Müllendorf beliefert insgesamt 109 Filialen in Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark. Durch die Halle, in der problemlos 25 Sportschwimmbecken Platz hätten, werden bis zu 60 Kommissioniergeräte gleichzeitig gelenkt. Bei einem der 41 Eingangstore wird gerade Lebkuchen angeliefert, mannshoch auf Paletten gestapelt. "Der kommt jedes Jahr pünktlich zum Schulbeginn in die Geschäfte", klopft Deopito auf einen der Kartons. "Im September läuft das Geschäft mit Lebkuchen besonders gut. Sonst würden wir ihn ja nicht anbieten. Wir sind schließlich ein hocheffizienter Supermarkt und kein Museum."

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Hocheffizient – das heißt vor allem keine leeren Kilometer. So werden die Artikel für die einzelnen Filialen in der Reihenfolge auf die Paletten gestapelt, in der sie in den Filialen entnommen und in die Regale sortiert werden. Das funktioniert, weil alle Filialen nach dem gleichen Schema aufgebaut sind.

Mitarbeiter in den Büros beobachten ständig die Verkaufszahlen in den Filialen und rechnen hoch, wie sich die Nachfrage in den nächsten Tagen entwickeln wird. Dazu haben sie einige Erfahrungswerte. Vor einem sonnigen Sommerwochenende steigt die Nachfrage für Grillfleisch um das Zehnfache, vor den Weihnachtsfeiertagen schnellen die Verkaufszahlen von Schlagobers oder Mascarpone um das Siebenfache nach oben.

Backshops

In der Halle, in der Brot und Gebäck lagert, tragen die Mitarbeiter dicke Anoraks und schwarze Sturmhauben. Trotz Temperaturen von minus 28 Grad sind die Jobs dort beliebt – wegen der Zulagen. Der Diskonter ist in Österreich früh mit eigenen Backshops gestartet und verkauft mittlerweile rund 90 Prozent des Gebäcks frisch gebacken. Derzeit baut Lidl rund ein Fünftel seiner Filialen um und aus – auch, um die Backshops zu optimieren.

Die deutsche Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) ist im Vorjahr mit einem Jahresumsatz von 74 Milliarden Euro zum viertgrößten Einzelhändler der Welt aufgestiegen. Noch mehr Geschäft machten nur die US-Ketten Wal-Mart, Costco sowie die französischen Supermärkte von Carrefour. Der Hofer-Mutterkonzern Aldi rangiert demnach weltweit an achter Stelle.

Lidl ist im Besitz der Familie Schwarz. Firmengründer Dieter Schwarz wird immer wieder unter den fünf reichsten Deutschen gereiht. Gegründet hat er das Unternehmen in den 1970er-Jahren, mittlerweile ist es auf ein Imperium mit knapp 10.000 Standorten in ganz Europa angewachsen.
Der Diskonter verkauft derzeit europaweit französische Weine zu Preisen von bis zu 349 Euro. Lidl habe „den Grands-Crus-Markt für einzelne Jahrgänge so gut wie leergefegt“, sagte ein Branchenkenner der Lebensmittelzeitung zu der Aktion. Für Österreich wurden 150.000 Flaschen bestellt.