Laos: Bohne ist nicht gleich Bohne
Von Stefan Schocher
Khampong ist Kaffeebauer. Er ist auch Ortschef des Dorfes Porkhem mit seinen 341 Familien auf dem Bolaven-Plateau. Das Dorf ist eine Ansammlung von Holzhütten, die nur über eine schmale Straße mit der Außenwelt verbunden ist. Und Khampong ist vor allem auch eines: Er ist Vorsitzender einer lokalen Produktionsgruppe der Kaffee-Kooperative AGPC mit Hauptsitz Pakse.
Ein Groschengeschäft, von dem die gesamte Region lebt. Rund 20 Eurocent bringt ein Kilo Kaffeebohnen auf dem lokalen Markt. Oder anders gesagt: So viel bezahlen Zwischenhändler, die alles tun, um den Preis zu drücken. Für Kleinbauern, die von diesen Erträgen ein Jahr durchkommen müssen, ist der Anbau damit vor allem beim Pingpong der Weltmarktpreise oft ein Nullsummenspiel.
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Alles in allem rund das Doppelte schaut für die Bauern der AGPC-Kooperative heraus. Der entscheidende Unterschied: AGPC verkauft Kaffee direkt an europäische Abnehmer. Und das unter dem Fairtrade-Gütesiegel. Zudem hat sich die Kooperative als Bio-Produzent zertifizieren lassen. Zwischenhändler fallen weg, der Kaffee erzielt einen höheren Preis – für die Bauern ein weitaus besseres Geschäft.
In Porkhem, so erzählt der Dorfchef, wurde durch die Prämie die Schule modernisiert und ein Gesundheitszentrum gebaut. Auf genaue Zahlen will sich der Bürgermeister nicht festlegen, aber durchblicken lässt er, dass die Prämie einen großen Teil des Dorf-Budgets ausmacht.
Konkurrenzkampf
52 der 341 Familien im Ort arbeiten in der Kooperative. Der Andrang ist größer als die Kapazitäten. Als Fairtrade- und Bio-Produzent bedient AGPC dabei nach wie vor eine Marktnische. Eine, die am lokalen Markt wenig Absatz findet. Im Konkurrenzkampf mit lokalen Großproduzenten kann AGPC aber auf Rückendeckung der Regierung zählen. Gegründet wurde die Vereinigung auch durch ihre Unterstützung und staatliche Entwicklungshilfe Frankreichs. 2015, so Rattapraseud Nhouyvanisvong von der AGPC-Führung in Pakse, will man von ausländischer und nationaler Förderung unabhängig werden.
KURIER: Die Wirtschaftskrise scheint an Fairtrade spurlos vorüberzugehen. Der Umsatz in Österreich ist 2013 um 21 Prozent auf 130 Millionen Euro gestiegen...
Hartwig Kirner: Für uns war die Krise positiv, weil die Menschen jetzt bewusster einkaufen. Es werden weniger Autos gekauft, aber bei Lebensmitteln wollen die Leute wieder mehr Ehrlichkeit.
Woher kommen die Zuwächse?
Vor allem von frischen Früchten, wie Bio-Bananen oder neu die Orangen mit einem Plus von 28 Prozent.
In Österreich gibt es schon 115 Gemeinden, die beim Einkauf auf das Fairtrade-Siegel schauen. Ein Wachstumstreiber?
Dabei geht es mehr um zivilgesellschaftliches Engagement als um Riesenmengen Kaffee, die gekauft werden.
Am Weltmarkt ist der Kaffeepreis zuletzt wegen der Dürre in Brasilien stark gestiegen. Liegen die Mindestpreise von Fairtrade überhaupt über diesem Niveau?
Der Kaffeepreis macht seit Längerem Bocksprünge. Mit der Finanzkrise ist er stark nach oben gegangen, weil Spekulanten damit gehandelt haben. Seit eineinhalb Jahren investieren sie wieder mehr in Aktien. Im vergangenen Halbjahr hat unser Mindestpreis gegriffen, derzeit liegt er wieder unter jenem an Weltmarkt. Aber unsere Bauern bekommen immer zusätzlich die Fairtrade-Prämie.
Gibt es überhaupt genügend Konsumenten, die bereit sind, für fair gehandeltem Kaffee mehr zu bezahlen?
Leider nein. Knapp zwei Drittel der Produktion müssen die Produzentenorganisationen nach wie vor als konventionellen Kaffee vermarkten. Bei Kakao wird nur ein Drittel unter dem Fairtrade-Siegel verkauft.
Wo sehen Sie die Wachstumsmärkte von Fairtrade?
In den Anbauländern selbst, in denen die Wirtschaft teils stark wächst: Brasilien, Indien, Südkorea und auch Südafrika. Im Vorjahr hatten wir weltweit prozentuell das größte Wachstum mit fair gehandelten Produkten in Südafrika – im so genannten Süd-Süd-Handel.
Und Osteuropa?
Osteuropa ist erst im Aufbau, in diesen Ländern muss erst ein Bewusstsein für Fairtrade geschaffen werden.
Großkonzerne etablieren verstärkt ihre eigenen Gütesiegel. Ein Problem für Fairtrade?
Grundsätzlich ist es gut, wenn sich Konzerne darum kümmern, woher die Rohstoffe kommen. Greenwashing ist aber ein Riesenthema. Nicht jeder lässt sich von externen Stellen kontrollieren. Mitunter wird mit Knebelverträgen gearbeitet, die Bauern in eine Abhängigkeit bringen. Ein weiteres Problem ist Landgrabbing. Wenn also mit Grund und Boden spekuliert wird und kleinbäuerliche Strukturen zerstört werden.