Wirtschaft

Krisenkonzern Evergrande - Angst vor Schockwelle für Chinas Banken

Der chinesische Immobilienkonzern Evergrande hat mit weiteren Warnungen vor finanziellen Engpässen neue Ängste bei Investoren geschürt. Die Aktien des Unternehmens brachen am Dienstag an der Börse in Hongkong um mehr als zehn Prozent ein. Der Handel mit Anleihen wurde nach massiven Preisschwankungen angehalten.

Die beiden auf Restrukturierungen spezialisierten Beratungsfirmen Houlihan Lokey und Admiralty Harbour Capital sollen sich nun um die Finanzen und die Kapitalstruktur des Immobilienriesen kümmern.

"Diese Ankündigung von Evergrande ist ein erster Schritt in Richtung Restrukturierung", sagte James Shi, Analyst beim Kreditanalyseanbieter Reorg. Dies bedeute in der Regel, die Firma verzögere Zinszahlungen, zahle Zinsen mit Abschlägen oder stelle Zinszahlungen für Finanzprodukte komplett ein. Eine Abwicklung des Unternehmens werde es nur geben, wenn die Restrukturierung scheitere.

Insolvenzgerüchte "völlig unwahr"

Evergrande erklärte, Spekulationen über eine Insolvenz oder einen Umbau seien "völlig unwahr". Der Konzern sei in Gesprächen über einen Verkauf von Vermögenswerten, man habe aber noch keine materiellen Fortschritte erzielt. Vor einigen Tagen hatte Evergrande mitgeteilt, Verkäufe von Anteilen an den börsennotierten Töchtern Evergrande New Energy Vehicle und Evergrande Property Services zu erwägen. Deren Aktien brachen am Dienstag um 25 Prozent und zwölf Prozent ein.

Anleger fürchten einen Zusammenbruch des Immobilienkonzerns, der unter einem Schuldenberg von mehr als 300 Milliarden Dollar (etwa 255 Mrd. Euro) ächzt. Am Montag hatten wütende Investoren am Hauptsitz des Unternehmens in Shenzhen die Lobby gestürmt und verlangten ihr Geld zurück. Vor rund zwei Wochen hatte Evergrande erstmals vor Liquiditäts- und Ausfallrisiken gewarnt, falls es ihm nicht gelingen sollte, die Bautätigkeit wieder aufzunehmen, Beteiligungen zu verkaufen und Kredite zu erneuern. Investoren fürchten bei einem Zusammenbruch von Evergrande Schockwellen für das chinesische Bankensystem.

Evergrande ist nicht nur im Immobilienbereich unterwegs, sondern versucht auch in der wachsenden Elektroauto-Branche Geld zu verdienen. Seit Mitte 2019 betreiben die Chinesen mit dem deutschen Antriebsspezialisten Hofer Powertrain ein Joint Venture. Das Gemeinschaftsunternehmen ist im Handelsregister Stuttgart eingetragen und hat seinen Hauptsitz laut Website in Berlin. 2019 waren dort dem Jahresabschluss zufolge 14 Mitarbeiter beschäftigt. Für Rückfragen war bei der Evergrande Hofer Powertrain GmbH zunächst niemand zu erreichen. Bei Hofer Powertrain, die Medienberichten zufolge 33 Prozent an dem Joint Venture hält, war ebenfalls kein Kommentar zu erhalten.