Zielpunkt hat 237 Millionen Euro Schulden
Von Kid Möchel
Die Zielpunkt GmbH, Betreiberin der gleichnamigen Lebensmittel-Kette mit 229 Filialen, hat heute, Montag, einen Konkursantrag beim Handelsgericht Wien eingebracht. Das Verfahren wurde bereits eröffnet. 2708 Mitarbeiter und 500 Gläubiger sind laut Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform von der Pleite betroffen. Das Unternehmen soll laut AKV und KSV1870 nicht fortgeführt, sondern liquidiert werden. Für heuer wurde eigentlich ein Umsatz in Höhe von 425,9 Millionen Euro geplant. Das Eigenkapital war Ende Februar 2015 mit 36,69 Millionen Euro negativ. Der Verkauf der Unternehmensanteile "zu einem symbolischen Kaufpreis" soll letzlich gescheitert sein. Zwei Investoren sollen zwar unverbindliche Angebote gelegt, aber schon vor einer wirtschaftlichen Prüfung (Due Diligence) der Zielpunkt-Bücher abgesprungen sein. Die Zielpunktführung prüfte in der Folge ihr eigenes Sanierungskonzept, nach dem im Geschäftsjahr 2018/19 "ein leicht positives Ergebnis" erzielt werden sollte. Sie kann zum Schluss, dass selbst im Geschäftsjahr 2020/2021 noch keine schwarzen Zahlen geschrieben werden würden. Damit war das Aus der Kette besiegelt. Die Geschäftsführung zog die Reißleine.
Vermögen und Schulden
Den Aktiva werden mit 12,32 Millionen Euro beziffert, davon entfallen 8,697 Millionen Euro auf Waren, 2,5 Millionen Euro auf Bankguthaben. Das freie Vermögen wird mit insgesamt 11,321 Millionen Euro beziffert.
Die Passiva betragen rekordverdächtige 237,11 Millionen Euro, davon entfallen 22,269 Millionen Euro auf Ab- und Aussonderungerechte. Das heißt, die Gläubiger sind mit diesem Betrag besichert. Laut Insolvenzstatus betragen die Schulden - ohne Pfandrechte - 214,84 Millionen Euro und setzen sich wie folgt zusammen:
rund 56,03 Millionen Euro betreffen Rückstellungen in Sachen Personal;
rund 96,98 Millionen Euro sonstige Rückstellungen für Miete (Restlaufzeiten), Kündigungsverzichte und Leasing;
rund 33,92 Millionen Euro schuldet Zielpunkt verbundenden Unternehmen, sprich der Pfeiffer-Gruppe, die diesen Betrag abgeschrieben hat;
mit 16,06 Millionen Euro stehen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen stehen in den Büchern;
rund 9,747 Millionen entfallen auf offene Gehälter und Löhne;
rund 1,88 Millionen Euro auf Zielpunkt-Gutscheine.
Bei Banken hat die Zielpunkt GmbH keine Schulden. Fakt ist: Die Eigentümerin, das Trauner Familienunternehmer Pfeiffer, wollte bzw. konnte die angeschlagene Einzelhandelskette nicht mehr finanziell durchfüttern, weil weder eine positive Fortbestehungsprognose für die nächsten Wochen noch für das nächste Jahr dargestellt werden konnte.
Die Mutterfirma gab auf
Pfeiffer will seit dem Jahr 2012 rund 50 Millionen Euro in die maroden Zielpunkt-Märkte gepumpt haben, zuletzt wurden noch einzelne Standorte renoviert. Das Unternehmen betreibt rund 229 Filialen in Wien (126), NÖ (53), Burgenland (23) und Steiermark (27). Die Insolvenzursachen liegen in massiven Umsatzeinbrüchen, gescheiterten Investorensuche und in der mangelnden Bereitschaft der Muttergesellschaft zur weiteren Betriebsmittelfinanzierung.
Die Immobilien
„Georg Pfeiffer hat mehrere Unternehmen in seiner Gruppe, Zielpunkt geht eben nicht, und ich glaube, er hat genug Herz und Schmerz in Zielpunkt investiert“, sagt ", sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform zum KURIER. Dass Pfeiffer parallel zur Pleite 70 Immobilien übernommen hat, wo Zielpunkt eingemietet ist, ergibt zwar eine katastrophale Optik, aber wird Pfeiffer am Ende des Tages womöglich noch Kopfzerbrechen bereiten.
„Rechtlich gesehen dürfte das halten“, sagt Weinhofer. „Ich möchte diese Filialen nicht haben.“ Nachsatz: „Vielleicht hat Pfeiffer für diese Standorte ein Konzept für seine Marke Unimarkt, oder für das Franchisesystem Nah & Frisch.“ Neben vier anderen Mitgliedern ist Pfeiffer einer der Großhändler bzw. Lieferanten der 700 selbstständigen Nah & Frisch-Kaufleute.
Ärger über Brief an Mitarbeiter
Für Unmut sorgte am Montag ein Brief (siehe unten), den Pfeiffer nur drei Wochen vor der Insolvenz-Ankündigung an alle Mitarbeiter verschickte. "Wir werden mit voller Kraft die Entwicklung von Zielpunkt fortsetzen", heißt es in dem Schreiben. Mittlerweile sieht die Zielpunkt-Welt völlig anders aus. Betriebsratschefin Snjezana Brajinovic brachte es am Montag bei einer Betriebsversammlung in Wien auf den Punkt: "Wir waren alle komplett geschockt. Das ist eine Sauerei jetzt vor Weihnachten."