Wirtschaft

Kathrein-Bank-Chefin: "Vermögende respektieren"

KURIER: Die Kathrein-Bank betreut Unternehmerfamilien und Privatstiftungen. Wie nimmt Ihre Klientel die aktuellen Steuerdebatten auf?

Susanne Höllinger: Mir ist bewusst, dass immer mehr Leute unter die Armutsgrenze rutschen, während andere vermögender werden. Aber soll die Antwort darauf sein, denjenigen was wegzunehmen, die noch etwas verdienen? Wer umverteilen will, braucht auch jemanden, der etwas hat. Die Neidgesellschaft, die nur auf die Wohlhabenderen blickt, macht es sich zu einfach. Die Unternehmer, die ich kenne, setzen viel Zeit, Kapital, Risiko ein.

Multinationale Konzerne zahlen aber oft kaum Steuer.

Die gibt’s auch, und natürlich sollte das Bewusstsein, im eigenen Land Steuern zu zahlen, wachsen. Mir fehlt hierzulande aber auch die Diskussion, dass wir nicht nur bei Einnahmen, sondern auch bei den staatlichen Ausgaben etwas tun.

Es gibt tendenziell weniger Privatstiftungen in Österreich. Verstärkt sich dieser Trend?

Ich glaube, die Steuerdebatte löst insgesamt ein gewisses Unwohlsein aus. Wir wollen doch, dass Unternehmer in diesem Land bleiben. Sie schaffen Wohlstand, Arbeitsplätze und fördern zum Beispiel auch Kultur.

Mäzenatentum ist in Österreich aber lange kein so großes Thema wie in den USA.

Ja, schade! Das hat in Europa historische Gründe, weil es in der Geschichte Phasen gab, wo Vermögende enteignet wurden. Das bleibt über Generationen hinweg im Hinterkopf. Daher redet man weniger offen über Verdienst und Vermögen.

Das deutsche Magazin Spiegel fragte kürzlich auf Seite 1: "Wohin mit dem Geld?". Was raten Sie? Die Österreicher sparen trotz Minizinsen noch eifrig.

Stimmt. Die sehr Vermögenden werden immer ihre Wege finden, indem sie auch Risiko eingehen, um ihr Geld zu vermehren, während die anderen momentan unter der Wertminderung leiden.

Nachdem Aktien in Österreich als Spekulation gelten, hält die breite Masse nichts davon.

Für mich sind Aktien ein Investment in die Wirtschaft. Ich rate auch den Vermögenden, Aktien nicht als Spekulationsinstrument zu sehen. Dafür gibt’s andere Möglichkeiten. Wenn ich nicht bereit bin zu investieren, dann kann ich mir auch keine Rendite erwarten, sondern nur einen Verleihzins. Ganz ehrlich: Warum soll ich jemanden mit hohen Zinsen belohnen, wenn er kein Risiko eingeht? Das Geld ist im Moment eben sehr billig.

Deshalb flüchten jetzt alle in Immobilien, wo die Renditen aber auch sinken.

Wegen der übertriebenen Inflationsängste sind die Immobilienpreise wahnsinnig hoch. Außerhalb der Top-Lagen zeichnet sich bereits eine Trendumkehr ab. Aber was passiert, wenn jemand seine ganzen liquiden Mittel plus womöglich einen Kredit in eine Immobilie steckt, und der Mieter fällt aus oder zieht nach einem Jahr aus? Dann braucht man die Rendite eines einjährigen Mietertrags, um die Wohnung für den nächsten Mieter zu sanieren. Daher sollte man nicht alles verfügbare Geld in Gold oder Immobilien stecken. Viele Eigentümer größerer Unternehmen fördern auch kleine Start-Ups, das finde ich genial. Da passiert in Österreich viel zu wenig.

Für wen ist ein Investment in Gold interessant – für normale Bürger wohl eher nicht?

Denken Sie nur an Ihre Tanten! Früher hatte jeder ein paar Goldmünzen. Wenn Sie heute den Philharmoniker kaufen, dann macht das durchaus Sinn. Ich denke, es gibt sogar ein Münzen-Revival, weil man diesen Gedanken liebt, etwas Unvergängliches zu schenken. Warum nicht? Zinsen gibt es eh keine.

Wovon raten Sie ab?

Ich rate generell von Spekulation ab.

Auf fallende Kurse würden Sie also nicht setzen?

Nein. Ich bin überzeugt, dass ein Vermögen langfristig stabilisiert und vermehrt werden kann, wenn man in etwas investiert, wo etwas wächst. Da wird nicht alles aufgehen. Ich würde mir da übrigens auch eine bessere Kultur des Scheiterns von Unternehmen wünschen. Wer einmal scheitert, macht es beim nächsten Mal besser. So ein Risikokapital fällt für mich aber nicht unter Spekulation.

Stöhnen Sie eigentlich auch wie alle anderen Bankmanager unter den neuen Regularien?

Bei den Privatbanken gibt’s die große Herausforderung Compliance. Das haben wir längst verinnerlicht, und es fühlt sich gut an, hier strikt zu sein.

Wie oft lehnen Sie Kunden ab?

Relativ oft. Nicht, weil es a priori böse sein muss, sondern weil das Vermögen nicht genug erklärt werden kann. Und manchen Kunden ist auch diese notwendige Erklärung zu aufwendig.

Wird die Gruppe der Vermögenden weniger in Österreich?

Nein, aber sie haben es schwerer, weil immer mehr Gegenwind kommt: politisch, steuerlich, und es gibt zu wenig Rechtssicherheit. Bei den Stiftungen gab es seit der Gründung (1993, Anm.) 16 Änderungen, vorwiegend im steuerlichen Bereich. Das ist schlecht und verunsichert und konterkariert den langfristigen Aspekt einer Stiftung.

Was passiert, wenn die diskutierte neue Substanzsteuer für Stiftungen kommt?

Unterm Strich gibt es schon jetzt einen großen Reputationsschaden. Zahlt sich das aus? In einer Gesellschaft, wo man sich in die Augen schauen kann, müssen Vermögende einen wesentlich größeren Anteil an allem bezahlen. Das ist gut so. Aber ich muss jene stärken, die die Umverteilung ermöglichen. Leistungsbereite Menschen, die ihr Risiko, ihre Gesundheit, ihre Zeit einsetzen, sollten positiver betrachtet werden. Der Wert einer Arbeit hängt nicht unmittelbar mit der Bezahlung zusammen. Auch weniger gut Bezahlte leisten oft Unglaubliches. Wir brauchen beide Gruppen. Ich halte nichts von gegenseitiger Aufhetzung.

Exklusive Kundschaft: Privatstiftungen, Unternehmen

Die Kathrein Privatbank ist eine 100-prozentige Tochter der Raiffeisen Bank International und hat sich auf Vermögensverwaltung von Unternehmern und Privatstiftungen spezialisiert. Da geht es auch um Nachfolgeregelungen und Erbschaften. Das Geld wird explizit konservativ veranlagt.

Susanne Höllinger ist seit 2013 Vorstandsvorsitzende der Kathrein Privatbank und damit eine der wenigen Top-Bankerinnen in Österreich.