WorldSkills-Vizepräsident Stefan Praschl im Interview
KURIER: Herr Praschl, die 45. WorldSkills sind auch die größten bisher. Wie viel haben die Russen hier investiert?
Stefan Praschl: Rund 90 Millionen Euro. Dieser Bewerb hat für die Russische Föderation und die Republik Tatarstan einen sehr hohen Stellenwert. Das erkennt man auch an der Teilnahme von Ministerpräsident Medwedew an der Eröffnung und Präsident Putin an der Awarding Ceremony. Grund ist das Bestreben, das Berufsbildungssystem in Russland zu verbessern und an WorldSkills-Standards anzupassen. Natürlich ist das Land auch an kurzfristigen Erfolgen aus Prestigegründen interessiert.
Man hört: In Korea bekommt man für eine goldene Medaille bei den Skills ein Haus geschenkt, ist so etwas wie ein Nationalheld.
Ja, Erfolge beim Bewerb haben einen sehr hohen Stellenwert in Korea. In Österreich sind wir leider noch nicht so weit – aber auf einem sehr guten Weg. Unserem System der dualen Ausbildung wird politisch immer noch nicht die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung geschenkt, die es eigentlich benötigen würde.
Korea, Russland, China – sie legen die Maßstäbe hoch. Wie groß ist der Druck für die österreichischen Teilnehmer?
Asien und Russland investieren sehr viel in die Vorbereitung ihrer Teilnehmer, dadurch stehen die anderen natürlich unglaublich unter Druck. Auch Österreich bereitet seine Teilnehmer entsprechend vor. Da diese aber großteils aus der dualen Ausbildung kommen, können sie mit ungewohnten Situationen besser umgehen als andere. Und wie man sieht, kann Österreich durchaus mithalten.
Österreich schneidet von Bewerb zu Bewerb besser ab. Worin sind wir Weltspitze?
Vor allem in den traditionellen Berufen, etwa Maler oder Maurer, hier gewinnen wir immer wieder Medaillen. Die Asiaten besetzen Bereiche wie IT und andere moderne Technologien. Aber auch Russland, China und Indien holen in den traditionellen Berufen bereits auf. Wir sollten den Anschluss an die modernen Berufen nicht verpassen.
Österreich fehlen Fachkräfte. Hält man hier Ausschau nach Talenten aus dem Ausland?
Wir machen das nicht, aber es gibt ausländische Beobachter, die Österreicher abwerben wollen. Wir müssen in Österreich selbst Fachkräfte heranbilden. Die WorldSkills haben da so etwas wie eine Vorbildfunktion, um jungen Menschen zu zeigen, dass man auch in seinem Beruf Weltmeister werden kann. Parallel dazu möchten wir den Besuchern, darunter viele Eltern und Großeltern, zeigen, wie sich Berufe im Laufe der Zeit gewandelt haben.
Sind die Skills ein Karriere-Sprungbrett?
Alle österreichischen Teilnehmer sind hoch motiviert, sonst wären sie nicht hier. Viele würden auch so ihren Weg machen. Aber eine Teilnahme pusht noch einmal. Und ja, hier kommt man an Angebote, die würde es so sonst nicht geben. Es bringt aber auch ganz viele andere positive Effekte mit: Wie sich die Persönlichkeiten der jungen Teilnehmer weiter entwickeln, ist unglaublich. Manche kommen als ganz anderer Persönlichkeiten von so einem Bewerb zurück.
Profitieren Unternehmen davon, ihren Nachwuchs im Bewerb zu haben?
Freilich. Vor allem kleine Firmen. Ein gutes Beispiel ist ein Konditor-Familienunternehmen, das den Konditor-Weltmeister 2009 stellte. Das Unternehmen hat diesen Erfolg marketing- und PR-mäßig genützt und den Umsatz mittelfristig um 50 Prozent gesteigert – alle wollten ihren Lebkuchen beim Weltmeister kaufen. Große Betriebe nutzen die Erfolge hier, um mehr Lehrlinge zu gewinnen.