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Warum Emotionen in Change-Prozessen wichtig sind

In Alltagssprache übersetzt beinhalten Change-Projekte etwa den Umstieg von Präsenzarbeit auf Homeoffice, vom Restaurantbetrieb auf Lieferservice oder vom Indoor-Training auf Online-Kurse. Die Veränderungen können bewusst angestoßen werden, oder auch erzwungen sein – so wie es coronabedingt vielen Betrieben passierte.

Einige – und hier sieht man, wie sehr es in Betrieben „menschelt“ – reagieren auf plötzliche Veränderungen ähnlich wie Menschen in Trauer. So werden betriebliche Veränderungsprozesse häufig mit den Trauerphasen der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross verglichen, dargestellt in einem Kurvenmodell.

Der Logik des Modells folgend sind die Mitarbeiter in Unternehmen zuerst im Schock, dann entsteht Widerstand, es wird versucht, alte Arbeitsweisen beizubehalten. Sie rutschen dann aus Frust in die Phase der Depression, die Leistung sinkt, bis die Veränderung akzeptiert wird. Die Kurve steigt erst, wenn neue Wege erkundet und integriert werden.

Proaktive Veränderung

Unternehmensberaterin Mira Maria Meiler (essence consulting) greift diesen Veränderungszyklus in ihrem Buch „Emotionales Change Management“ auf und stellt  ein anderes Kurvenmodell gegenüber: jenes der proaktiven Veränderung. Darin durchlaufen Organisationen insgesamt sieben Phasen, die Meiler in ihrem Buch ausführlich erläutert.

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Dass drei Viertel aller Change-Projekte in Organisationen scheitern, liegt Meiler zufolge am fehlenden proaktiven Handeln: „Unternehmen bemerken die ersten Anzeichen nicht, warten zu und dann ist die Krise plötzlich da.“ Um Veränderungen proaktiv begegnen zu können, müsse man akzeptieren, dass sie etwas Natürliches seien, so Meiler.

Auf Stimmung achten

Die erste Phase ihrer Veränderung ist damit kein Schock, sondern die „Dämmerung der Veränderung.“ „Diese Phase ist weniger emotional. Es stellt sich vielmehr schleichend das Gefühl ein, dass etwas nicht stimmt. In Unternehmen gilt es dann, die Ohren zu spitzen, genauer hinzuschauen, Symptome zu analysieren und auf Stimmungen zu achten“, so Meiler.

„Sobald man merkt, es gibt Handlungsbedarf, ist es wichtig, alle Mitarbeitenden einzubeziehen.“ Dass in einem Veränderungsprozess dennoch Emotionen wie Ärger, Enttäuschung oder Frust auftreten, sei normal, so Meiler. „Egal, ob Zuhause im Wohnzimmer oder in der Vorstandsetage: Wenn es um Veränderungen geht, beginnt es zu menscheln, weil die Angst vor der Ungewissheit in den Raum tritt.“

Emotionen generieren Energie

Emotionen würden gerne unter den Tisch gekehrt, sagt Meiler „Dabei sind Gefühle ein wichtiger Motor für Veränderungen. Sie generieren die Energie, Neues anzustoßen. Führungskräfte sollten lernen über Ängste zu sprechen, damit daraus positive Energie entstehen kann.“

Unterschätzt werde in Change-Projekten zudem die Kommunikation. „Das Management kommuniziert oft zu distanziert, es ist auf Daten und Fakten gedrillt. In Change-Prozessen muss die Sprache der Mitarbeiter gesprochen werden, damit die neuen Ziele ankommen. Manchmal ist es besser, sich direkt vor die Belegschaft zu stellen, als Powerpoint-Folien zu verschicken.“

Damit Organisationen die richtige Richtung finden (Phase fünf), auch Umwege (Phase sechs) in Kauf nehmen, damit am Ende das Neue steht und zur Gewohnheit wird (Phase sieben), brauche es Durchhaltevermögen, so Meiler. Also Augen auf, und durch.

Buchtipp

Emotionales Change Mnagement: Wie Führungskräfte ihre persönliche und fachliche Veränderungskompetenz stärken. Mit ihrem Buch möchte Mira Maria Meiler Führungskräften Vertrauen in die eigene Veränderungskompetenz vermitteln, die gerade jetzt in Zeiten des Wandels gefragter denn je ist.
Springer Gabler Verlag, 34,99  Euro.