Warum das Geld bei der Jobssuche nicht mehr das Wichtigste ist
Von Roxanna Schmit
„Der Arbeitsmarkt hat sich komplett gedreht“, so beschreibt Christoph Lehr, Leiter der Personalabteilung der Flughafen Wien AG, die Situation nach der Covid-Pandemie. „Vor der Pandemie hat sich zwar bereits eine Veränderung abgezeichnet. Dieser Trend wurde von der Krise aber noch beschleunigt“. Die größte Veränderung: Bewerberinnen und Bewerber suchen sich nun die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aus. Das frühere Recruiting-Verständnis, in dem das Unternehmen „die besten Bewerber für sich aussucht“, sei nun nicht mehr die Norm. Die Suche nach neuen Arbeitskräften gestaltet sich somit entsprechend schwierig. Jobmessen können hierbei als Vermittler zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dienen. Am 24. und 25. September findet die Jobmesse Austria in Wien statt und die Flughafen Wien AG ist eines der vielen Aussteller.
Fachkräfte gesucht
Als einen Grund für die Fachkräftesuche nennt Lehr die aktuelle Verkehrsentwicklung: „Nach zwei pandemiebedingten Krisenjahren zieht das Passagieraufkommen wieder an – daher brauchen wir gerade in den passagiernahen Bereichen wieder Personal“. Gesucht werden Mitarbeitende für die Sicherheitskontrolle und bei der Passagier- und Gepäcksabfertigung. Ausgebildete Fachkräfte werden besonders im IT-Bereich gebraucht. Lehr zufolge sei das Alter hierbei nicht entscheidend: „Wichtig sind vor allem einschlägige Berufserfahrung und das Interesse, in einem dynamischen Umfeld zu arbeiten.“
Die Social-Media-Sprache
Es sei ein Wettbewerb um die besten Talente, bei dem es nicht mehr nur um Entlohnung gehe. Personalchef Lehr meint, dass Themenbereiche wie etwa die Identifikation mit dem Unternehmen, Vereinbarung von Familie und Beruf und neue Arbeitszeitmodelle einen immer größeren Stellenwert bei den Arbeitnehmern einnehmen. Dementsprechend wird auch der Zugang des Recruitings angepasst: „Wir wollen unsere Bewerberinnen und Bewerber direkt erreichen, mit ihrer Sprache, ihren Vorstellungen und Codes.“ Themen wie Social Media rücken da stärker in den Vordergrund. So wird bei der Suche nach Lehrlingen zum Beispiel auch auf TikTok gesetzt.
Geld ist nicht mehr das Wichtigste
Die Arbeitserwartungen haben sich laut Christoph Lehr verändert. Die Abwicklung des Recruitings müsse nun rascher erfolgen und Bewerberinnen und Bewerber erwarten zeitnahe Rückmeldungen. „Die Attraktivität als Arbeitgeber definiert sich schon lange nicht mehr nur über das Gehalt“, so Lehr. Denn neben guter Bezahlung sollen vor allem auch die Arbeitsbedingungen immer mehr im Fokus der zukünftigen Mitarbeiter stehen. Dies gehe von Homeoffice, Möglichkeiten des hybriden Arbeitens bis hin zu Themen wie Unternehmens- und Teamkultur, Arbeitszeiten und betriebliche Vergünstigungen. Flexible Arbeitszeiten und Work-Life-Balance nehmen laut ihm einen immer größeren Stellenwert ein.
Diese Veränderungen lassen sich auch in aktuellen Studien ablesen: Laut einer Studie der AK Oberösterreich wollen in Österreich Beschäftigte ihre wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt um 2,6 Stunden verringern und laut einer EY Studie ist ein Mangel an flexibleren und hybriden Arbeitszeiten für viele sogar ein Kündigungsgrund.
Welche Maßnahmen sollten also gesetzt werden?
Verschiedene Benefits für Mitarbeitende sind Lehr zufolge in der heutigen Arbeitswelt unumgänglich. „Als Arbeitgeber unterstützen wir neue Arbeitsvorstellungen mit zahlreichen Maßnahmen.“ Die Angebote reichen von sechs Wochen Urlaub, 4-Tage-Woche, weitreichende Ausbildungsmöglichkeiten, Betriebskindergarten, Gratisparkplätzen und Gesundheitsangeboten bis hin zu einem „Papamonat“ oder Sabbatical.
Jedoch reichen Benefits allein noch nicht aus. Zentral sei nämlich auch „die Identifikation mit dem Unternehmen, mit der Marke und der Geschäftstätigkeit.“ Arbeitgeber sollten vermehrt Themen wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Frauenförderung und soziales Engagement ansprechen und eine klare Stellung beziehen: „Unternehmen sind hier gefordert, Maßnahmen zu setzen, wenn sich die nächsten Generationen an künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für sie als Arbeitgeber entscheiden sollen“, sagt Christoph Lehr.