Verwirklichung statt Götze Geld
Von Nicole Thurn
Wie geht es den jungen Selbstständigen in Österreich? Der KURIER lud drei Experten zur Diskussion: Bernhard Heinzlmaier vom Institut für Jugendkulturforschung, Gudrun-Johanna Korec-Neszmerak, Corporate Affairs Managerin bei Amway Österreich und Markus Roth, Vorsitzender der Jungen Wirtschaft.
KURIER: Eine aktuelle Amway-Studie zeigt: Der Unternehmergeist ist in Österreich weniger ausgeprägt als im EU-Vergleich. Warum?
Gudrun-Johanna Korec: Österreich liegt international am viertletzten Platz, was die positive Einstellung zur Selbstständigkeit betrifft. Bei der Frage, ob sie sich vorstellen können, sich selbstständig zu machen, sagen 35 Prozent der Jungen ja – europaweit sind es 48 Prozent. Bei den 30- bis 59-Jährigen sind es nur 26 Prozent. Wir müssen also auf die Jungen zählen.
Markus Roth: Bisher ist Selbstständigkeit in Österreich eher eine Einbahnstraße. Wir hatten bisher keine abgesicherte Gesellschaftsform für die GmbH – das nötige Eigenkapital von 35.000 Euro ist eine Hürde
(Anm.: Die Regierung hat sich inzwischen auf der Klausur auf die GmbH Light mit 10.000 Euro Eigenkapital geeinigt ). Jemand, der Familie hat, überlegt sich zwei Mal, ob er sich selbstständig macht. Auch ist das Risikobewusstsein der Österreicher nicht sehr groß im Vergleich zu den USA. Man setzt auf Sicherheit. Und auch die Einstellung zum Scheitern ist bei uns schwierig: Versuchen Sie mal einen Managerposten zu bekommen, wenn Sie zuvor als Unternehmer gescheitert sind.
Korec: Die Angst vor dem Versagen als Unternehmer ist in Österreich sehr groß.
Bernhard Heinzlmaier: Die letzte Jugendwertestudie hat gezeigt: Von den 14- bis 29-Jährigen wollen 38 Prozent selbstständig arbeiten. Je höher die Bildung, desto eher tendiert man zur Selbstständigkeit. Da geht es um Freiheit von Fremdzwängen. Zweitens spielt die Flucht aus dem prekären Arbeitsmarkt eine Rolle. Je mehr man die Leute in die Unsicherheit treibt, desto eher versuchen sie es selbst. Ist ja auch in den USA so.
KURIER: Das Gründen ist ja noch leicht. Aber ein Drittel der Unternehmen überlebt die ersten drei Jahre nicht. Hapert es nicht oft am Wissen zum guten Businessplan?
Roth: Es gibt viele Faktoren, die dazu führen. Der Businessplan ist ein klassisches Beispiel. Nur ganz wenige Unternehmen starten mit einem Businessplan. Wir sehen da großen Nachholbedarf. Wir sagen den Unternehmern: Überlegt euch genau, was euer Ziel ist.
Heinzlmaier: Man muss sich selbst motivieren, kontrollieren können. Hat man die Energie nicht, kann man das von vornherein vergessen. Ein bisschen masochistisch muss man auch sein.
Korec: Im Unterricht an der AHS wird Kindern auch nicht beigebracht, wie sie mit Geld umgehen sollen. Die Jungen schätzen laut Studie das Know-how für Selbstständigkeit als sehr wichtig ein. Das muss über die Schulen und über Mentoring vermittelt werden.
Roth: Ich sehe das auch so.In anderen Ländern wird das schon in Grundschulen gelehrt. In den USA verkaufen kleine Kinder am Lemonade Day selbst Limonade. Sie setzen dabei selbst die Preise fest, bauen ihre Stände selber auf, machen Business.
Heinzlmaier: Will man wie in Amerika nur dümmliche Warriors haben, denen es nur um Kohle geht? Die Limonade verkaufen, die ihnen wurscht ist? In Amerika ist der Götze das Geld. Wenn du dein Geld damit verdienen kannst, Fleischlaberln aus dem 12.
Stock im KURIER zu werfen, finden die das auch super. Die Jugendlichen haben schon eine andere Einstellung, wollen sich mit ihrer Idee verwirklichen.
Korec: Das bestätigt auch die Studie. Die Jugendlichen verbinden mit der Selbstständigkeit Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung. Sie wollen aber auch zusätzlich Geld damit verdienen.
Roth: Auch in unseren Studien kommt Selbstverwirklichung als starkes Motiv heraus. Die meisten Unternehmer wollten ihren Traum verwirklichen. Das schließt den Bedarf nach Wirtschaftswissen nicht aus.
Heinzlmaier: Dagegen habe ich nichts. Wenn man dieses widerwärtige Finanzsystem stürzen will, muss man es verstehen.
KURIER: Herr Heinzlmaier, sind Sie gegen Unternehmer?
Heinzlmaier: Ich bin ja selber seit 25 Jahren Unternehmer. Aber ich glaube nicht, dass die Gesellschaft besser wird, wenn es mehr Unternehmer gibt. Ich würde es nie wieder machen. Herumzurennen und Business zu machen war gegen meine Natur. Aber es ist gut gegangen.
KURIER: Zu den Rahmenbedingungen: Wo gibt es Hürden?
Roth: In Österreich nehmen 98 Prozent der Unternehmer ihre Hauptfinanzierung über Banken, in Osteuropa finanzieren sich 60 Prozent über Business Angels. Der Business Angel hilft aber auch, stellt sein Kontaktnetzwerk zur Verfügung. Da ist vieles leichter. Die Bankensituation wird durch Basel 3 auch immer schwieriger. Daher brauchen wir Alternativen –sonst geht der „Gründerboom“ zurück.