Wirtschaft/Karriere

Stefan, Student und Olympionike

Stefan Withalm wird heute 31 Jahre alt. Der Master-Student von Training und Sport an der FH Wiener Neustadt hat in zwei Semestern den Abschluss in der Tasche. Und er blickt auf zwei abgeschlossene Bachelorstudien, mehrere Europa- und Weltcuprennen und, seit Kurzem, auch auf eine Olympiateilnahme zurück. Olympiateilnahme? Ja. Während seine Studienkollegen das taten, was Studenten eben tun, raste Stefan Withalm vor einem Monat in Sotschi für Österreich im 4er-Bob über die Eisbahn.

Stefans Leben ist ein Leben zwischen Kommilitonen, Kraftkammer und Kufen. 100 Kilo bringt der ehemalige Footballspieler auf die Waage. Gewicht, das in pure Kraft aufgeht, wenn er am Eis steht. "Ich trainiere ein bis zwei Mal mal täglich. Oft vormittags, dann gehe ich in die Vorlesung, am Abend kommt dann die zweite Einheit", erzählt er. Das ist außerhalb der Saison. Während der Saison, im Winter, ist für die FH gar kein Platz. Um Europa- oder Weltcups fahren zu können, stellt sie Stefan für mehrere Wochen frei. Voraussetzung: Er holt jede Seminararbeit und Prüfung, die er verpasst hat, nach. "Das geht schon irgendwie", lacht er. Bis zum Sommer muss er das komplette Wintersemester aufarbeiten. Ist das nicht anstrengend, aufreibend? Zahlt sich das aus? "Natürlich" ist seine Antwort – auf beide Fragen.

Sehnsucht nach Sotschi

Vor sieben Jahren überlegte der Sportbegeisterte ganz pragmatisch: "Für die meisten Sportarten bin ich jetzt schon zu alt. Ich bin aber stark vom Football – ich wäre ein guter Bob-Anschieber." Gedacht, getan. Kurze Zeit später war er Mitglied des Österreichischen Bob- und Skeleton- Verbands. Heuer qualifizierte er sich für die Olympischen Winterspiele in Sotschi – ein Lebenstraum, der in Erfüllung ging. "Ich habe viel dafür getan. Da fallen eher Vorlesungen aus, als dass ich mal das Training sausen lasse", sagt Stefan. "Hat man es zu den Olympischen Spielen geschafft, will man auch vorne dabei sein und nicht nur ,Hauptsache, dabei sein‘."

Am 22. Februar war es soweit. Alle Gedanken beim Rennen, das Blut rauschte im Kopf, alle Kräfte ruhend und bereit zum Freisetzen. Doch das Rennen wurde unerwarteterweise auf den Abend gelegt. 23 Bobs rasten an dem Tag bereits die Eisbahn runter, sie war nass, der Startplatz nicht ideal, ein Anschieber erkrankte und musste ersetzt werden. Nach 1,52 Minuten im Bob mit mehr als 100 km/h war klar: Das österreichische 4er-Team verpasste die geplante Top-20-Platzierung. Es flog mit Platz 21 zurück nach Hause.

Dennoch: Die Startzeit, an der Stefan seine Leistung misst, war der des Gewinner-Teams noch nie so nah. Ein Erfolg, den er nicht an die große Glocke hängt. "Ich bin nicht als Held heimgekehrt, bin kein Typ, der Erfolge herausposaunt. Wenn mich jemand auf Sotschi anspricht, ist es nett, aber ich spreche von mir aus nicht darüber."

Einen Monat nach dem Rennen sieht er die Sache nüchtern: "Die Euphorie ist verflogen." Stefan hat wieder Neues im Kopf. Derzeit absolviert er bis zum Sommer ein FH-Praktikum in der ORF-Sportredaktion. Das tägliche Training wartet auch nicht, die Uni ebenso wenig. Sechs Prüfungen gilt es zudem nachzuholen. Stefan hat viel vor. Ob er jemals Zeit für ein entspanntes Studentenleben finden wird, steht noch nicht fest. Bis zu seinem Master-Abschluss nächstes Jahr wird sich das wohl nicht ausgehen. 2016 findet nämlich die nächste Weltmeisterschaft statt: "Und da will ich in die Top Ten."

Sport und Studium unter einen Hut zu bringen ist zeitaufwändig. Im Studiengang Training und Sport an der FH Wiener Neustadt wird deshalb nur halbtags gelehrt, damit Bewerbe nicht zu kurz kommen. Eher wissenschaftlich ist der Zugang an den Hauptunis in Wien, Graz, Salzburg und Innsbruck.
Praktischer geht es an der FH Kufstein in Tirol mit „Sport, Kultur und Veranstaltungsmanagement“, dem FH Technikum Wien mit „Sports Equipment Technology“ oder der Privatuni Schloss Seeburg mit der Studienrichtung „Sport- und Eventmanagement“ zu.