Start-ups: Mit oder ohne Team ins Ziel
Von Andrea Vyslozil
Zwei potenzielle Gründerpartner hatte Andreas Kern, als ihm 2008 die Idee für seine Social-Trading-Plattform Wikifolio kam. Die Vision: Ein Netzwerk, das mit der Schwarmintelligenz der Nutzer Anlegern erfolgreiche Finanzprodukte vermittelt.
Doch dann kam die Krise, der Finanzmarkt geriet in Verruf. Kerns Partner sprangen ab. Nun stand er vor der Wahl: Sein FinTech-Start-up bleiben lassen oder alleine gründen?
Investoren bevorzugen Team-Gründungen
500 bis 1000 Start-ups sprießen in Österreich jährlich aus dem Boden. Drei von vier werden im Team gegründet, durchschnittlich sind 2,34 Personen an Bord. „Investoren bevorzugen Teams, weil sie in der Regel breitere Qualifikationen mitbringen und Co-Gründer sich gegenseitig unterstützen. Für den Fall, dass einer aussteigt, ist sein Ausfall außerdem besser kompensierbar“, beobachtetet Mathematiker Kern.
Dennoch entschied er sich, es alleine zu versuchen – und schaffte den Durchbruch: 10.000 Trader und 150.000 registrierte Follower sind heute auf Wikifolio aktiv, die mit über einer Milliarde Dollar bewertet wird. Laufend werden neue Mitarbeiter eingestellt.
Solounternehmer sind effizienter
Solounternehmer sind erfolgreicher als Start-up-Teams, besagt eine aktuelle Studie von Forschern der University of Pennsylvania und der New York University.
Demnach sei die Wahrscheinlichkeit einer Unternehmensauflösung bei Einzelgründern um 55 Prozent geringer als etwa bei Gründertrios. „Ferner generieren Solo-Entrepreneure höhere Erträge als Gründerduos und performen nicht signifikant schlechter als größere Teams.“
Kein überraschendes Ergebnis, meint Nina Velickovic, Wirtschaftscoach und Co-Autorin des von „Wir sind Team: Ein neuer Blick auf die Teamentwicklung“ (Springer): „Entscheidungen lassen sich einfacher treffen, es gibt weniger Konflikte und der finanzielle Druck ist geringer, wenn das Geld nur für einen reichen muss.“
„Ein Team, wo zwar die Kompetenzen zusammenpassen, die Partner aber nicht fähig sind, mit Konflikt und Kooperation umzugehen, ist wie ein Zug ohne Schienen."
In der frühen Start-up-Phase sei der Einzelne in der Regel effizienter, bestätigt Verhaltensökonom und Unternehmensberater Gerhard Fehr. Aber: „In der Folgephase sind mitunter andere Kompetenzen gefragt. Wenn Kooperation und Koordination funktionieren, sind Teams dann erfolgreicher.“
Gründerduos- und trios ergänzen einander
"Ein Partner hilft besonders in kritischen Momenten. Ein Gegenüber, um zu reflektieren, gemeinsam die Strategie zu planen aber auch, um sich, wenn nötig, aneinander zu reiben, finde ich bereichernd."
Daniel Horak, Co-Gründer der Crowdfunding-Plattform Conda, bereut nicht, im Duo gegründet zu haben. „Ein Partner hilft besonders in kritischen Momenten. Ein Gegenüber, um zu reflektieren, gemeinsam die Strategie zu planen aber auch, um sich, wenn nötig, aneinander zu reiben, finde ich bereichernd“, sagt Horak, dessen 2013 gemeinsam mit Paul Pöltner gegründete Conda inzwischen über ein Netzwerk von 30.000 Investoren verfügt.
Den Erfolg von Solo-Gründer Kern führt der Branchenkenner auf dessen Erfahrung zurück: „Es macht einen Unterschied, ob jemand zum ersten oder zum dritten Mal gründet“ – und wie umfangreich das eigene Know-how sei.
Der Vorteil ungerader Zahlen
„Wir waren schon lange befreundet und alle bereit, etwas Neues auszuprobieren“, sagt Jasmin Kabir, Mitbegründerin des Grazer Start-ups Pilzkiste, das sich auf die Zucht von Austernpilzen auf Kaffeesatz spezialisiert hat. Die Vielseitigkeit im Team sieht sie als Vorteil zu Solo-Gründern: „Nina Bercko bringt technische Erfahrung ein, Mercedes Springer ist Profi in Sachen Außenwirkung, ich selbst habe Erfahrung in der Gastronomie und im Verkauf.“
Die ungerade Zahl mache das Team agiler als Gründerduos: „Sind wir uns nicht einig, können zwei die Dritte überstimmen.“
Team ist nicht gleich Team
Beim typischen Start-up müssten in der Regel drei Bereiche abgedeckt sein, erklärt Verhaltensökonom Fehr. „Es braucht einen, der sich um die Kundenzentrierung kümmert, also versteht, wie Menschen ticken. Einen mit Ahnung von Systemarchitektur und Technologie. Und einen mit Wissen und Gespür für Finanzielles.“ Oft fänden sich diese Teams intuitiv.