"Schreiben Sie keine Bewerbung"
Von Andrea Hlinka
Soeben ist Dirk Kreuters Buch Verkaufen statt Bewerben. Der direkte Weg zum Traumjob erschienen. Wie man ihn findet, erklärt er im Interview.
KURIER: In Österreich sind 441.000 Menschen ohne Arbeit. Sie können sich alle nicht verkaufen?
Dirk Kreuter: Moment, da müssen wir unterscheiden: Mein Buch ist für jene gemacht, die einen Job haben, darin aber nicht glücklich sind. Und für Arbeitslose, die nicht nur irgendeinen Job suchen, sondern einen finden wollen, in dem sie glücklich sind. Es gibt auch Arbeitslose, die nicht wirklich wollen. Bewerber meinen, es ist total schwierig einen Job zu finden. Aber fragen Sie mal Chefs: Die finden, dass es total schwierig ist, gute Leute zu finden.
Wie erklären Sie sich die Diskrepanz, dass es sowohl freie Stellen, als auch eine steigende Zahl an Arbeitslosen gibt?
Arbeitgeber haben oft Ansprüche an Bewerber, die nicht realistisch sind. Auf der anderen Seite sind viele Arbeitsuchende nicht bereit, etwa für ihren Job umzuziehen. Das eigentliche Thema ist: Manche sind top qualifiziert, aber nicht in der Lage, ihre Leistung zu verkaufen. Sie bewerben sich für die falschen Positionen, zur falschen Zeit, bei den falschen Unternehmen. Die Person, die letztlich den Job kriegt, ist nicht zwangsläufig die qualifizierteste. Das sehen wir oft bei Politikern.
Sie raten in Ihrem neuen Buch: "Hören Sie auf, Bewerbungen zu schreiben" – was dann?
Wenn ich meinen Traumjob haben will, dann kann ich nicht nur auf Angebote, die am Markt sind, reagieren. Es ist völlig egal, ob die Stelle ausgeschrieben ist. Denn nur zehn Prozent der Jobs, die vergeben werden, werden überhaupt ausgeschrieben. 90 Prozent aller Jobs werden anders besetzt. Zweitens: Wer eine Bewerbung schickt, steht im Wettbewerb mit 100 anderen. Ein guter Verkäufer würde sich nie in der Schlange anstellen, um etwas zu verkaufen. Das sollten auch Bewerber nicht, sie sind nicht die armen Bewerber, die Bittsteller. Sie sind diejenigen, die Termine mit potenziellen Partnern vereinbaren.
Sie raten zur Eigeninitiative.
Ich rate: Überlegen Sie sich, was Sie wollen. Dann, was Sie können. Und zuletzt, wie Ihr idealer Arbeitgeber aussieht, wo Sie Ihre Fähigkeiten positionieren wollen. Dann bereiten Sie sich vor und sammeln Infos über das Unternehmen. Finden Sie heraus, wer Ihr Ansprechpartner ist – das ist nicht der Personaler. Die Stellenausschreibung, die eigentlich nur auf Superman zutrifft, wurde von der Personalabteilung geschrieben. Biegen Sie links ab, auf die Überholspur, und sprechen Sie mit dem richtigen Menschen – rufen Sie in der Fachabteilung an.
Wenn der hoffentlich zukünftige Arbeitgeber dann am Hörer ist, was dann?
Machen Sie ihn neugierig. Gehen Sie nicht zu tief ins Gespräch, gehen Sie nicht auf jedes winzige Detail ein. Es interessiert Arbeitgeber nicht, dass Sie lange arbeitslos sind und Geld brauchen, einen Doktortitel haben. Ihn interessiert nur sein Mehrwert. Erklären Sie, was Sie können, was sein Vorteil ist, wenn Sie dort arbeiten. Wenn Ihnen am Telefon gesagt wird: "Senden Sie mir Ihre Bewerbungsunterlagen." Sagen Sie: "Die Unterlagen sind 1,83 Meter groß, haben kurze Haare, blaue Augen und auf jede Ihrer Detailfragen eine Antwort. Wann wollen Sie die Bewerbungsunterlagen persönlich kennenlernen?" Arbeitnehmer suchen Menschen nicht auf dem Papier aus.
Die wohl häufigste Antwort ist: "Wir suchen nicht." Was dann?
Mitarbeiter gehen in Pension, in Karenz, kündigen. Und es gibt in Unternehmen Leute, die nicht die Leistung bringen, die von ihnen erwartet wird, aber bleiben, weil das Unternehmen keine Alternativen hat. Jede Fußballmannschaft hat Ersatzspieler. Auch Arbeitgeber brauchen Ersatzspieler. Das müssen die Bewerber vermitteln.