Schön genug oder zu schön für die Arbeit? Was ist Pretty Privilege?
Schön zu sein -im traditionellen Sinn- bringt einige Vorteile. Das bestätigt sogar die Wissenschaft und erreicht nun auch die Sozialen Medien, die dem Phänomen gleich einen neuen Namen geben: Pretty Privilege. In endlosen Videos und Posts berichten junge Leute von Privilegien, die durch ihr Aussehen erfahren haben, beziehungsweise Privilegien, die ihnen aufgrund ihres Aussehens verwehrt geblieben sind.
Sie sprechen von freien Eintritten in Konzerte, gratis Essen und Getränken und auch von einer freundlicheren Behandlung. Selbst in Situationen an denen Gleichbehandlung Voraussetzung ist, konnten Forscher die Vorteile der Schönheit messen.
Laut einer Studie der Cornell University werden traditionell attraktivere Angeklagte seltener für schuldig befunden als weniger attraktive Personen. Und bei Fällen mit finanziellem Schadensersatz erhalten attraktivere Kläger tendenziell mehr Geld. Kurz: Schönheit öffnet viele Türen.
Ein weltbekanntes Beispiel ist Jeremy Meeks. 2014 stand er vor Gericht und wurde wegen Waffenbesitzes und schweren Diebstahls verurteilt. Sein Polizeifoto ging um die Welt. Er sei "zu schön, um im Gefängnis zu sitzen", lauteten die Kommentare. Modeagenturen und Talentmanager wurden auf ihn aufmerksam und nach seiner Zeit im Gefängnis unterzeichnete er einen Vertrag mit White Cross Management. Heute ist Meeks ein international erfolgreiches Fashionmodel.
Je schöner desto besser die Job-Chancen?
Tatsächlich soll man als "schöne" Person auch in der Arbeitswelt Vorteile ziehen. Zahlreichen Studien zufolge verdienen etwa attraktivere Personen bei gleicher Qualifikation bis zu 15 Prozent mehr als ihre traditionell als weniger attraktiv eingeschätzten Kollegen.
Außerdem würden sie auch bessere Positionen ergattern und erfolgreicher sein. So spiele etwa das Bewerbungsfoto eine Rolle bei der Auswahl. Was jedoch nicht bedeutet, dass Personen aus oberflächlichen Gründen eingestellt werden. Es steckt viel mehr dahinter.
In einem Interview mit der „Wirtschafts Woche“ sagt der Attraktivitätsforscher Ulrich Rosar: „Wir schließen von einer guten Eigenschaft, in diesem Fall dem Aussehen, darauf, dass diese Person auch andere gute Eigenschaften haben muss.“
Einfacher ausgedrückt bedeutet das, dass gutaussehende Menschen automatisch auch als intelligenter, selbstbewusster, fleißiger, kreativer, verantwortungsbewusster, zuverlässiger und mit weiteren sozial-wünschenswerten Persönlichkeitsmerkmalen eingeschätzt werden.
Dieses Phänomen geht auf den Halo-Effect (übersetzt Heiligenschein-Effekt) von Edward Lee Thorndike zurück. Der Theorie nach werden Personen nur weil ein positives Merkmal bereits bekannt ist (in diesem Fall Schönheit), auch weitere positive Eigenschaften zugeschrieben, die sie vielleicht gar nicht haben.
Schönheit ist Segen und Fluch
Kann man zu schön sein? Studien zufolge: Ja. Während beispielsweise attraktive Männer als bessere Führungskräfte gesehen werden, könnten Frauen durch sexistische Vorurteile hochrangige Positionen, die Autorität erfordern verwehrt bleiben.
Auch die Eifersucht ist ein Faktor, wie eine Studie ergab. Wenn man von einer Person des gleichen Geschlechts für einen Job interviewt wird, sinkt die Wahrscheinlichkeit die Stelle zu bekommen, wenn man als attraktiver eingeschätzt wird. Auch auf den sozialen Plattformen werden wieder Stimmen laut, die behaupten das Schönheit ein Fluch sein kann. Man werde nicht ernstgenommen, als unfreundlich und unintelligent eingeschätzt, sagt etwa Mandy Tang auf TikTok.