Wirtschaft/Karriere

Wenn die Scheidung auch die Firma trifft

Es gibt ein Sprichwort, das vor allem für wohlhabende Paare schlagend wird, nämlich dann, wenn sie ihre Trennung einleiten. Es heißt: „Liebe rostet, Liebe kostet“. Auch das Ehepaar Martin und Andrea S. kann davon ein Lied  singen. Zehn Jahre lang haben sie nicht nur ihren Alltag und die Kindererziehung gemeinsam gemeistert, sondern auch erfolgreich ein mittelgroßes Unternehmen geführt – Wohlstand inklusive. Doch dann passierte es plötzlich: Das Rosa in der Brille verblasste und für die gemeinsame Zukunft sah man schwarz. Und das gemeinsame Unternehmen? Um dieses brach ein jahrelanger Rosenkrieg vor Gericht aus. Keiner der beiden Partner wollte seinen Anteil abtreten, weder um einen Abtretungspreis noch um eine Ausgleichszahlung hat man sich im Vorhinein Gedanken gemacht. Letztlich konnte man zwar eine Einigung erzielen, die wirtschaftlichen Einbußen waren aber groß. 

Ein Ehevertrag kann sich lohnen

Geschichten wie diese kennt Buchautorin und Rechtsanwältin Birgit Leb zur Genüge. Dabei könnten sowohl Nerven als auch Finanzen im Falle einer Scheidung erheblich geschont werden, wenn man bereits am Anfang der privaten als auch beruflichen Bindung einige Punkte klarstellt. „Der wichtigste Rat ist, schon vor der Eheschließung einen Ehevertrag abzuschließen, in  dem man Unterhaltsansprüche als auch die Vermögensaufteilung für den Fall einer Scheidung festlegt.“ Es handelt sich dabei um einen  Notariatsakt, in dem festgehalten ist, wer im Fall einer Scheidung was bekommt und  worauf im Fall einer Scheidung verzichtet werden sollte. Gibt es einen solchen nicht, gelten grundsätzlich folgende Prinzipien: Jeder Ehepartner behält sein vor der Ehe erworbenes Vermögen sowie auch jenes, welches ihm während der Ehe von dritter Seite geschenkt worden ist oder er in dieser Zeit geerbt hat. Das während der Ehe erworbene Vermögen und das sogenannte eheliche Gebrauchsvermögen wird geteilt. Die Gerichte gehen hier nach dem Prinzip der „Billigkeit“ vor, sie teilen also nicht unbedingt streng nach 50:50. Dem weichenden Ehepartner wird eine Ausgleichszahlung zuerkannt. Und jener Partner, der mehr verdient, muss unter Umständen dem anderen Unterhalt bezahlen.

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Unternehmerehepaare sollten besonders vorsorgen

Hat ein Ehepaar nicht nur privates Vermögen, sondern auch ein  Unternehmen, sieht die Sache noch einmal anders aus. Unternehmen beziehungsweise Unternehmensanteile, sofern es sich um keine bloßen Wertanlagen handelt,  sind von der beschriebenen Aufteilungsregel nämlich ausdrücklich ausgenommen. „Das hat den Sinn, dass Betriebe aufgrund einer privaten Trennung  der Chefs nicht zerschlagen werden und Arbeitsplätze erhalten bleiben“, erklärt die Scheidungsexpertin und Rechtsanwältin Carmen Thornton. „Eindeutige Regelungen für den Fall der Scheidung zu treffen, ist für Unternehmerehepaare deshalb umso wichtiger.“ Selbst dann, wenn der Betrieb  von beiden gemeinsam aufgebaut wurde und beide Gesellschafter von diesem sind.

Das Unternehmen beziehungsweise die Anteile müssen in einem solchem Fall nämlich nicht 50:50 aufgesplittet werden. Wie und ob eine Aufteilung erfolgt, kommt auf jene Vereinbarungen an, die in erster Linie im Gesellschaftsvertrag  getroffen wurden. Und im Idealfall stehen in diesem klare Exit-Regelungen. „Bei einer Trennung kommt es nämlich üblicherweise zu einem Vertrauensverlust, der oft dazu führt, dass man nicht mehr gemeinsam in einem Betrieb arbeiten möchte. Sich also schon im Vorfeld Gedanken darüber zu machen, wer im Fall der Scheidung das Unternehmen weiterführt und wie der Abtretungspreis für den ausscheidenden Partner zu berechnen ist, ist essenziell“, sagt Thornton und fügt hinzu: „Die Höhe des Abtretungspreises hängt hier vor allem auch vom Wert des Unternehmens ab. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten und Ansätze ein Unternehmen zu bewerten. Deshalb sollte man auch die Methode der Bewertung vorab festlegen. Das kann spätere Streitigkeiten ebenfalls verhindern.“ 

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Ausgleichszahlung festlegen

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die „Ausgleichszahlung“, die dem  Nicht-Unternehmer Ehegatten dann zusteht, „wenn bis zu zwei Jahre vor der Scheidung eheliche Ersparnisse in das Unternehmen geflossen sind“, erklärt Birgit Leb.  Hat also ein Partner beispielsweise 100.000 Euro aus dem gemeinsamem Sparbuch  in das Unternehmen fließen  lassen, muss er bei der Scheidung 50.000 Euro an den anderen Ehegatten als Wert des Fehlenden bezahlen. Da dies in der Praxis aber meist nicht ganz einfach zu beweisen ist, rät Leb auch hier im Gesellschafts- oder Ehevertrag eine Regelung für diese Ausgleichszahlung festzulegen.

Ganz uneingeschränkt darf man in diesem Zusammenhang aber sowieso nicht agieren:  So darf der Bestand des Unternehmens nicht durch die Aufteilung gefährdet werden, sonst kann die Ausgleichszahlung auch reduziert werden oder sogar entfallen. Außerdem muss man  überprüfen, wie weit es sich bei den Investitionen um Gewinne handelt, die aus dem Unternehmen stammen. Und für den Fall, dass das Unternehmen nur einem Ehepartner gehört, muss sich der nicht unternehmerische Gatte alle Vorteile anrechnen lassen, die er während der Ehe aus dem Unternehmen gezogen hat, etwa einen luxuriöseren Lebensstil.  „Gibt es keine genauen Aufzeichnungen und Vereinbarungen dazu, führt das in der Praxis zu massiven Unsicherheiten und natürlich zu jeder Menge Streit“, weiß auch Thornton. 

Gedanken machen sollte man sich zudem auch über die Festlegung der Stimmrechte und Entscheidungsbefugnisse. „Wenn es sich beispielsweise um eine Arztpraxis handelt, die gemeinsam von einer Ärztin und einem Ordinationsgehilfen als Ehepaar betrieben wird, dann muss die Ärztin im Streitfall wichtige Entscheidungen treffen, weil das Unternehmen an ihrer Zulassung hängt. Bei Unternehmen mit gleichberechtigten Partnern ist das  schwieriger und trotzdem unerlässlich, um den Fortbestand des Betriebs auf keinen Fall maßgeblich zu gefährden.“

Und wer bekommt das Haus?

Ein Sonderfall sind Immobilien. Wird eine Unternehmensliegenschaft, also beispielsweise ein Bauernhof oder eine Ordination, auch als Ehewohnung genutzt, fällt dem scheidenden Partner bis zum Zeitpunkt der Aufteilung ein Wohnrecht und beim Auszug ein finanzieller Ausgleich zu. Werden jedoch beispielsweise mehrere Wohnungen zu gewerblichen Zwecken vermietet, zählen diese Wohnungen laut Gesetz nicht zum Ehevermögen und müssen nicht aufgeteilt werden.  

Streitigkeiten gibt es auch immer wieder, was den gemeinsamen Namen betrifft. Derjenige, der bei der Hochzeit den Nachnamen des anderen angenommen hat, darf diesen  nämlich auch nach Scheidung weiterführen und daher damit auch  ein Unternehmen betreiben. „Als Unternehmer kann man sich durch die Eintragung in das Firmenbuch aber seinen werbewirksamen Namen schützen lassen“, rät Thornton, da in diesem aufgrund der Verwechslungsgefahr derselbe Name nicht zwei Mal zulässig ist.

So sieht es bei Lebensgemeinschaften aus

Eine besondere Stellung kommt  Paaren zu, die nicht verheiratet sind, sondern in einer Lebensgemeinschaft leben. „In solchen Fällen empfehle ich  bei der Schaffung von gemeinsamen Vermögen einen Partnerschaftsvertrag  insbesondere, weil es hier  für die Aufteilung des privaten Vermögens keine klaren gesetzlichen Vorgaben gibt“, sagt Leb. „Für die Aufteilung des gemeinsamen Unternehmens kommt es natürlich wieder auf den Gesellschaftsvertrag an.“ Haben beide Partner Geld und Arbeit in das Unternehmen gesteckt, sollten also, wie bei Ehepartnern im Idealfall auch, beide Gesellschafter werden und  im Gesellschaftsvertrag stehen, um vertraglich abgesichert zu sein. Ansonsten muss man sich im Streitfall über die Annahme einer stillschweigend vereinbarten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kurz „GesBR“ (die Teilung erfolgt dann quotenmäßig nach dem Verhältnis der Einlagen)  behelfen. Im Streitfall muss oft ein Sachverständiger herangezogen werden, der den Wert der „Einlage“ bestimmt, was, wie Birgit Leb betont, „aber wiederum eine Menge Geld kosten kann.“