Rosa und männlich: Die Patisserie Hill
Von Andrea Hlinka
Sie sind ein bisschen nervös, sprechen schnell, scannen mit den Augen andauernd den Raum ab, lachen angenehm laut. So sehen zwei Männer aus, die in einer halben Stunde ihre Patisserie eröffnen.
Andreas Sael und Aurelio Nitsche lernten sich vor rund zehn Jahr kennen. „Wir konnten uns nicht besonders gut leiden“, erzählt Aurelio Nitsche. Andreas Sael lacht und erklärt: „Vielleicht auch, weil Aurelio zu der Zeit Küchenchef im Bordeaux und ich Küchenchef im Wein & Co war. Wir waren Konkurrenten.“
Es sind wahrhaft keine Newcomer, die ab sofort den gesamten 18. Bezirk vor Unterzuckerung retten werden. Sie richteten – nach den anfänglichen Hahnenkämpfen – gemeinsam Caterings aus, übernahmen die Gastronomie der Oper in Klosterneuburg und eröffneten ein Restaurant, das Hill. „Wir haben eigentlich eine Produktionsküche gebraucht, waren im Hill essen und haben die Vorbetreiber gefragt, ob sie eine wüssten“, erzählt Sael. Die Vorbetreiber winkten ab, boten jedoch ihr eigenes Restaurant an. „Sie wollten einen utopischen Preis. Wir haben gesagt, dass wir das nicht zahlen. Sie haben unser Angebot sofort zurückgewiesen. Zwei Tage später saßen wir wieder zusammen und vier Wochen später waren wir schon im Hill“, erzählt Sael mit einem zufriedenen Gesicht. Den Preis verrät er nicht.
Belvedere und Mumok
Kurz darauf erfuhren sie von einer Bekannten, dass die beiden Restaurants im Belvedere neu ausgeschrieben werden. Sie haben sich beworben und gewonnen. Heute sind sie für die Gastronomie verantwortlich, 600 bis 700 Gäste bewirten sie im Sommer, jeden Tag. „Im Winter sind es weniger“, sagt Sael.
Die Liste ihrer Engagements ist damit nicht vollständig. „Über einen Scout haben wir erfahren, dass ein Restaurant im Mumok vergeben wird. Eigentlich haben wir gesagt, dass sich das mit unseren Kapazitäten nicht mehr ausgeht“, sagt Sael. Sie haben es trotzdem getan, sich beworben und die Zusage bekommen.
Produziert hatten sie bis dahin alles in der Küche des Hill Restaurants – sie platzte aus allen Nähten. „Dann sind wir auf das hier gestoßen“, sagt Sael und lässt seinen Blick im Raum schweifen. In den vergangenen sechs Monaten haben sie das Gassenlokal gemeinsam mit Stefan Seigner herausgeputzt. Das Ergebnis ist der Traum aller Laura Ashley Sympathisanten: eine Hochburg des Zuckers in Lila, Rosa, Cremeweiß und Pastell.
Die beiden sind jeden Tag in all ihren Betrieben. „Kein Betrieb funktioniert, wenn der Chef nicht selbst dort ist. Er muss immer erreichbar sein. So wissen die Mitarbeiter, dass er da ist, wenn es Fragen gibt. Dass man heute glaubt, Chef spielen zu können, sich einen Porsche zu kaufen und nichts arbeiten zu müssen, das spielt es nicht“, sagt Andreas Sael. Sechs Tage die Woche arbeite die zwei Wiener von acht Uhr früh bis ein Uhr nachts. Streit kommt nicht oft vor. Mit ein Grund dafür ist, dass die Zuständigkeiten streng aufgeteilt sind. „Aurelio hat das letzte Wort in der Küche. Ich im Service“, sagt Andreas Sael.
Die ersten Gäste haben sich schon eingefunden. Eine Frau sagt: „Ich freue mich sehr, endlich wird die Gegend wieder belebt.“
Meilensteine: „Heute wird richtig gefeiert“
Wieso das Ganze? Wir haben eigentlich eine Produktionsstätte gesucht.
Die größten Hürden? Es waren viele kleine Hürden. Die Veralterung des Lokals war ein Problem. Das haben wir unterschätzt.
Unser Glück war? Dass wir uns gegenseitig haben. Wir haben auch wirklich tolle Mitarbeiter. Und dass wir den Stefan haben.
Gescheitert wären wir fast an? Nein, eigentlich bis heute an nichts.
Das haben wir gefeiert? Heute, bei der Eröffnung wird richtig gefeiert.
Wohin soll’s gehen? Wir wollen für die Umgebung eine Konditorei schaffen, die frequentiert wird, die von den Menschen hier angenommen wird.