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ÖH-Wahl: Das letzte Wort

Sechs Kameras richten sich auf das Podium. Wer hier nicht schwitzt ist ein Profi. Vier Frauen und sechs Männer, keiner über 30, treten ins Schweinwerferlicht – einige sind verblüffend professionell. Hunderte Studierende verfolgen ihren Auftritt im großen Festsaal der Uni Wien. Sie sitzen auf dem Boden, auf den Mauern, viele stehen. Man ist nicht wählerisch, man kennt das von der Uni. Man will hören, was die ÖH-Spitzenkandidaten zu sagen haben.

Gut geschult und rhetorisch eingeschworen – von der Mutterpartei oder den Vorgängern – stellen sich die Kandidaten vor. Sie haben 60 Sekunden. Moderator Armin Wolf, der Erfahrene (es ist seine vierte ÖH-Elefantenrunde, 40 Semester brauchte er bis zur Promotion), weiß wie man so ein Podium halbwegs bändigt, stoppt die Zeit mit seinem Handy. Nach dem ersten Durchgang ist ziemlich deutlich: Es gibt wenig Neues. Studiengebühren – nur die JuLis mit Claudia Gamon an der Spitze fordern welche –, Zugangsregelungen, das Café Rosa, Feminismus und Faschismus sind die Themen des Abends.

Teilweise dynamisch

Immerhin, die Unipiraten mit Kandidat Marcus Hohenecker sind neu. Sie wollen die Unis in die Neuzeit führen, man fordert eine basisdemokratische Willensbildung in der ÖH. Das Streaming von Vorlesungen steht ganz oben auf der Piraten-Liste. Hohenecker: „Uns geht es um Themen, nicht um Ideologien“, man möchte niemanden im Vorhinein aus einer Koalition ausschließen. Auch nicht den RFS, der sonst recht(s) alleine steht. Die meisten Kandidaten wollen nichts mit Alexander Schierhuber und seiner Fraktion zu tun haben. Die Anzeige, die der RFS gegen die linke HochschülerInnenschaft der Uni Wien eingebracht hat, zeigt er in die Kameras – ganz im Stil der Mutterpartei. „Wir wollen die Kontrolle der ÖH“, sagt Schirnhuber – ganz die Rhetorik der Mutterpartei. Natürlich gibt es keinen Auftritt ohne Hickhack. In die Rechtfertigungsfalle tappen VSStÖ und GRAS an diesem Abend nicht. Julia Freidl von der VSStÖ gesteht Fehler beim Konzept Café Rosa ein – auch wenn sie nicht dafür verantwortlich gemacht werden will. Ebenso wenig wie GRAS-Spitzenkandidatin Viktoria Spielmann.

Nach mehr als einer Stunde soll jeder Kandidat einem anderen eine konkrete Frage stellen. Endlich gibt es die Antwort auf eines der wirklich großen Themen dieser Wahl: Florian Lerchbammer, Frontmann der AG muss auf Anfrage von Klemens Herzog von der KSV-Lilli erklären, welche Bedeutung der Regenbogen im Logo hätte: Er stehe für Inhalte. Auf den Boden kann Lerchbammer diese bei dieser Diskussion aber nicht bringen.

Ein wenig Zeit für Publikumsfragen bleibt am Ende der nur teilweise dynamischen Diskussion. Was bereits in der Diskussion auffallend war – die Kandidaten bekommen nur aus bestimmten Ecken Applaus. Es wird hier deutlich: Das Publikum besteht aus Funktionären. Wolf bittet „einfache“ Studierende zur Wortmeldung. Es sind wenige.

Traditionell ist die Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen gering: 2011 lag sie bei 28 Prozent. Vielleicht liegt es daran, dass die Errungenschaften der ÖH zu wenig in den Köpfen der Studierenden präsent sind. Vielleicht weil die Fraktionen nicht klar vermitteln, was sie können.

Neben den zehn überregional kandidierenden Fraktionen ist an den einzelnen Unis traditionell auch Platz für kleine Listen – sie wollen Freibier und Freiheit.
Die Fraktion „No Ma'am“ geht an der Uni Linz ins Rennen und setzt auf die Befriedigung des leiblichen Wohls, verspricht „Freibier und geile Partys.“
„Extrem Oag“ kandidiert an der WU Wien und plädiert mehr oder weniger für das gleiche, man wirbt mit „Knock-out-Fest statt Knock-out-Test“.
Die ernst zu nehmende Fraktion „JES“ (Junge Europäische Studenteninitiative) tritt an der Uni Wien an, steht für eine konservativ-europäische Bewegung, würde die Pflichtmitgliedschaft in der ÖH und den „Genderzwang“ in Arbeiten abschaffen.
„LUPER“ (Lustlose_r Pflichterfüller_In) bewirbt sich an der Uni Graz und bekämpft „die lustlose Pflichterfüllung im Studium“. Man versucht sich aus den „gesamtgesellschaftlichen behindernden Zwängen zu lösen“.
Die Liste „Destruktive Brut“ tritt an der Uni Klagenfurt an. Man sieht sich als „Plattform für kritische Geister“ und will das politische System umgestalten.