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"Namaskaram, Goeden dag"

Sie sind 13 Jahre alt und ziemlich eloquent. Müssen sie sein – denn der Deutsch-Niederländer Victor Bervoets und Samira Puthuparambil mit indischen Wurzeln sind zwei der Gewinner des mehrsprachigen Redewettbewerb "Sag’s multi". Zusammen sprechen sie fünf Sprachen: Deutsch, Englisch, die indische Sprache Malayalam, Französisch und Niederländisch. Mit ihren mehrsprachigen Reden machten sie auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam. Ihre Internationalität sehen beide als Startvorteil für ihre berufliche Zukunft.

KURIER: Ihr habt beim Wettbewerb über brisante Themen gesprochen. Was war euer Beweggrund?

Samira:Ich habe das Thema "Gleiche Rechte, gleiche Pflichten" gewählt, weil ich mir das für alle Menschen wünsche. Ich habe von meiner Cousine in Indien erzählt, die früher als ich heiraten und sich um ihren Mann kümmern muss. Sie hat nicht die gleichen Chancen auf Bildung wie ich. Doch jeder sollte die gleichen Rechte und Pflichten haben.

Victor: Ich sehe, wie Leute nicht so tolerant mit anderen umgehen, wie es sein sollte. Ich hab von eigenen Erfahrungen erzählt. Ein Taxifahrer hat sich einmal schön Wienerisch über Ausländer beschwert. Meine Mutter und ich haben gesagt, dass wir auch Ausländer sind, Holländer. Er hat gemeint, wir seien keine richtigen Ausländer.

Fühlt ihr euch denn als Ausländer?

Victor: Ich fühle mich hauptsächlich als Niederländer. Es ist etwas Besonderes.

Samira: Ich mich eher als Inderin, aber auch als Österreicherin. Die indische Kultur möchte ich beibehalten.

Inwieweit musstet ihr euch integrieren?

Victor: Ich denke nicht, dass wir uns als Österreicher fühlen müssen. Ich sehe kein Problem darin, dass man als Niederländer unter Österreichern lebt – die westeuropäische Sprache wird eher als positiv angesehen und nicht als Bedrohung. In meiner Klasse sind 50 Prozent Nicht-Österreicher, deswegen habe ich auch nicht das Gefühl, dass ich zu sehr anders bin als die anderen.

Samira: Mir ist noch nie etwas Unangenehmes passiert, aber ich habe von anderen Leuten schon oft gehört, dass sie gemobbt oder ausgelacht wurden, weil sie eine andere Sprache sprechen oder Hautfarbe haben.

Wie lebt ihr eure Zweisprachigkeit im Alltag?

Samira: Ich switche zu Hause zwischen Deutsch, Malayalam und Englisch.

Victor: Ich spreche mit meiner Mutter Niederländisch und mit meinem Vater Deutsch. Schwierig wird es erst, wenn man mit beiden sprechen möchte. Dann beginne ich den Satz auf Niederländisch und beende ihn in Deutsch.

Welche Vorteile seht ihr in der Mehrsprachigkeit?

Victor: Wenn man zweisprachig aufgewachsen ist, kann man leichter neue Fremdsprachen erlernen. In Österreich ist eine extra Sprache auch eine zusätzliche Qualifikation. Ich möchte auch noch Chinesisch, Russisch und Spanisch lernen.

Samira: Ich denke auch, dass man dann andere Sprachen einfacher erlernen kann. Ich habe zuerst meine Muttersprache gelernt und dann erst Englisch, was mir sehr leichtgefallen ist. Ich habe alles verstehen können, obwohl die zwei Sprachen doch so unterschiedlich sind. Und man kann natürlich angeben, dass man eine Sprache mehr als die anderen kann (lacht).

Was hat sich seit dem Redewettbewerb für euch geändert?

Samira: Ich wurde in meiner Muttersprache von der indischen Presse interviewt und bekam sehr viel Lob von meinen Lehrern, Eltern und Geschwistern. Es war eine schöne Erfahrung, schade, dass ich da nur ein Mal mitmachen kann.

Victor: Das war auch meine erste Reaktion: Scheiße, ich kann da nie wieder mitmachen (lacht). Es hat schon sehr viel Spaß gemacht. Mein Ziel bei der Rede war, dass die Leute nicht einschlafen. Das Publikum hat dann auch netterweise dort gelacht, wo es lachen sollte. Ich habe einen Selfie mit dem Außenminister machen können und wurde auch interviewt.

Toll war auch, dass ich die Rede im Rathaus vor lauter wichtigen Leuten halten durfte und sie sich dann in ihrer Rede auf meine bezogen haben.

Welche Ausbildung wollt ihr nach der Schule machen?

Samira: Ich möchte an eine Universität ins Ausland gehen und entweder Mathematik, Geografie oder Wirtschaft studieren. Biologie und Medizin, mich interessiert beides sehr. Meine Geschwister sind da ein großes Vorbild, sie haben in Paris studiert, in England gearbeitet und leben jetzt in Deutschland.

Victor: Ich habe noch überhaupt keinen Plan, was ich studieren möchte. Ich weiß nur, dass ich studieren möchte.

Welche Erwartungen habt ihr an eure Arbeitswelt später einmal?

Victor: Ich weiß nur: Ich wäre gern irgendwann einmal Chef von irgendwas.

Samira: Managerin zu sein wäre schon toll.

Ihr wollt also später mal Verantwortung übernehmen. Victor: Ja, ich mag es, wenn Leute tun, was ich sage.

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Samira Puthuparambil

Die 13-Jährige indischer Herkunft besucht die Vienna Bilingual School Draschestraße. Neben Deutsch spricht sie Malayalam und Englisch.

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Victor Bervoets
„Da komm ich her, da will ich hin“ war das Thema des 13-jährigen Deutsch-Niederländers. Er besucht das Theresianum, spricht Englisch, Holländisch, lernt Französisch.

Bewerb

Der mehrsprachige Redewettbewerb mit dem Thema „Wir sind alle gleich!?“ fand österreichweit von November bis Februar 2015 statt.


Teilnehmer

537 Schüler mit nicht-deutscher Muttersprache ab der siebten Schulstufe und aus 119 Schulen
haben teilgenommen.

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Gewinner wurden am 11. März im Wiener Rathaus geehrt.