Mister Smooth
Von Andrea Hlinka
Adam Balon ist Mr. Smoothie, der "Chief Squeezer" wie seine Visitenkarte verrät. 1999 legte der Brite mit zwei Freunden von der Uni den Grundstein für das Smoothie-Imperium "Innocent". Heute sind sie Marktführer in Europa. Der stattliche Balon erzählt von der Vereinbarkeit von Wachstum, Gewinn und Unschuld.
Sie haben das Unternehmen Innocent gemeinsam mit zwei Freunden gegründet. Sie sollen damals auf ein Jazzfestival gegangen sein und dort gefragt haben, ob Sie Ihre Jobs kündigen sollen.
Adam Balon: Auch wenn es anders klingt: Wir waren nicht unvorbereitet. Das Jazz-Festival war der letzte Check, sozusagen die letzte Marktforschung. Am darauffolgenden Montag kündigten wir unsere Jobs. Richard hat mich ständig angerufen und gefragt, ob ich bereits gekündigt habe – er dachte, ich würde bluffen.
Ist es nicht gewagt ein Unternehmen "Unschuldig" zu nennen?
Wir sagen nicht, dass wir perfekt sind. Aber wir tun unser Bestes. Ein Beispiel: Zu Beginn waren unsere Flaschen nicht aus recyceltem Plastik. Wir haben daran gearbeitet, sie waren zuerst zu 50 Prozent aus recyceltem Material, dann zu 70, heute zu 100 Prozent. Auch die 100 Prozent sind nicht perfekt, denn der Schraubverschluss ist noch nicht recycelbar. Aber wir arbeiten daran. "Innocent" erinnert uns daran und hilft uns, dabei besser zu werden.
Innocent hat sich in zwölf Jahren zum Marktführer in Europa entwickelt. Sie wollen weiterwachsen und neue Märkte erschließen. Sie brauchen also in Zukunft noch mehr Früchte, mehr Anbaufläche und so weiter. Wie lässt sich das mit dem Anspruch vereinbaren, Weltverbesserer zu sein?
Als Innocent noch klein war, hatte unser Handeln keinen großen Einfluss. Als wir größer wurden, stellten wir uns die Frage, ob Wachstum nicht gegen die ursprünglichen Werte von Innocent steht. Die Wahrheit ist: Je größer man ist, desto mehr Gutes kann man tun. Wenn wir künftig mehr verkaufen und mehr Bananen brauchen, können wir besser darauf Rücksicht nehmen, woher die Bananen kommen, unter welchen Bedingungen die Bananenpflücker arbeiten und so weiter.
Wie viel kostet eine kleine Flasche Innocent-Smoothie?
1,99 Euro.
Und wie viel verdient ein Mangobauer in Indien dabei?
Unsere Mangos stammen nicht von großen Farmen, sondern von kleinen Bauern mit 30, 40 Bäumen. Wir kaufen die Mangos direkt bei ihnen. Sie werden als Mangobauern nicht reich werden, das stimmt schon. Wir versuchen, den Bauern dabei zu helfen, nachhaltig zu wirtschaften. Die Bauern in Indien sind zum Beispiel stark vom Klimawandel betroffen. Es regnet weniger, somit können die Mangobäume nicht gut wachsen. Wir haben gemeinsam mit den Bauern einen Weg gefunden, wie man das Wasser effizienter nutzen kann, damit die Bäume gut wachsen können. Zehn Prozent der Gewinne gehen in die Innocent Foundation, die weltweit Bauern unterstützt, von denen wir die Früchte beziehen.
Ist das ein Teil Ihres Erfolgs?
Ja. Alle Mitarbeiter sind stolz darauf hier zu arbeiten und sind deshalb auch sehr loyal.
Ist das ein Konzept, das in jeder Firma funktionieren könnte?
Es ist leichter, wenn man mit natürlichen Produkten arbeitet. Aber man kann immer Gutes tun. Wir werden in naher Zukunft nicht ohne Erdöl leben können, deshalb müssen wir lernen, es effizienter und nachhaltiger zu verwenden. Unsere Tetra Packs sind aus Italien, die Herstellerfirma produziert sie mit Sonnenenergie. Die Produktion wurde dadurch nicht teurer. Das heißt, man kann verantwortlich handeln, ohne einen ökonomischen Nachteil zu haben. Unsere Visitenkarten sind aus Umweltschutzpapier und aus Gemüse- und Pflanzenfarbe. Deshalb verkaufen wir keine Flasche zusätzlich. Wir machen das, auch wenn es dem Konsumenten völlig gleich ist.
Auf den Smoothie-Flaschen erzählen Sie kreative Geschichten. Wer lässt sich die einfallen?
Unsere Firma war erst einige Wochen alt, als ein Freund von der Uni, der nach einigen Jahren aus Indonesien zurückkam fragte, ob wir einen Job für ihn haben. Er hat Smoothies ausgeliefert, hat geputzt, hat getan was anstand. Als wir anfingen die Geschichten zu schreiben, haben wir bemerkt, dass er ein brillanter Schreiber ist. Auf den Etiketten steht zum Beispiel auch: "Made by Mother Nature. Daddy was busy". Es gibt viele Details, die entdeckt werden wollen.
Wie ist es mit Freunden zu arbeiten?
Wenn es die richtigen Freunde sind, großartig. Wir kennen uns seit 20 Jahren, haben dieselbe Vision und vertrauen einander. Wir haben drei Mal gestritten, immer ging’s dabei um die Inneneinrichtung. Also haben wir jemanden beauftragt.
Wohin steuert Ihre Firma?
Wir wollen weltweit die größte und beliebteste gesunde Firma sein. In Großbritannien verkaufen wir heute bereits Essen. Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen dem Essen nicht mehr vertrauen. Je schlechter der Durchschnitt, desto mehr Platz ist im gesunden Bereich. Der Markt ist da.
Hatten Sie eigentlich einen Plan B?
Ich hatte keine Verpflichtung, kein Haus, keinen Kredit, keine Frau, kein Kind. Wir waren jung genug, um keinen Plan B zu brauchen.
Was hat sich seit dem Einstieg von Coca-Cola verändert?
An der Art, wie wir hier arbeiten, hat sich nichts verändert. Wir drei Gründer kontrollieren Innocent nach wie vor operativ. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Ohne Coca-Cola wären wir nicht offizieller Sponsor der Olympischen Spiele.
Sie unterstützen nun auch junge Entrepreneure.
Ja. Wir hatten damals auch einen Business Angel. Und wir wollen etwas zurückgeben. Es können sich gerne österreichische Entrepreneure melden.
Die großen Herausforderungen?
Ich habe vor Kurzem einen Sohn bekommen.
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