Mehr Arbeit: Finnen müssen anzahn
Von Nicole Thurn
Zuletzt arbeiteten die Finnen laut Eurostat inklusive Überstunden pro Woche 40,1 Stunden. Damit lagen sie im Jahr 2015 unter dem EU28-Schnitt von 41,4. Nur in Norwegen, Dänemark und Litauen wird weniger gearbeitet. Österreich lag bei 42,9 Stunden im Schnitt.
Nun hat sich die finnische Regierung am Dienstag mit den Gewerkschaften auf mehr Arbeit bei gleichem Gehalt geeinigt. 87 Prozent der Arbeitnehmer müssen pro Jahr 24 Stunden – also drei Arbeitstage – gratis mehr arbeiten. Die Löhne werden für ein Jahr eingefroren. Das Urlaubsgeld im öffentlichen Dienst wird bis 2019 um ein Drittel gekürzt, die Sozialbeiträge für die Arbeitnehmer steigen. Für einen Angestellten im öffentlichen Dienst mit einem Gehalt von 3000 Euro im Monat bedeutet das einen monetären Verlust von 1700 Euro oder 4,5 Prozent im Jahr.
Premier Juha Sipilä verfolgt damit ein hehres Ziel: bis 2019 will er rund 110.000 neue Arbeitsplätze schaffen und die Beschäftigungsquote von 68,5 auf 72 Prozent steigern. Zuletzt waren 264.000 Menschen ohne Arbeit, die Arbeitslosenquote betrug 9,8 Prozent. Ob der Gehaltsverzicht diesen Effekt haben wird, ist umstritten: Das Finanzministerium geht nur von 35.000 neuen Jobs bis 2020 aus, konservative Schätzungen von 18.000 neuen Jobs bis 2022. Die sinkende Kaufkraft will man mit Steuersenkungen auffangen. Finnland kämpft mit sinkender Wettbewerbsfähigkeit und alternder Bevölkerung: nach drei Jahren mit schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt schaffte es das Land jetzt aus der Rezession.