Mann pfeift auf die große Karriere
Von Nicole Thurn
Es könnte so schön sein. Mann rennt lieber dem Ball des Sohnes hinterher, statt dem nächsten Auftrag. Besteigt lieber den nächsten Berg, statt sich durch die Rush Hour zu quälen. Macht es sich abends auf dem Sofa bequem, statt im Endlos-Meeting die Zeit abzusitzen. Wenn Mann könnte, würde er. Sogar für weniger Geld.
Für mehr Freizeit würden zwei Drittel der österreichischen Männer auf einen Teil ihres Gehalts verzichten. Mehr Freizeit und weniger Geld ist ihnen lieber als weniger Freizeit bei höherem Gehalt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Umfrage der Gender-Beratung gdi-consulting und des Executive-Search Unternehmens Pedersen & Partners. Befragt wurden österreichweit 246 Männer – 62 Prozent von ihnen in einer (Top-) Führungsposition.
85 Prozent der Väter wollen lieber mehr Zeit und weniger Geld.
Naturgemäß ist die Freizeit für Väter noch wichtiger: 85 Prozent von ihnen ziehen „lieber mehr Zeit bei weniger Geld“ der umgekehrten Variante vor. Das männliche Bedürfnis nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf zieht sich durch alle Hierarchieebenen: Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird für fast alle Befragten – ob Vater oder nicht – als wichtig empfunden.
Für 62 Prozent muss sich die Unternehmenskultur ändern.
Befragt, was sich dafür in ihren Unternehmen ändern müsste, nennen 62 Prozent der Männer an erster Stelle eine „veränderte Unternehmenskultur“. gdi-consulting hatte im heurigen Frühjahr auch Frauen im Management zu dem Thema befragt. Sie nannten ebenfalls die Unternehmenskultur als Hindernis Nummer eins – für den weiblichen Aufstieg.
Sie wollen flexibler arbeiten und in Teilzeit führen.
Als weitere Verbesserungsvorschläge im Unternehmen nennen die Männer „flexiblere Arbeitszeiten“ (58 Prozent), „Teilzeit in Führungspositionen“ und „betriebliche Kinderbetreuungsangebote“ (je 27 Prozent). „Männer sehen starre Arbeits- und Anwesenheitszeiten als Haupthindernisse für bessere Vereinbarkeit“, sagen die Studienautorinnen Gabriele Strodl-Sollak, Susanne Schwanzer und Gerhild Deutinger. Theoretische Modelle gebe es in vielen Firmen bereits, sie müssten nun aber auch umgesetzt werden: beispielsweise mit variableren Arbeitszeitmodellen, Home-Office und Job Sharing.
Dennoch ist die Arbeitszufriedenheit der befragten Männer groß: Drei Viertel der Befragten sind mit ihrem jetzigen Job zufrieden, 21 Prozent sind dagegen weniger, drei Prozent gar nicht zufrieden. Ebenfalls drei Viertel sind mit ihrem Gehalt glücklich. Weniger Männer als Frauen wollen Karriere machen.
Ebenfalls eine spannende Erkenntnis: Männer sind mittlerweile offenbar weniger karriereorientiert als Frauen. 39 Prozent der Männer wollen in eine höhere Position – bei den Frauen wollten gar 56 Prozent beruflich aufsteigen. Für jeden Zweiten sei eine fehlende adäquate Stelle das Hindernis. „Für ein Fünftel der Männer ist die Familie der Hauptgrund, warum sie ihre Karriere bislang nicht weiter vorantreiben“, sagt Conrad Pramböck von Pedersen & Partners. Die Begründung, „ich habe es mir noch nicht zugetraut“ geben nur 15 Prozent an – hier sind die Frauen mit 21,6 Prozent deutlich unsicherer.
Männer bleiben ihrem Arbeitgeber treu.
Österreichs Männer sind keine großen Job-Hopper. Nur 18 Prozent wären mit einem Wechsel des Arbeitgebers zufriedener. Die Studienautoren empfehlen daher den Unternehmen „mehr Wert auf interne Durchlässigkeit zu legen, damit um- und aufsteigen leichter möglich ist.“ Was die Studie definitiv zeigt, ist: Die Unternehmen sind gefordert, zu handeln.