Wirtschaft/Karriere

Manager im Online-Status

Ein Spielplatz für Erwachsene. Ein buntes Großraumbüro, drei Rutschen und Mini-Achterbahnen. Swimming Pools, ein Volleyballplatz und eine Cafeteria, ein Park – darauf muss Google Österreich im Vergleich zur Zentrale im kalifornischen Mountain View verzichten.

Dafür ist der Standort am Wiener Graben 19 mit Blick auf den Stephansdom elitär. Vom zentralen Raum mit rotledernen Sitzmöbeln geht es vorbei an der Glaswand mit riesigem Google-Schriftzug. Dahinter sitzen ein paar junge Männer an ihren Arbeitsplätzen – Anfang 30, Dreitagebart, in Jeans und T-Shirt. Einer chattet per Videokonferenz mit einem Kollegen aus den USA. In der kleinen Küche gibt es Wuzzlertisch und Massagestuhl. Heimelig ruhig ist es bei Google Österreich.

Der Spaßfaktor soll aber auch hier nicht zu kurz kommen, denn: „Gute Ideen entstehen selten vorm Computer“, sagt Country Manager Markus Kienberger. Dann gibt es schon einmal eine Kaffeeverkostung oder eine Trainingsrunde mit der Wuzzler-Weltmeisterin. Oder Besprechungen im sonnigen Burggarten. Kienberger ist lässiger gekleidet als andere Top-Manager, in Jeans, Sakko und weißem Hemd. Und rasiert. „Den Bart habe ich mir davor zwei Wochen lang wachsen lassen“, lacht der passioniert Eishockeyspieler. Im Mannschaftssport ist es für Profispieler Tradition, bis zum Entscheidungsspiel dem Bartwuchs freien Lauf zu lassen. Seit seiner Kindheit ist Eishockey Kienbergers Leidenschaft. „Ich spiele auf dezentem Niveau, ein bis zwei Mal die Woche“, sagt der 40-Jährige.

Zeit findet der Manager trotz gefülltem Kalender. Denn die Arbeitszeiten sind sehr flexibel: „Bei uns gibt es kein Nine-to-Five, aber dicht ist es immer“, sagt Kienberger. Und so arbeitet er auch vom Home Office aus – „wenn ich meine Kinder betreue.“ Auch dort lässt sich in Videokonferenzen mit anderen Google Managern chatten – auch mit den Gründern Larry Page und Sergey Brin.

Der gebürtige Kärntner ist passionierter Onliner der ersten Stunde. Seinen ersten Mailaccount hatte er 1994, „in der Studentenbude haben wir unser quietschendes Modem in den Viertelanschluss reingehängt.“ Die wissenschaftliche Karriere als Soziologe an der Uni Wien hängte er wiederum an den Nagel. „Das akademische Umfeld war wenig flexibel. Und ich wollte die Seite der Privatwirtschaft kennenlernen.“ Als Media Researcher wechselte er zur renommierten Werbeagentur Demner, Merlicek und Bergmann, 1999, als das Thema Internet gerade groß wurde – „eine Zeit der abenteuerlichsten Geschäftsmodelle“. An Kienbergers zweiten Arbeitstag fragte seine Chefin in die Runde, wer sich fürs Internet interessiere. Kienberger meldete sich, baute also die Agentur Media 1 mit Schwerpunkt Online auf, ehe er zu Google wechselte. Hier stieg er vom Vertriebsleiter zum Landeschef auf – und wurde damit zum zweiten Mal vom Kollegen zum Chef. „Das war kein Problem“, erzählt er, „bei Google freut sich jeder, wenn man erfolgreich ist.“

Wohlfühlunternehmen

Der Spaß an der Arbeit sei groß, das Team toll, der Austausch offen, betont Kienberger immer wieder. „Und es gibt viel weniger statusbezogene Regeln als anderswo“, sagt er. Die strenge Konzerndiktion suche man vergeblich: „Jeder von uns Managern hat klare Zielvorgaben, aber hohe Eigenverantwortung.“ Wie auch die Mitarbeiter. Seine Ideen einbringen könne jeder – „egal aus welchem Land, ob Junior Mitarbeiter oder Manager.“ Für gescheiterte Ideen gebe es Anerkennung, denn der Mut zähle, sagt er.

Als Chef sieht sich Kienberger in der Rolle des „Enablers“, des Ermöglichers: Er will seinen Mitarbeitern Raum für Weiterentwicklung bieten. „Wer 20 Jahre im selben Job sein will, ist falsch bei Google“, sagt er. Und was will er selbst noch erreichen? „Viel bei Google Österreich, das erste Jahr ist wie im Flug vergangen“, sagt er. Er kann sich vorstellen, ins Ausland zu wechseln – wie Vorgänger Karl Pall, der nach Kanada ging. „Das gehört bei Google dazu.“

Kurz gefragt...

Als Kind wollte ich ...
... Eishockey-Profi werden. Das will ich noch immer.
Erfolg ist für mich ...
... tatsächlich im Business erfolgreich zu sein und dabei Spaß zu haben – mit einem Team, das auch Spaß hat.
Mein Führungsstil...
... ich bin jemand, der den Mitarbeitern ermöglicht, sich weiterzuentwickeln. Ich bin offen, tausche mich gern mit Kollegen aus.
Ein Fehler war/ist ...
... karrieretechnisch glaube ich nicht, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich habe immer das gemacht, was mir Spaß macht.
Mein Luxus ist ...
... es, in einer Welt, die ständig online ist, offline zu sein.

Seit April 2012 ist Markus Kienberger Chef für Google Österreich. Der gebürtige Kärntner studierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Uni Wien, war von 1995 bis 1999 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Wien und am Institut für Höhere Studien tätig. 1999 wechselte er als Media Research Manager zur WerbeagenturDemner, Merlicek & Bergmann, stieg zum Client Service Director auf und baute die Agentur Media1 auf, die er ab 2005 leitete. 2008 kam er als Vertriebsleiter zu Google. Kienberger hat zwei Kinder, spielt in seiner Freizeit Eishockey und Trompete.

Google in Zahlen

50 Milliarden US-Dollar Umsatz (39 Mrd. Euro) machte Google weltweit 2012.

53 Tausend Mitarbeiter arbeiten im Konzern (inkl. Motorola).