Wirtschaft/Karriere

"Klar habe ich harte Frauen erlebt"

Mehr Frauen in die Führungsetagen – das wird seit Jahren lauthals gefordert. Doch getan hat sich wenig. Frauen sind in den Vorstandsetagen von Österreichs börsennotierten Unternehmen weiterhin die Ausnahme: Ende Juli waren laut der Beratungsfirma Ernst & Young nur neun von insgesamt 214 Vorstandsmitgliedern Frauen. Das entspricht einer Quote von 4,2 Prozent.

Mehr Frauen in den Führungsetagen ist nicht nur der Gleichberechtigung geschuldet, es wurde nachgewiesen, dass Unternehmen mit Frauen an der Spitze auch erfolgreicher sind. Weil das ein positives Zeichen ist, Vertrauen bringt und Mitarbeiterinnen motiviert. So weit die Theorie.

Doch vor wenigen Wochen veröffentlichte die deutsche Universität Hohenheim eine Studie, die besagt, dass Frauen in Führungspositionen noch weniger verträglich sind als Männer. Weil sie dazu neigen, ihren Willen um jeden Preis durchzusetzen. Business Coach Michl Schwind wollte diese Studie so nicht stehen lassen und relativiert: Wie Frauen führen, hängt stark von der Unternehmenskultur ab.

KURIER: Die Ergebnisse der Studie haben Sie empört. Sie meinen, hier wurde falsch interpretiert.

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Michl Schwind:Ich sage nicht, dass die Ergebnisse nicht stimmen. Mir hat nur der Kontext gefehlt: Da wird ein Ergebnis als absolut hingestellt, ohne Informationen über die Situation, in der die Befragung stattgefunden hat. Ich nehme wahr, dass man eine Studie, sobald sie veröffentlicht wird, am Bauch liegend bewundert.

Haben Sie nie Erfahrungen mit harten Frauen gemacht?

Klar habe ich schon harte Frauen erlebt.

Waren die Erfahrungen negativ?

Gleich negativ wie mit harten Männern.

Es gibt Frauen, die Eigenschaften wie Machtwille und Selbstdarstellung nicht beleidigt. Vielleicht wollen Frauen nicht immer als weiche Führungskräfte wahrgenommen werden?

Natürlich. Es gibt Unternehmen, wo Härte gefragt ist, wo diese Eigenschaften zum Erfolg führen.

Ist Härte sogar notwendig, weil Frauen sonst nicht ernst genommen werden?

Das ist eine Frage der Unternehmenskultur. In manchen Firmen weht ein rauer Wind. Wenn Frauen in so einer Kultur weiterkommen, zeigt das, dass sie sozial kompetent sind. Weil sie wissen, dass sie die Ellbogen ausfahren müssen. Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die eine wertschätzende Kultur wollen.

Frauen an der Macht – warum sollten ihre Werte und ihr Stil anders sein?

Die Diskussion ist oft klischeehaft: Frauen werden als die Netten und Männer als die Harten schubladisiert. Das stimmt doch nicht. Es hat damit zu tun, wie man sozialisiert wurde. Sonst würde es keine Männer geben, die in Sozialberufen arbeiten, die empathisch und unterstützend sind.

Ist die Unternehmenskultur der Schlüssel zu mehr Frauen in den Führungsetagen?

Auf jeden Fall.

Was heißt "wertschätzende" Kultur für Sie?

Es bedeutet, dass ich mich auch darum kümmere, wie es anderen mit meinen Handlungen geht. Kein Unternehmen ist erfolgreich, wenn es ausschließlich auf die Zahlen schaut. Jene, die im Blick haben, dass Mitarbeiter Regenerationsphasen brauchen, dass besser kommuniziert werden muss, dass eine hohe Durchmischung positiv ist, sind erfolgreich. Das Unternehmen will Leistung – das ist sein gutes Recht. Dafür gibt es Kohle. Aber der Mensch kann nicht immer nur in Spannung sein – sonst kann er nicht leisten.

Dennoch klagen Mitarbeiter immer mehr über hohen Druck. Unternehmen scheinen Wertschätzung noch nicht umgesetzt zu haben. Wie erklären Sie das?

Weil seit Jahren dieselben Managementlehren unterrichtet werden. Die Hirnforschung wird etwa kaum in den Managementwissenschaften eingebracht. Dabei wurde gemessen, was geschieht, wenn Mitarbeiter keine Pausen machen. Wir haben mehr Wissen, aber wir wenden es nicht an.

Wünschen sich Männer keine wertschätzende Firmenkultur?

Doch, natürlich, aber es gibt hier eine Schere: Bei den heute 30- bis 35-Jährigen, den zukünftigen Managern, hat sich deutlich etwas verändert. Sie nehmen nicht alles für die Karriere in Kauf. Es gibt Unternehmen, die das verstanden haben. Diese Firmen sind erfolgreich.

Von 214 Vorstandsmitgliedern der 69 im Wiener Börse Index (WBI) gelisteten Unternehmen sind nur neun weiblich. Eine Chefin (CEO) haben aktuell nur zwei der WBI-Firmen: Die Kärntner BKS Bank AG (Herta Stockbauer) und der Kräuterlikörhersteller Gurktaler (Karin Trimmel). Die „meisten“ weiblichen Vorstandsmitglieder, nämlich vier, sind für Finanzen zuständig (CFO). Zwei Frauen verantworten den Bereich Operatives. Etwas höher ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der heimischen Börsenfirmen. Von 612 Aufsichtsratsmitgliedern sind 100 weiblich (16 Prozent).