Wirtschaft/Karriere

Kämpf dich nach vorne

Sie schwitzten, sie fluchten, sie versuchten, die Aufregung und den Druck auszublenden. Im größten Land Südamerikas, in Brasilien, kämpften sie, die besten Lehrlinge Österreichs, im August bis zuletzt um den Sieg in ihrer jeweiligen Disziplin.

Fünf Mal Gold, zwei Silbermedaillen, eine Bronzemedaille und 15 Exzellenz-Medaillen konnten die Fachkräfte von den Berufsweltmeisterschaften schlussendlich mit nach Österreich bringen. Ein sehr gutes Ergebnis für die Österreicher. Philipp Seiberl, Landmaschinentechniker bei der Firma Pamberger, erzielte die höchste Punkteanzahl aller österreichischen Teilnehmer bei den "WorldSkills". Seiberl ist sicher ein Überflieger: Er machte die Matura, die Gesellenprüfung, die Meisterprüfung und zusätzlich die Unternehmerprüfung. Seit sieben Jahren ist er bereits bei der Firma Pamberger in Obritzberg in Niederösterreich.

Gute Lehrlinge gesucht

Tatsache ist, dass Pamberger, wie so viele Familienunternehmen in Österreich, auf gute Lehrlinge angewiesen ist: "Man muss Lehrlinge aufnehmen und ausbilden, damit der Betrieb weiter bestehen und wachsen kann", sagt der Chef. Er sagt jedoch auch, dass es extrem schwierig ist, gute Lehrlinge zu finden. Denn vielen Bewerbern würde es an Grundkenntnissen, die man eigentlich in der Schule lernen sollte, an Benehmen und an Respekt fehlen. "Da erlebt man Sachen, die glaubt man nicht", sagt der Chef. "Manchen haben sogar mit der eigenen Anschrift und einfachsten Rechenaufgaben Probleme." Dabei macht es durchaus Sinn, sich anzustrengen: Viele Betriebe bieten Entwicklungsmöglichkeiten, Wachstum und ein familiäres Arbeitsumfeld – ja, als Lehrling kann man sogar Weltmeister werden.

Was einen guten Lehrling ausmacht? "Ein bissl nachdenken schadet nicht. Respekt gegenüber anderen ist wichtig. Auch Ehrgeiz und ein ordentliches Auftreten sind notwendig, den Rest kann man eh lernen", sagt Pamberger.

Immer sauber bleiben

Marie Theres Mayerhofer malte sich in Brasilien zur Silbermedaille. Volle Konzentration, Genauigkeit und die Fähigkeit, die Welt rundherum vergessen zu können, brachten sie soweit. Für die 20-Jährige kam die Schule bis zur Matura nie in Frage. Obwohl sie eine sehr gute Schülerin war, nur Einser und Zweier nach Hause brachte und sie von ihren Lehrern ermutigt wurde, die Matura zu machen. "Ich wusste schon in der Volksschule, dass ich sie nicht machen werde. Ich wollte nicht die Matura machen und dann erst keine Berufsausbildung haben. Ich wusste, dass ich etwas brauche, wo ich mich austoben kann. Egal, wie gut man in der Schule ist, die Lehre ist für jeden etwas."

Was ihrer Meinung nach einen guten Lehrling ausmacht: "Bei uns (der Firma Malerei Höfl, Anm.) zählt Verlässlichkeit, dass man pünktlich und genau ist und seinen Arbeitsplatz sauber hält und die Werkzeuge pflegt. Es lässt sich nur mit sauberen Werkzeugen gut arbeiten."

Obwohl die Lehrlingsausbildung in Österreich eine Erfolgsgeschichte ist und weltweit Bewunderer hat, nimmt die Zahl der Lehrlinge seit Jahren ab: Laut www.lehrlingsportal.at und Zahlen der Wirtschaftskammer (WKO) wurden 2014 um 4,6 Prozent weniger Lehrlinge in den Betrieben ausgebildet als 2013. 1980 starteten noch 47 Prozent der Jugendlichen eine Lehre, 2014 waren es nur mehr 38,8 Prozent.
Die Gründe dafür sind, dass es generell weniger Jugendliche gibt und immer weniger Betriebe Lehrlinge ausbilden. Vor allem im Westen Österreichs werden Lehrlinge gesucht, händeringend im Tourismus und in der Gastronomie. Eine Lösung des Problems wird nun in den jugendlichen Flüchtlingen gesehen, die nach Österreich kommen. Kürzlich wurde ein Pilotprojekt vorgestellt: Durch eine „überregionale Lehrstellenvermittlung“ könnten die jungen Menschen im Westen Österreichs den Lehrstellenmangel abschwächen. Zudem sollen sie ab sofort in allen Mangelberufen eine Lehre beginnen dürfen.